Die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik Deutschland im Juli 2008

Inzwischen hat sich das weltwirtschaftliche Umfeld weiter eingetrübt. Der Anstieg der Öl- und Nahrungsmittelpreise hat sich weltweit beschleunigt. Neben den USA haben sich auch die konjunkturellen Aussichten für wichtige europäische Handelspartner wie Italien, Spanien und Großbritannien spürbar abgeschwächt.

Daneben wirken die bisherigen Belastungsfaktoren wie die Immobilienkrise in den USA, die Turbulenzen an den Finanzmärkten und die anhaltende Eurostärke auch über den Beginn dieses Jahres hinaus fort. Die ungünstigere weltwirtschaftliche Entwicklung zeigte sich in den letzten Monaten unter anderem in einer nachlassenden Auslandsnachfrage nach Erzeugnissen der deutschen Industrie. Dies ging zuletzt auch mit einer Einschränkung der Inlandsnachfrage nach Industriegütern einher und dämpfte die Erzeugung im konjunkturell bedeutsamen Produzierenden Gewerbe. Die Binnennachfrage wird gegenwärtig zudem vom anhaltend starken Preisauftrieb bei Energie und Nahrungsmitteln belastet.

Trotz der spürbaren Erhöhung der Tariflöhne und -gehälter und der bislang günstigen Arbeitsmarktentwicklung gehen deshalb aktuell von Seiten des privaten Konsums noch nicht die zuvor erwarteten Impulse auf die Binnenkonjunktur aus. Insgesamt ist daher im zweiten Quartal von einer Abschwächung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität auszugehen.

Dabei ist allerdings in Rechnung zu stellen, dass der Konjunkturverlauf im zweiten Quartal durch starke binnenwirtschaftliche Sonderfaktoren – den milden Winter und die Abschaffung der degressiven Abschreibung – in dem Maße beeinträchtigt wird, wie die Dynamik im ersten Quartal davon begünstigt worden war. Die Abschwächung der wirtschaftlichen Aktivitäten im zweiten Quartal ist daher aktuell ähnlich überzeichnet wie der Anstieg im ersten Quartal.

Die Produktion im Produzierenden Gewerbe schwächte sich in den letzten Monaten ab. Nach preis- und saisonbereinigt [2] -1,0 % im März und -0,2 % im April kam es im aktuellen Berichtsmonat Mai zu einem deutlicheren Rückgang um 2,4 %. Ausschlaggebend hierfür waren Produktionseinbußen in der Industrie um 2,6 %. Die Industrieproduktion ist nun auch im Zwei- und im Dreimonatsvergleich abwärts gerichtet (-1,8 % bzw. 1,1 %). Bei zuletzt ansteigender Erzeugung im Bauhauptgewerbe um 1,1 % zeigen die Mehrmonatsvergleiche aber auch im Bau deutliche Produktionsabnahmen (-9,7 %, bzw. -9,9 %).

Die ausgewiesenen Verläufe unterzeichnen allerdings die konjunkturelle Grunddynamik, da sowohl die Industrie wie auch der Bau zuvor von den genannten Sonderfaktoren begünstigt wurden und im Gegenzug nun entsprechende dämpfende Effekte auftreten. Bei deutlich eingetrübtem Geschäftsklima im Verarbeitenden Gewerbe entwickelt sich die Bestelltätigkeit in der Industrie anhaltend schwach. Nach dem erneuten Rückgang der Auftragseingänge im Mai um saisonbereinigte 0,9 % sind nun sowohl die Inlands- wie die Auslandsnachfrage nach industriellen Erzeugnissen merklich abwärts gerichtet (Dreimonatsvergleich: -1,7 % bzw. -3,4 %).

Ihren Vorjahresstand überschritten die Bestellungen nur noch um +2,2 %. Insgesamt bleiben damit die Aussichten für die Industrieproduktion zunächst verhalten. Auch vom Bau sind angesichts stark schwankender und per Saldo eher seitwärts tendierender Nachfrage- wie auch Stimmungsindikatoren derzeit kaum Impulse zu erwarten.

Der private Konsum entwickelt sich nach leichter Belebung in den ersten Monaten dieses Jahres schleppend. Der verstärkte Preisauftrieb zehrt die durch die Erhöhung der Tariflöhne und -gehälter und den Beschäftigungszuwachs gewonnene Verbesserung der Kaufkraft weitgehend auf und belastet die Konsumneigung spürbar. Zwar haben die Umsätze des Einzelhandels im engeren Sinne, also ohne Handel mit Kraftfahrzeugen und ohne Tankstellen, im Mai erneut leicht zugenommen (+0,5 %), in der Tendenz nimmt das Umsatzvolumen allerdings sowohl im Zwei- wie auch im Dreimonatsvergleich ab (-0,4 % bzw. -1,0 %).

