Bessere Rahmenbedingungen für Innovationen

„Bessere Rahmenbedingungen für Innovation“ forderte Roland Berger, Gründer und Vorsitzender der Geschäftsführung der gleichnamigen Strategieberatung, am Dienstag bei einem Pressefrühstück in München. „Innovation ist der Treiber für mehr Beschäftigung, Wachstum und Wohlstand in Europa.“

Sieben Thesen zur Bedeutung von Innovation in einer offenen Weltwirtschaft

These 1: Drei Arten von Innovation treiben die volkswirtschaftliche Entwicklung.

Produkt- oder Leistungsinnovation schafft neue Märkte für mehr Beschäftigung und zusätzliches Wachstum. Strukturinnovation treibt den Wandel unserer Wertschöpfungs- und Beschäftigungsstrukturen und – höhe voran. Prozessinnovation steigert den Wohlstand durch höhere Produktivität.

These 2: Leistungsinnovation sichert den Wohlstand in Hochlohnländern.

Das Hochlohnland Deutschland verdankt seinen Wohlstand vor allem einer „Innovationsrente“: Es verkauft Produkte und Dienstleistungen, die andere Länder selbst nicht herstellen können. Wer nicht innoviert, imitiert und produziert schließlich Commodities, die er zu immer niedrigeren Preisen und damit Löhnen am Markt absetzen muss.

These 3: Leistungsinnovation schafft Wirtschaftswachstum.

Je höher der Anteil hochinnovativer Produkte und Wirtschaftszweige einer Volkswirtschaft, desto größer ist ihr Wirtschafts- und Wohlstandswachstum. Denn die High-Tech-/High-Serve-Sektoren wachsen überdurchschnittlich stark: In Deutschland beispielsweise in den letzten acht Jahren um 9,4 Prozent p.a., F&E-schwache Industrien lediglich um 1,7 Prozent p.a.

Ein Wachstumsvergleich des realen Bruttoinlandsprodukts sowie des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf, also des Wohlstandswachstums, in Deutschland und in den USA seit 1991 zeigt: Der mit 16,6 Prozent fast doppelt so hohe Anteil an High-Tech-Industrien in den USA hat Amerika im letzten Jahrzehnt ein mehr als doppelt so hohes Wachstum beschert (3,4 Prozent p.a. vs. 1,4 Prozent p.a. in Deutschland).

These 4: Die Geschwindigkeit der Strukturinnovation ist neben der Arbeitsproduktivität der entscheidende Beschäftigungs-, Wachstums- und Wohlstandstreiber.

Das Tempo des Strukturwandels von der traditionellen Industriegesellschaft zur wissensbasierten Dienstleistungsgesellschaft beeinflusst Beschäftigung, Wirtschaft und Wohlstand. In Deutschland bindet der industrielle Sektor noch knapp 31 Prozent der Beschäftigung (USA etwas über 20 Prozent), der private Dienstleistungssektor gut 50 Prozent (USA fast zwei Drittel). Ein Mehr an High-Tech und Dienstleistungen würde Beschäftigung und Wohlstand in Deutschland fördern.

These 5: Der globale Wettbewerb um Arbeitsplätze drückt den Preis für Arbeit und schwächt den Wohlstand in Ländern mit mangelnder Strukturinnovation.

Durch Globalisierung wird der Preis zum Wettbewerbsparameter Nummer eins, falls sich ein Land dem nicht durch Leistungs- und Strukturinnovation entzieht.

In Deutschland sinkt das Arbeitsangebot seit mehr als 40 Jahren, die Arbeitskosten aber steigen. Der Anstieg des Arbeitsvolumens bei privaten Dienstleistungen (+ 25,8 Prozent seit 1991) kann den Rückgang in Industrie (- 22,1 Prozent), Landwirtschaft (- 36,2 Prozent), beim Staat und bei Handel und Verkehr nicht kompensieren. Folglich wächst die Arbeitslosigkeit. Wachstum und Wohlstand schmelzen. In den USA hingegen ist das absolute Arbeitsvolumen (Deutschland – 5,2 Prozent) durch moderne Strukturen seit 1991 um fast 23 Prozent gestiegen (+ 38,9 Prozent bei privaten Dienstleistungen, + 62 Prozent bei Handel und Verkehr).

These 6: Innovationen in Deutschland finden vor allem bei traditionellen höherwertigen Technologien und bei Großunternehmen statt.

In mittel- und höherwertigen Technologien ist Deutschland Innovationsweltmeister. In wachstumsstarken Zukunftsbranchen bleibt die Zahl der Patentanmeldungen dagegen deutlich hinter den USA zurück. In Deutschland findet F&E zudem vorwiegend in Großkonzernen statt, in den USA stimulieren Gründerunternehmen die Wirtschaft durch Neuerungen in Technologien und Geschäftsmodellen.

These 7: Deutschland investiert zu wenig in Leistungs- und Strukturinnovation.

