Konsolidierungskurs fortsetzen, Wachstumskräfte stärken

Zu dieser Einschätzung kommt eine aktuelle Untersuchung des RWI Essen. Sie beruht auf einer Mittelfristprognose der Staatseinnahmen und -ausgaben in den Jahren 2008 bis 2012, die auf der gesamtwirtschaftlichen Mittelfristprojektion der Bundesregierung basiert.

Um die Wachstumskräfte zu stärken, sollte die Bundesregierung den Kurs der Haushaltskonsolidierung nicht verlassen und die ab dem Jahr 2010 entstehenden finanziellen Spielräume für Steuersenkungen nutzen. Dafür plädieren Wissenschaftler des RWI Essen in einem Beitrag für die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „Wirtschaftsdienst – Zeitschrift für Wirtschaftspolitik“. Sie stützen diese Empfehlungen auf ihre Prognose der mittelfristig erwarteten finanzwirtschaftlichen Entwicklung. Diese basiert auf der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Mittelfristprojektion der Bundesregierung und legt auch die Prognose des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ zugrunde.

Die Wissenschaftler gehen in ihren Berechnungen allerdings von einem höheren Anstieg der Staatsausgaben aus. Diese werden nach der kräftigen Expansion in diesem und dem kommenden Jahr mittelfristig zwar voraussichtlich wieder enger begrenzt werden, von 2010 bis 2012 dürften sie mit durchschnittlich 2% je Jahr aber um einen halben Prozentpunkt stärker steigen als von der Bundesregierung noch in ihrem aktuellen „Stabilitätsprogramm“ anvisiert. Zugleich nehmen die Staatseinnahmen bis zum Jahr 2012 wohl um durchschnittlich 2,6% je Jahr zu. Damit kann nach einem Budgetdefizit von 5 Milliarden Euro in diesem Jahr schon im kommenden Jahr mit einem ausgeglichenen Haushalt gerechnet werden. In den Folgejahren erwarten die Autoren Überschüsse von 5 Milliarden Euro (2010), 15 Milliarden Euro (2011) und 23 Milliarden Euro (2012).

Ab dem Jahr 2010 finanzielle Spielräume für Steuersenkungen

Somit eröffnen sich budgetäre Spielräume, die nach dem Erreichen eines überschüssigen Staatshaushalts im Jahr 2010 zur Stärkung der Wachstumskräfte genutzt werden sollten. Eine vorrangig auf Schuldenabbau ausgerichtete Finanzpolitik wäre hingegen mit hohen Opportunitätskosten verbunden. Sie bestünden unter anderem in der Hinnahme „heimlicher“ Steuererhöhungen, dem Fortbestand einer wenig transparenten und nicht entscheidungsneutralen Unternehmensbesteuerung, hohen Lohnnebenkosten und dem Verzicht auf höhere Bildungs- und Infrastrukturinvestitionen.

Die Wissenschaftler des RWI Essen sprechen sich ab dem Jahr 2010 für Steuersenkungen aus. Hierzu gehören zum einen die verfassungsrechtlich gebotene Ausweitung des Sonderausgabenabzugs für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie höhere Grund- und Kinderfreibeträge gemäß der anstehenden Neuberechnung des Existenzminimums.

Zum anderen sollten „heimliche“ Steuererhöhungen in der nächsten Legislaturperiode dadurch vermieden werden, dass der Einkommensteuertarif, die persönlichen Freibeträge und die Abzugsbeträge zur Berechnung des zu versteuernden Einkommens inflationsbereinigt werden. Diese „Indexierung“ verhindert, dass Steuerpflichtige bei Einkommenszuwächsen, die lediglich den allgemeinen Preisanstieg ausgleichen, in Tarifzonen mit höheren Grenzsteuersätzen hineinwachsen. Dadurch würden sie höher belastet, obwohl ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht gestiegen ist.

Aber auch umfassendere Entlastungen sowie höhere investive Staatsausgaben, beispielsweise für Infrastruktur sowie Bildung und Forschung, würden die erreichte Konsolidierung nicht gefährden. Hierzu müsste allerdings der Durchsetzungs- und Gestaltungswille vorhanden sein, die Staatsausgaben insgesamt so eng zu begrenzen wie im aktuellen Stabilitätsprogramm der Bundesregierung angekündigt.

Ihre Ansprechpartner dazu:
Heinz Gebhardt Tel.: (0201) 81 49-251
Sabine Weiler (Pressestelle) Tel.: (0201) 81 49-213

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Joachim Schmidt idw

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