Außenhandel: Aufschwung nicht gesichert

„Kaum hat der Kanzler den Aufschwung entdeckt, ist er auch schon wieder weg“, warnt Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), heute in Berlin in Hinblick auf die konjunkturellen Aussichten des deutschen Außenhandels für das kommende Jahr.

Für die zweite Jahreshälfte 2003 sieht der BGA Anzeichen für eine leichte Erholung nachdem die Geschäftslage im ersten Halbjahr gekennzeichnet war von globaler wirtschaftlicher Schwäche sowie weltpolitischen Krisen. Dennoch wird der Außenhandel sowohl in diesem Jahr als auch 2004 unterdurchschnittlich wachsen: Für das Gesamtjahr 2003 erwartet der BGA, dass die Exporte um 3,5 Prozent auf 671 Milliarden Euro steigen. Die Importe steigen begünstigt vom hohen Eurokurs um 4,5 Prozent auf 545,6 Milliarden Euro. Damit steigt der deutsche Weltmarktanteil wieder leicht auf voraussichtlich zehn Prozent, da der Welthandel insgesamt nur um maximal drei Prozent zulegen kann.

Für das Jahr 2004 sieht der BGA eine weitere leichte Erholung des Außenhandels. Die Exporte werden um 4,5 Prozent auf 701,2 Milliarden Euro steigen. Die Importe können um 4 Prozent zulegen und steigen auf 567,4 Milliarden Euro. „Ein kräftiger Aufschwung sieht anders aus“, so Börner.

Immerhin wird der daraus resultierende Außenhandelsüberschuss mit knapp 134 Milliarden Euro ein neues Rekordergebnis erreichen. Selbst die relativ guten Aussichten bedeuten jedoch keine neuen Arbeitsplätze, da die Unternehmen über ausreichende bestehende Kapazitäten verfügen. Eine zunehmende Zahl von Firmen lenkt indes Investitionen bis hin zu kompletten Betriebsverlagerungen ins Ausland.

Belastend für den Export würde sich eine weitere abrupte Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar von weit über 1,20 auswirken. Sollte das Steuerprogramm der US-Administration nicht greifen und die US-Konjunktur nicht an Fahrt gewinnen, führe dies in Kombination mit dem vorhandenen Zwillingsdefizit unausweichlich zu einem weiteren Anstieg des Euro. Auch eine Zuspitzung der Lage im Iran mit einhergehender Verunsicherung der Märkte und ansteigendem Ölpreis würde den Dollar weiter unter Druck setzen.

Neue Wachstumschancen entstehen hingegen durch den im nächsten Jahr bevorstehenden EU-Beitritt von zehn Staaten Mittelost- und Südeuropas. Länder wie Polen, Ungarn, die baltischen Staaten und Tschechien haben noch einen klaren Nachholbedarf gegenüber Westeuropa, was die Ausstattung mit Investitionsgütern anbelangt. Hier sieht Börner auf lange Jahre hinaus gute Chancen für die deutsche Wirtschaft.

Auch aus Asien kommen klare Wachstumssignale. Allen voran aus dem chinesischen Markt, aber auch aus Japan, Korea und den ASEAN-Staaten belebt sich die Nachfrage nach deutschen Produkten. „53 Prozent der jüngst von uns befragten Unternehmen rechnen mit einer starken oder sehr starken Zunahme der Exporte nach Ost- und Südostasien“, so Börner.

Die EU befindet sich im Konjunkturtief. Die Wachstumsschwäche auf dem wichtigsten Absatzmarkt Deutschlands macht dem Außenhandel erheblich zu schaffen. Die Exporte in die Region stiegen im ersten Halbjahr 2003 nur um 2,9 Prozent. Die Exporte in die USA waren mit einem Minus von fünf Prozent allein im ersten Halbjahr deutlich rückläufig.

Nach dem Scheitern der Ministerkonferenz von Cancún warnt der BGA-Präsident nachdrücklich vor einem neuen Bilateralismus: „Zur WTO gibt es keine Alternative. Wenn die Industrie- und Schwellenländer nur mit den für sie relevanten Ländern bilaterale Handelsabkommen anstreben, werden die Entwicklungsländer einmal mehr die Verlierer sein.“ Die nächste Konferenz müsse von sachfremden Themen entfrachtet werden. Von den Singapur-Themen habe allein die ’Trade Facilitation’ zum jetzigen Zeitpunkt genügend Handelsrelevanz für eine Thematisierung in der Welthandelsrunde. Vordringlich müsse die Frage behandelt werden, wie der Marktzugang fundamental verbessert werden kann. Allein durch einen weiteren Zollabbau könne ein weltweiter Wohlstandsgewinn von 300 Milliarden Euro erreicht werden.

Um sich aus der Stagnation zu befreien, müsse Deutschland die nächste Innovations- und Technologiewelle mit anführen. Dazu gelte es Anstrengungen in Forschung, Entwicklung und Bildung zu intensivieren und in der Gesellschaft einen Stimmungswechsel einzuläuten, weg von Zukunftsangst und Technikfeindlichkeit. Ebenso fordert Börner eine Aufwertung des Bildungsstandortes Deutschland durch Verbesserung der Qualität der Universitäten und verstärkte Elitenförderung sowie eine engere Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft, um die gewonnenen Erkenntnisse rasch in marktreife Produkte umzusetzen.

Die Lösung für den Aufschwung liege nicht in milliardenschweren staatlichen Konjunkturprogrammen sondern in Besinnung auf unsere Stärken im Außenhandel. „Die deutschen Unternehmen müssen verstärkt Auslandsinitiativen in ihren unternehmensstrategischen Ansatz einschließen. Nur so können wir am Wachstum der Auslandsmärkte partizipieren, nur so haben wir eine Alternative zur Stagnation“, so Börner abschließend.

Media Contact

André Schwarz BGA

Weitere Informationen:

http://www.bga.de

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