Deutschlands F&E-Ausgaben sind gering, bei abnehmenden Z uwachsraten (in den 1980ern 7,3 Prozent p.a., in den 90ern 3,4 Prozent p.a.). Entsprechend signifikant sanken Beschäftigungswachstum (80er: 0,7 Prozent, 90er: 0,2 Prozent), Wirtschaftswachstum (80er: 2,5 Prozent p.a.; 90er: 1,5 Prozent p.a.) sowie Wohlstandswachstum (80er: 3,1 Prozent p.a., 90er: 1,1 Prozent p.a.). Stattdessen werden bestehende Strukturen mit fast 2 Prozent des BIP subventioniert, gegenüber 0,4 Prozent in den USA.

Sieben Erfolgsfaktoren innovativer Unternehmen:

1. Innovationskultur begründen und den Zufall zulassen.

Ob Röntgenstrahlen, Viagra oder Klettverschluss: Viele Innovationen entstanden zufällig. Neuerungen gedeihen in einem Klima von Leistungs- und Risikobereitschaft. Freiräume für Mitarbeiter und bei Budgets, flache Hierarchien, Fehlertoleranz und offene Kommunikation fördern Neugierde und Experimentierfreude.

2. Bestehendes in Frage stellen.

Die Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens muss stets größer sein als die Veränderungsgeschwindigkeit seines Umfelds. Dies bedeutet Flexibilität und Veränderungswilligkeit zu belohnen und beispielsweise über Funktionen, Geschäftsbereiche und Hierarchiestufen hinweg Job-Rotation zu fordern.

3. Aus Mitarbeitern Unternehmer machen.

Innovation ist heute eher das Ergebnis gegenseitiger intellektueller und interdisziplinärer Befruchtung in einem Team, als der Geniestreich eines Einzelnen. Wettbewerb und Teamarbeit gleichzeitig zwischen Mitarbeitern und Geschäftsbereichen sowie eine leistungsbezogene Vergütung und Karriereentwicklung stärken den entrepreneurial spirit.

4. Professionelles Knowledge Management einführen.

In einem innovativen Unternehmen partizipiert jeder Mitarbeiter am internen und externen Wissenspool. Dies erfordert Investitionen in Technologie, Kultur, Organisation und Qualifizierung. Es gilt „Knowledge Sharing“ zu belohnen, ohne den Wettbewerb zwischen Mitarbeitern zu beschränken. Ein professionelles Wissensmanagement beschleunigt die Innovationsprozesse und verbessert deren Produktivität und Output.

5. Klare Innovationsstrategien definieren.

Ob „First Mover“, „Fast Follower“ oder „Trendsetter“: Jede erfolgreiche Innovationsstrategie setzt eine detaillierte Kenntnis der Kunden und der eigenen Ressourcen voraus. Dazu muss ein Unternehmen die Zukunftspotenziale seiner Techniken für die Märkte der Zukunft extrapolieren oder retrograd aus den Bedürfnissen der Zukunft auf die zu entwickelnden Innovationen definieren.

6. Externe Wissensquellen systematisch nutzen.

Innovationszyklen, -generatoren und -anwender sind heute weltweit unterschiedlich verteilt. Innovative Unternehmen kooperieren daher lokal und global mit Universitäten, Forschungseinrichtungen, Unternehmen und anderen Inventoren und Innovatoren. Durch die Integration interner und externer Wissens- und Wertschöpfungsketten streben sie an, Innovationsführer zu werden und früh global Zugang zu erhalten zu neuen Technologien, ihren Generatoren und Anwendern.

7. Durch die 3-S-Strategie Innovationsführer werden.

Innovative Unternehmen folgen der 3-S-Strategie: Speed, Share und Scale (Geschwindigkeit, Marktanteil und Skaleneffekte). Sie bieten als erste innovative Produkte oder Dienstleistungen an, erzielen so den größten Marktanteil und können Größenvorteile realisieren, die ihnen die geringsten Stückkosten und größten Margen sichern. Daraus investieren sie in weitere Innovationen, um ihre Position langfristig zu sichern.

„Innerhalb und außerhalb der Unternehmen gilt es neue Rahmenbedingungen für Innovation zu schaffen. Heute verwenden wir unsere finanziellen und menschlichen Ressourcen noch überwiegend zur Wahrung des Status quo“, bemängelt Roland Berger. Dabei sei auch der Staat gefordert: Berger befürwortet, die deutsche Staatsquote von knapp 50 auf unter 40 Prozent zu senken, die Sozialquote von rund 33 Prozent auf wenigstens den europäischen Durchschnitt, 26 Prozent, zurückzufahren sowie die Subventionsquote von zwei auf ein Prozent zu halbieren. Stattdessen sollten mindestens sieben Prozent statt heute 5,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf Bildung verwendet werden, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung seien auf 3,3 Prozent statt 2,4 Prozent anzuheben und die Investitionsquote bei Ausrüstungsinvestitionen auf über zehn Prozent des BIPs statt 8,8 Prozent.

„Die Rezepte liegen auf der Hand“, sagt Roland Berger: „Wir müssen nur den Mut haben, unsere Prioritäten zu ändern und in die Zukunft statt in den Status Quo zu investieren.“

Susanne Horstmann
Roland Berger Strategy Consultants
Tel.: +49 (0) 89/9230-8349
Fax: +49 (0) 89/9230-8599

Media Contact

Susanne Horstmann R. Berger Strategy Consultants

Weitere Informationen:

http://www.rolandberger.com

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