Die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik Deutschland im Mai 2008 [1]

Nach einer etwas schwächeren Entwicklung zum Jahresende 2007 hat die Wirtschaft damit wieder Fahrt aufgenommen. Dabei kamen die Wachstumsimpulse aus dem Inland. Stark begünstigt wurde die positive Entwicklung zu Anfang dieses Jahres – wie bereits zu Anfang letzten Jahres – durch die milde Witterung.

So dürften die witterungsabhängigen Bauinvestitionen, den Indikatoren nach zu urteilen, das Wachstum merklich gestützt haben. Aber auch die Ausrüstungsinvestitionen und die privaten Konsumausgaben, letztere allerdings in geringerem Maße, haben zum Wachstum beigetragen. Anders als die Binnennachfrage wirkte der Außenbeitrag im ersten Quartal dämpfend.

Für die kommenden Monate zeichnet sich gleichwohl eine merklich schwächere wirtschaftliche Dynamik ab. Einerseits ist nach dem milden Winter im zweiten Quartal nun mit einem Gegeneffekt durch eine entsprechend schwächer ausfallende Frühjahrsbelebung zu rechnen. Aber auch die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen belasten weiter die Entwicklung. Eine schwächer expandierende Weltwirtschaft, die Aufwertung des Euro, die andauernden Unsicherheiten auf den Finanzmärkten, höhere Ölpreise und hohe Verbraucherpreissteigerungen wirken dämpfend. Die konjunkturelle Grunddynamik dürfte daher – über die Witterungseffekte hinaus – weniger stark als zuvor ausfallen.

Mit einem preis- und saisonbereinigten Anstieg um 2,3 % kamen vom Produzierenden Gewerbe im ersten Quartal kräftige Impulse für das gesamtwirtschaftliche Wachstum. Die Industrie erhöhte ihren Ausstoß – trotz zuletzt leichten Rückgangs im März um 0,2 % – spürbar um 2,2 %. Noch kräftiger expandierte im ersten Quartal, unterstützt durch die milde Witterung in den Wintermonaten, die Bauproduktion. Sie erhöhte sich im Vergleich zum Vorquartal um 10,4 %, obwohl die Erzeugung im März aufgrund der nunmehr schwächer ausfallenden Frühjahrsbelebung um 12,3 % abnahm. Die weiteren Aussichten für das Produzierende Gewerbe gestalten sich etwas weniger günstig. Für die Industrie kündigen die seit Monaten rückläufigen Industrieaufträge eine schwächere Produktionsdynamik an. So gingen die Auftragseingänge im ersten Quartal um 1,3 % zurück, insbesondere weil die Auslandsnachfrage bremste (-2,5 %). Aber auch aus dem Inland blieben die Impulse aus (+0,0 %). Die Stimmung der Unternehmen hat sich nach einem Zwischenhoch zuletzt ebenfalls wieder spürbarer eingetrübt. Angesichts des nach wie vor zufriedenstellenden Auftragspolsters und des ansprechenden Niveaus des Geschäftsklimas dürfte die Industrieproduktion aber auch weiter – wenn auch mit geringeren Raten – zunehmen. Für das Bauhauptgewerbe überwiegen die positiven Aussichten angesichts freundlicher Rahmenbedingungen – wie der immer noch hohen Kapazitätsauslastung in der Industrie und der verbesserten Finanzlage der öffentlichen Haushalte – nach wie vor leicht.

