Green Cards sind nicht genug – Mathematik-Allianz fördert den Standortfaktor "Human Resources"


Die Debatte um die „Green Card“ hat gezeigt, dass in Zukunft qualifizierte Mitarbeiter ein entscheidender Wirtschaftsfaktor sein werden. Maßnahmen wie die „Green Card“ können jedoch nur kurzfristige Engpässe ausgleichen. Um den Bedarf langfristig zu decken, sind weitsichtige und umfassende Strategien notwendig. Wie die aussehen können, macht die „Mathematik-Allianz“ in Kaiserslautern vor.

Überall, nicht nur in Deutschland, fehlen „Computerexperten“. Während in vielen Fällen die fehlenden Programmier- oder Softwarekenntnisse relativ schnell zu vermitteln sind, ist bereits ein Mangel in Sicht, der sich noch gravierender auswirken dürfte und schwerer zu beheben sein wird. Von Jahr zu Jahr werden die Absolventen mathematischer, naturwissenschaftlicher und technischer Studiengänge weniger, die, auf hohem Niveau ausgebildet, nicht nur Programmierkenntnisse mitbringen, sondern auch interdisziplinäres und fachliches Wissen, das es ihnen erst ermöglicht, die Dinge hinter den Programmen zu verstehen und technische Probleme in Software umzusetzen.

Im weltweiten Werben um die wenigen Fachkräfte haben Firmen in kleineren Städten, außerhalb international renommierter Metropolen wie etwa Berlin oder München, schnell das Nachsehen. Nur wer sich auf besondere Stärken besinnt und gezielt ein Profil aufbaut, kann Standortvorteile gewinnen.

„Kaiserslauterns spezifische Stärke ist die Mathematik“, fanden führende Köpfe aus Wirtschaft und Wissenschaft und gründeten im vergangenen Herbst die „Mathematik-Allianz Kaiserslautern“. „Zu Unrecht gilt Mathematik vielen noch als weltfremd – sie ist heute ein wichtige Schlüsseltechnologie, ohne die auch die Weiterentwicklung der Informationstechnologie nicht denkbar ist“, sagt Prof. Helmut Neunzert, einer der Gründer. Beweise dafür gibt es in Kaiserslautern tatsächlich eine Menge. Da gibt es das Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik, das mit Auftragsforschung der Industrie sein Geld verdient und Anfang 2001 das erste mathematische Fraunhofer-Institut wird. Mitglieder der Mathematik-Allianz sind auch Hightech-Firmen wie die tecmath AG oder LMS, die ständig nach qualifizierten Mathematikern suchen. Oder der Fachbereich Mathematik der Universität, der bereits in den 80er Jahren praxisnahe Studiengänge wie Technomathematik oder Wirtschaftsmathematik einrichtete, die in den letzten Jahren viele Nachahmer fanden. „Das Umfeld von wissenschaftlichen Instituten, innovativen Firmen und Technologieförderung ist einzigartig“, findet Neunzert. „Wenn wir das nutzen, können wir entscheidend zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Kaiserslautern beitragen.“

Wie überall steht das Thema „Human Resources“ im Vordergrund. Zum einen setzt auch die Mathematik-Allianz auf Fachkräfte aus dem Ausland. Der Fachbereich Mathematik holt mit englischsprachigen Studienangeboten, die an internationale Maßstäbe angepasst sind, eine Menge vielversprechender und oft bereits hochqualifizierter Ausländer nach Kaiserslautern – aus dem vielbeschworenen Indien, aus Südamerika, aus Osteuropa. Nach Abschluss des Studiums sind sie vertraut geworden mit Deutschland und sehen die USA nicht als die bessere Alternative an.

Daneben ist es der Mathematik-Allianz ein besonderes Anliegen, den Nachwuchs im eigenen Land zu fördern. Ein „Arbeitskreis Schule“, in dem zahlreiche Lehrer aus weiterführenden Schulen mitarbeiten, will das Interesse der Schüler an Mathematik stärken und zum Studium ermutigen. Dafür erarbeitet er zur Zeit geeignetes Unterrichtsmaterial, das Probleme aus der Praxis aufgreift und eigenständige Arbeitsweisen fördert. Fortbildungsangebote sollen die Lehrer für einen praxisorientierten Unterricht fit machen. Vor kurzem wurde ein Antrag an das Land Rheinland-Pfalz gestellt , in einem Modellversuch mathematische Fragestellungen aus Technik und Wirtschaft und anwendungsnahe Methoden in die Lehrpläne aufzunehmen.

Andere Aktionen richten sich direkt an die Schüler. So der „Praktikantensommer 2000“, bei dem interessierte Schülerinnen und Schüler für vier Wochen bei Mitgliedern der Mathematik-Allianz den Berufsalltag von Mathematikern kennen lernen konnten. Noch bis Oktober läuft ein Wettbewerb, der eher „Jugend forscht“ ähnelt als den üblichen Mathematik-Wettbewerben. Es gibt keine vorgegebenen Aufgaben zu lösen; vielmehr sind Eigeninitiative und Kreativität gefragt. Schüler, Klassen und Arbeitsgemeinschaften sind aufgerufen, in ihrem Alltag Probleme zu entdecken, die sich mit mathematischen Methoden lösen lassen könnten. Die interessantesten Vorschläge werden prämiert und ihre Durchführung gefördert.

Die Aktivitäten der Mathematik-Allianz beschränken sich jedoch nicht auf die Nachwuchsförderung. Kooperationen und gemeinsame Forschungsprojekte, schon jetzt in der Mathematik-Allianz üblich, sollen in Zukunft verstärkt Unternehmen von außerhalb einbeziehen. Auch die PRE Regionalförderung GmbH, die im Osten Kaiserslauterns einen Technologiepark errichtet hat, hat sich der Mathematik-Allianz angeschlossen. Sie bietet günstige Konditionen und ein attraktives Umfeld für Existenzgründer und Neuansiedelungen.

So greift eins ins andere: wo es qualifizierte Arbeitskräfte gibt, können Firmen gedeihen, die wiederum Arbeitsplätze schaffen. Die „Green Card“ übrigens wird von der Mathematik-Allianz begrüßt, bedeutet sie doch durchaus eine Erleichterung für die Einstellung ausländischer Fachkräfte. Als wirklich wirksames Mittel zur Werbung von Fachkräften wird sie jedoch nicht gesehen: da sind die eigenen, langfristigen Strategien doch vielversprechender.


Weitere Informationen bei:

Claudia Meißner
Mathematik-Allianz Kaiserslautern
Tel. 0631 / 36681-17
E-Mail: mathematik.allianz@itwm.uni-kl.de
Cäcilie Kowald
Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik
Tel. 0631 / 205-2337
E-Mail: kowald@itwm.uni-kl.de

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Cäcilie Kowald

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