Corporate Governance eher Pflichtübung als Überzeugungstat

Weltweite PwC-Untersuchung bei Finanzunternehmen ergibt: Corporate Governance hat Managementabläufe nachhaltig verändert, aber die Kommunikation mit Kunden, Mitarbeitern und Partnern ist verbesserungswürdig

Die Einführung von Richtlinien für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung (Corporate Governance) hat in den vergangenen beiden Jahren weltweit starken Einfluss auf börsennotierte Unternehmen gehabt. Allerdings scheinen die Unternehmensvertreter die damit einhergehenden Veränderungen weniger aus eigener Überzeugung, sondern eher auf das Drängen von Aufsichtsbehörden eingeleitet zu haben. So ist denn auch das Kommunikationsverhalten vieler Unternehmen verbesserungswürdig.

Dies belegt die aktuelle Umfrage Governance: From compliance to strategic advantage von PricewaterhouseCoopers (PwC) und der Economist Intelligence Unit, einem führenden Anbieter von Länder-, Branchen- und Managementanalysen, unter leitenden Angestellten von Finanzdienstleistungsunternehmen in aller Welt. Zwischen Februar und März dieses Jahres wurden insgesamt 207 Führungskräfte aus Finanzunternehmen in Asien, Europa und Nordamerika befragt; die Ergebnisse wurden um Einzelinterviews und Eigenrecherchen ergänzt. Im Rahmen der Untersuchung geben 77 Prozent der Befragten an, dass sich das Risikomanagement und die Abläufe in ihrem Konzern in den vergangenen beiden Jahren verändert hätten. 74 Prozent erklären, dass die Unternehmensleitung der Corporate Governance mehr Nachdruck verliehen habe, und 69 Prozent sind der Auffassung, die Prozesse für Risikomanagement in ihrer Firma seien besser geworden. Allerdings meinen nur 53 Prozent der Manager, dass sich die Qualität der Informationen und die Maßstäbe zur Bewertung von Risiken verbessert hätten. Etwas weniger als die Hälfte erklärt, die Geschäftsführung habe jetzt Zugriff auf mehr zukunftsorientierte Daten. Insgesamt aber entsteht der Eindruck, so die Autoren der Untersuchung, dass die Veränderungen in der Unternehmensführung vor allem auf Grund der Erwartungen von Aufsichtsbehörden und Gesetzgebern erfolgt sind und nicht mit dem Ziel, die Managementqualität insgesamt zu verbessern und den Dialog mit wichtigen Interessensgruppen auszubauen.

Kontrollen und die Erfüllung von Auflagen haben Priorität

Weltweit eingeführte Maßstäbe zur Corporate Governance sind eine Reaktion auf die Skandale, die sich vor zwei Jahren bei Unternehmen in den Vereinigten Staaten aber auch in vielen anderen Ländern ereignet haben. Ziel der Leitlinien ist es, die Transparenz von börsennotierten Gesellschaften für Anleger und die Öffentlichkeit zu erhöhen und das Vertrauen in die Wirtschaft allgemein zu verbessern.

Von vielen Managern wird Corporate Governance demzufolge vor allem als die Erfüllung von gesetzlichen Auflagen verstanden. So geben 72 Prozent der Interviewten an, sie hätten nun regelmäßiger Kontakt zu den Aufsichtsbehörden. Passend dazu die Antworten auf die Frage, welche die wichtigsten Prioritäten für die Geschäftsführung seien: angemessene interne Kontrollen zu gewährleisten (69 Prozent) und gesetzliche Auflagen einzuhalten (53 Prozent) werden als besonders kritisch angesehen. Immerhin 54 Prozent der Befragten sehen eine Priorität darin, die Unternehmensstrategie zu hinterfragen und zu verfeinern.

„Corporate Governance darf nicht als Funktion verstanden werden, die irgendwo im Unternehmen angesiedelt wird, um Problemen mit den Behörden aus dem Weg zu gehen“, sagt dazu Herbert Sahm, Partner bei PwC im Bereich Financial Services. „Sie soll stattdessen eine generelle Einstellung aller Mitarbeiter sein, um Risiken zu verringern, Abläufe zu optimieren und die Qualität des Unternehmens insgesamt zu verbessern.“

Mitarbeiter werden nicht als Zielgruppe wahrgenommen

Wie die Untersuchung zeigt, ist offensichtlich auch das Kommunikationsverhalten vieler Firmen nach innen und außen verbesserungswürdig. Zwar sehen 97 Prozent der Befragten den Ruf als integres Unternehmen als einen Wettbewerbsvorteil an. 77 Prozent nennen Kunden, 71 Prozent die Anteilseigner als relevante Interessensgruppen ihres Unternehmens. Doch nur die Hälfte der Manager ist der Auffassung, dass sich der Dialog mit ihren Kunden in den vergangenen beiden Jahren verbessert habe. 43 Prozent betrachten Mitarbeiter, weitere 40 Prozent Rating-Agenturen und Zulieferer nicht als wichtige Zielgruppen ihrer Kommunikation.

Mitbestimmung als Problemfaktor genannt

Ein interessantes Ergebnis der Studie ist auch, dass Vertreter inländischer Firmen eine speziell deutsche Besonderheit der Unternehmensführung kritisieren – das Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer, das es ihren Vertretern erlaubt, Einfluss auf strategisch wichtige Entscheidungen auszuüben.

Media Contact

Herbert Sahm PriceWaterhouseCoopers

Weitere Informationen:

http://www.pwc.com/financialservices

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