"BalancedControlling" als Instrument der Unternehmensführung: Minimale Risiken, ausgewogene Prozesse

Das "Schlaganfall-Info-Mobil" ist von Mai bis August 2001 in 40 deutschen Städten unterwegs. Die medizinischen Untersuchungsgeräte an Bord ermöglichen es dem beratenden Arzt, innerhalb von zehn Minuten das persönliche Schlaganfallrisiko zu ermitteln. Foto: Bayer AG


Wenn die Finanzmärkte Achterbahn fahren, wird so manchem Firmenlenker schwindelig zumute. „Betriebliche Steuerung darf nicht am Börsenkurs ausgerichtet werden, sondern an Wertsteigerung, Liquidität und Risikobeherrschung“, sagt Prof. Dr. Volkmar Botta, Wirtschaftswissenschaftler an der Uni Jena. „Es kommt auf die inneren Werte an.“ Das Rezept gegen scheinbar unvorhersehbare Berg- und Talfahrten heißt "BalancedControlling" – ein Managementprinzip, das sich leicht in die Unternehmensstrategie auch klein- und mittelständischer Betriebe einbauen lässt.

Bottas Botschaft: „Wer vorausschauend plant, ständig die betriebswirtschaftlichen Daten im ,Ist’ mit den gesteckten Zielen abgleicht sowie entstehende Risiken frühzeitig erkennt und abwägt, hält seine Firma prima auf Kurs.“ Gefahren beizeiten richtig einzuschätzen und Schäden zu vermeiden, ist eben billiger, als sie nach der Havarie zu reparieren.

Das dafür konzipierte Modell arbeitet simultan auf zwei Ebenen: Auf der einen widmet sich das „BalancedUnternehmensControlling“ den finanziellen Rahmendaten, auf der anderen das „BalancedProzessControlling“ der betrieblichen Entwicklung. „Das ganze System funktioniert aber nur dann, wenn die Geschäftsleitung permanent ihre Hausaufgaben macht und in regelmäßigen, kurzen Abständen die Unternehmenskennzahlen ermittelt“, warnt Botta. Dazu zählen Kapitalrendite, Liquidität, Verschuldung und langfristiges Anlagevermögen, für die der BWL-Professor eine klare Vorgabe von Schwellwerten empfiehlt. Werden diese Grenzen überschritten, schrillen die Alarmglocken bereits im Planungsstadium. „Nur so wird ein verantwortungsbewusster Unternehmer auch der erweiterten gesetzlichen Haftungspflicht gerecht, etwa gegenüber Mitgesellschaftern oder Anteilseignern“, warnt Botta.

Auf der anderen Ebene, der der betrieblichen Detailabläufe, rät er, den Akteuren innerhalb des vorgegebenen Korsetts weitgehende Handlungsspielräume zu überlassen. „Damit wird maximale Kreativität und ein hohes Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeiter erzeugt“, nennt er die Vorzüge, „zugleich bestehen dank klarer Vorgaben große Transparenz und eine effiziente Kontrolle der Risiken.“ Drohen zum Beispiel die Außenstände zu stark anzuwachsen, so können existenzbedrohliche Liquiditätsengpässe entstehen.

„Hier muss ein guter Firmenlenker rechtzeitig gegensteuern“, weiß Botta, „wenn erst einmal die laufenden Personalkosten nicht mehr gedeckt werden können, leidet der Ruf des Unternehmens und damit die Marktperformance. Das ist oft genug der Anfang vom Ende.“ Eine mögliche Lösung dieses Problems beruht darin, das Mahnwesen zu straffen, eine andere heißt neudeutsch „factoring“ und meint die Veräußerung von Forderungen an Dritte. Botta: „So kommt der Cashflow wieder in Schuss.“

Mittels „BalancedControlling“ lassen sich aber nicht nur laufende Prozesse überwachen, sondern auch Szenarien auf ihre Erfolgsaussichten hin überprüfen. Geht es etwa um die Platzierung eines neuen Produkts, so werden die Entwicklungskosten an der Leistungsfähigkeit des Unternehmens orientiert oder in verträgliche Teilabschnitte gestaffelt; das gleiche gilt für Markteinführung, Produktwerbung und Marketing. „Was nützt die tollste Innovation, wenn dem Unternehmen unterwegs die Luft ausgeht?“ fragt Botta. Andererseits wird, wer auf der Stelle tritt, rasch von der Konkurrenz überholt und ist flugs aus dem Rennen. Nur eine proaktive, also vorausschauende Unternehmenspolitik sichert den Erfolg.

An den klar vorgegebenen geschäftsstrategischen Zielen muss sich jeder Detailvorgang im Unternehmen messen lassen. Das „BalancedProzessControlling“ stellt dabei das Instrument für diese Feinjustage dar. Allerdings sollten hier nicht alle Vorgänge auf einmal analysiert werden; Botta rät zu einer sinnvollen Prioritätenliste.

Wächst etwa auf einem zunehmend gesättigten Markt die Bedeutung des Servicebereichs, so wird das Unternehmen danach trachten, die Frist zwischen Kundennachfrage und Vor-Ort-Service zu verkürzen, sich dafür gegebenenfalls der Dienstleistung eines Fremdanbieters versichern oder das eigene Servicenetz engmaschiger gestalten. Botta: „Zugleich bewahrt BalancedControlling davor, dass ein unangemessener ,Wasserkopf’ entsteht und sorgt für die richtige Strategie in ausgewogenem Umfang.“
Auf eine steife Brise auf den Kapitalmärkten oder die Flaute in einem Marktsegment reagiert der erfahrene Wirtschaftskapitän dann eher gelassen. „Er kann jede Krise frühzeitig erkennen, hat immer ein Szenario parat und weiß genau, was er seinem Unternehmen zumuten darf“, so Botta.

Das Konzept des „BalancedControlling“ wird beim 5. Jenaer Wirtschaftstag am 26. April an der Friedrich-Schiller-Universität ausführlich vorgestellt. Anmeldungen unter 089/96280-400.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Volkmar Botta
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität
Tel.: 03641/943150, Fax: 943152
E-Mail: V.Botta@wiwi.uni-jena.de

Friedrich-Schiller-Universität
Dr. Wolfgang Hirsch
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Fürstengraben 1
D-07743 Jena
Telefon: 03641 · 931030
Telefax: 03641 · 931032
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