Forschungsprojekt zu "demographiefester Personalarbeit" abgeschlossen

Demnach ist eine Neubewertung des Alters-Defizit-Modells nötig. Die Erkenntnisse stützen die These, dass ältere und jüngere Mitarbeiter ihren spezifischen Stärken entsprechend eingesetzt werden müssen.

Aufgrund der raschen Alterung der Gesellschaft wird Unternehmen künftig eine geringere Zahl an Arbeitskräften zur Verfügung stehen, die Bedeutung älterer Arbeitnehmer wächst somit.

Oftmals lassen Unternehmen bislang ökonomisches Potenzial ungenutzt, indem sie keine Arbeitnehmer über 50 Jahre mehr beschäftigen. Vor diesem Hintergrund wurde an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg das empirische Forschungsprojekt „Age Diversity Management“ durchgeführt. Das Projekt stand unter der Leitung von Prof. Dr. Manfred Becker, Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre – Organisation und Personalwirtschaft. Gefördert wurde es von der Deutschen Post Stiftung.

Die Forscher untersuchten deutsche Unternehmen aller Branchen vor allem im Hinblick auf zwei Fragen: Unterscheiden sich jüngere von älteren Mitarbeitern signifikant in der Ausprägung ihrer Handlungskompetenz? Zeigen altersheterogene Gruppen im Vergleich zu homogenen Gruppen signifikante Unterschiede in diesem Punkt?

Im Ergebnis zeigte sich: Problemlösungsfähigkeit, Gedächtnisleistung und Kreativität lassen im Alter in der Tat nach, das gilt für einzelne Mitarbeiter wie für Gruppen von Mitarbeitern. Allerdings löst eine Gruppe, die aus jungen und alten Mitarbeitern besteht, ihre Aufgaben besser als eine, in der Ältere unter sich bleiben. Weitere interessante Ergebnisse: Jüngere und ältere Arbeitnehmer streben in gleichem Maße nach Leistung und Selbstverwirklichung. Ältere Arbeitnehmer versuchen, Stress präventiv entgegenzutreten. In Stresssituationen greifen sie eher als ihre jungen Kollegen zu strategischer Planung und problemorientierten Verfahren der Stressbewältigung.

Festzustellen waren also signifikante Unterschiede in der Ausprägung der Handlungskompetenz. „Die Befunde zur eingeschränkten Problemlösefähigkeit, Kreativität und Gedächtnisleistung mit zunehmendem Alter stellen aber keinen Grund zur Besorgnis über die Fähigkeiten und Fertigkeiten älterer Mitarbeiter dar. Leistungen werden generell unabhängig vom Alter erbracht, jedoch verändern sich Lern- und Wahrnehmungsprozesse mit zunehmendem Lebensalter“, erläutert Professor Becker. „Beispielsweise benötigen ältere Mitarbeiter mehr Zeit zum Lernen, ihre Lernmotivation ist aber nachweislich mit dem Alter stark erhöht. Das heißt, sie wollen und sie können lernen.“ Von einer abnehmenden Leistungsmotivation mit zunehmendem Alter könne vor dem Hintergrund der Forschungsergebnisse zudem nicht länger ausgegangen werden.

„Handlungskompetenzen nehmen nicht ab, sie ändern sich“, sagt Becker, der den Unternehmen zu entsprechenden Personalentwicklungsmaßnahmen rät. „Durch lebenslanges Lernen, die Integration aller Altersgruppen in die betriebliche Weiterbildung und die Stärkung des Selbstbewusstseins Älterer durch adäquate Leistungsanforderungen lässt sich die Alterung der Belegschaft für die Unternehmen positiv wenden.“ Für die Beschäftigung älterer Mitarbeiter seien neue Beschäftigungsformen wie Zeitarbeit, Karrieren auf Zeit, die Tätigkeit als Seniorenberater, projektorientierter Ausstieg, Fach- und Projektkarrieren und die Einbindung in Work-Life-Balance-Maßnahmen vorzusehen. Der Weiterbildungsabstinenz Älterer könne durch die Anpassung von Weiterbildungsmaßnahmen an die Lernbedürfnisse und -gewohnheiten älterer Mitarbeiter, eine lernförderliche Arbeitsgestaltung sowie durch die Reduktion alterskritischer Anforderungen entgegengewirkt werden.

Die Publikation:
Becker, M./Labucay, I./Kownatka, C. (2008): Optimistisch altern. Theoretische Grundlagen und empirische Befunde demographiefester Personalarbeit für altersgemischte Belegschaften.
Rainer Hampp Verlag, München/Mering, 2008. 158 S.
ISBN: 978-3-86618-241-7
Preis: 22,80 Euro
Die Autoren:
Prof. Dr. Manfred Becker
Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre – Organisation und Personalwirtschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Dipl.-Kfm. Inéz Labucay
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl und Doktorandin bei Professor Becker
Dipl.-Psych. Cindy Kownatka
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Manfred Becker
Tel.: 0345 55 23336
E-Mail: manfred.becker@wiwi.uni-halle.de

Media Contact

Carsten Heckmann idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-halle.de

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