Das zuletzt im Juni wieder spürbar eingetrübte Geschäftsklima im Einzelhandel und die neuerliche Stimmungsverschlechterung bei den Verbrauchern, zu der auch die Erwartung eines weiter nach oben gerichteten Preistrends beigetragen haben mag, signalisieren keine Belebung des privaten Konsums. Diese hängt derzeit vor allem von einer Entspannung des Preisauftriebs ab.

Die Exportdynamik schwächte sich nach robustem Wachstum im ersten Quartal dieses Jahres zuletzt ab. Im Mai gingen die Warenausfuhren in jeweiligen Preisen saisonbereinigt merklich zurück (-3,2 %) und blieben im Dreimonatsvergleich unverändert (+0,0 %). Ihren Vorjahresstand übertrafen die Exporte im Dreimonatsvergleich um +5,3 % (Ursprungszahl). Angesichts der per Saldo insgesamt weniger günstigen Rahmenbedingungen dürften sich die Ausfuhren auch in den kommenden Monaten nur gedämpft entwickeln.

Die nominalen Wareneinfuhren stiegen im Mai saisonbereinigt um 0,7 % an und bleiben im Dreimonatsvergleich ebenfalls nahezu unverändert (+0,2 %). Sie dürften sich angesichts des Importgehalts der Exporte und der moderaten Entwicklung der Binnennachfrage ebenfalls nur schwach entwickeln. Trotz der geringeren Außenhandelsdynamik sind daher netto weiterhin eher positive Wachstumsbeiträge des Außenhandels wahrscheinlich.

Der Arbeitsmarkt entwickelte sich bis zuletzt weiter positiv. Seine Dynamik nahm allerdings ab. Deutlich abgeschwächt hat sich im Zuge der nach dem milden Winter entsprechend schwächeren Frühjahrsbelebung insbesondere der Beschäftigungsaufbau. Die Zahl der erwerbstätigen Inländer erhöhte sich im Mai saisonbereinigt nur um 3.000 Personen, nachdem in den Monaten März und April noch Zuwächse von 51.000 bzw. 23.000 zu verzeichnen waren.

Nicht saisonbereinigt stieg die Zahl der Erwerbstätigen im Vorjahresvergleich um 618.000 auf 40,27 Mio. (Ursprungszahl) an. Der Beschäftigungsanstieg, gemessen am Vorjahresabstand, schwächte sich damit ab. Die Nachfrage nach Arbeitskräften blieb aber auf hohem Niveau, und der Rückgang der Arbeitslosigkeit verstärkte sich sogar wieder. Saisonbereinigt gab es im Juni 38.000 weniger Arbeitslose als im Vormonat. Der Abbau der Arbeitslosigkeit konnte damit aber nicht ganz an die positive Entwicklung im Durchschnitt der vergangenen sechs Monate anknüpfen ( 46.000). Die Zahl der Arbeitslosen sank im Juni im saisonüblichen Rahmen auf 3,160 Mio. (Ursprungszahl). Die Arbeitslosenquote nahm auf 7,5 % ab. Für die kommenden Monate zeichnet sich angesichts der konjunkturellen Verlangsamung eine geringere Dynamik am Arbeitsmarkt ab.

Der Verbraucherpreisindex erhöhte sich im Juni gegenüber dem Vorjahr um 3,3 % und erreichte damit den höchsten Stand seit Dezember 1993. Der stärkste Preisdruck ging dabei weiterhin von der anhaltenden Verteuerung von Heizöl und Kraftstoffen aus. Darüber hinaus trug der Anstieg der Preise für Nahrungsmittel im Vorjahresvergleich zum Preisauftrieb bei. Von den Arbeitskosten geht derzeit dagegen kein nennenswerter Kostendruck aus. Angesichts des auf den vorgelagerten Preisstufen zu verzeichnenden zunehmenden Preisdrucks und des anhaltenden Höhenflugs des Rohölpreises, der sich bis Anfang Juli in der Spitze auf bis zu 145 US-Dollar je Barrel der Sorte Brent erhöhte, dürfte der Verbraucherpreisanstieg zunächst auch hoch bleiben. Die Kerninflationsrate ohne Energie und saisonabhängige Nahrungsmittel lag zuletzt im Juni bei 2,0 %.

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