Der private Konsum dürfte sich im ersten Quartal etwas belebt haben. Eine nachhaltige Erholung steht aber weiter aus. Insbesondere der beschleunigte Preisauftrieb bei Energie und Nahrungsmitteln sorgt für Kaufkraftentzug und belastet den privaten Verbrauch. Dennoch erhöhten sich die Einzelhandelsumsätze (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen und Tankstellen) im gesamten ersten Quartal – insbesondere aufgrund eines kräftigen Anstieges im Januar – um preis- und saisonbereinigt 1,2 %. Im März entwickelte sich das Umsatzvolumen aber bereits wieder deutlich schwächer ( 1,9 %). Der Handel mit Kraftfahrzeugen, gemessen an den Neuzulassungen für Personenkraftwagen, konnte sich im ersten Quartal leicht verbessern. Für die weitere Entwicklung wird es wesentlich davon abhängen, inwieweit sich die Verbraucherpreise in den kommenden Monaten beruhigen und sich so die nominal erfreulicheren Einkommensperspektiven aufgrund der anhaltend guten Entwicklung am Arbeitsmarkt und höherer Lohn- und Gehaltsabschlüsse auch real verbessern.

Die Aufwärtstendenz der Ausfuhrentwicklung setzt sich fort. Trotz aktuellen Rückgangs im März um 0,5 % legten die nominalen Warenexporte im gesamten ersten Quartal weiter um 2,4 % zu. Auch der Vorjahresabstand wurde im ersten Quartal um 5,8 % (Ursprungszahl) deutlich überschritten. Tendenziell werden die Vorjahresabstände aber kleiner und die Ausfuhrdynamik erreicht nicht mehr die Stärke aus dem Jahr 2006 bzw. aus dem ersten Halbjahr 2007. Die nominalen Wareneinfuhren erhöhten sich im März um 0,8 % und im gesamten ersten Quartal sogar um 6,4 %. Aufgrund dieser kräftigen Importdynamik – obwohl diese durch das kräftige Anziehen der Einfuhrpreise etwas überzeichnet sein sollte – hat der Außenhandel das gesamtwirtschaftliche Wachstum im ersten Quartal im Verlauf gedämpft. Ihren Vorjahresabstand überschritten die Importe im ersten Quartal um 6,6 % (Ursprungszahl). In der Perspektive haben die Belastungen für die weitere Entwicklung des Außenhandels, insbesondere für den Export, deutlich zugenommen. Das weltwirtschaftliche Expansionstempo dürfte sich abschwächen. Auch die Aufwertung des Euros gegenüber dem US-Dollar dürfte die Dynamik bremsen. Die auf kurze Sicht ausgerichteten Indikatoren deuten bereits auf eine schwächere Exportentwicklung hin.

Der Arbeitsmarkt entwickelt sich dank des anhaltenden konjunkturellen Aufschwungs weiter lebhaft. Impulse kamen zuletzt auch von der Frühjahrsbelebung, wenngleich diese etwas weniger stark ausfiel als in den vergangenen Jahren. Die Zahl der Erwerbstätigen (Inlandskonzept) erhöhte sich im März um saisonbereinigt 55.000 und damit nur etwas weniger als im Durchschnitt der letzten sechs Monate (+70.000). Binnen Jahresfrist stieg die Zahl der Erwerbstätigen zuletzt um 683.000 auf 39,93 Mio. (Ursprungszahl) an. Die Zahl der registrierten Arbeitslosen verminderte sich im April um 94.000 auf 3,414 Mio. (Ursprungszahl). Saisonbereinigt ergibt sich allerdings nur noch ein Rückgang von 7.000 Personen, im Vergleich zu einem Rückgang von 61.000 im Durchschnitt der vergangenen sechs Monate. Dies ist aber auch dadurch bedingt, dass die Frühjahrsbelebung im Zuge eines geringeren Aufbaus von Winterarbeitslosigkeit entsprechend schwächer ausfiel. Zudem kam es im April zu Datenerfassungsproblemen in Folge einer Computerpanne. In der Perspektive dürfte sich die positive Dynamik am Arbeitsmarkt aber auch angesichts des sich abzeichnenden schwächeren Wirtschaftswachstums verringern.

Der Preisauftrieb bleibt weiter hoch, wenngleich die Jahresteuerungsrate im April auf 2,4 % zurückging, nach 3,1 % im März. Dämpfend wirkte sich insbesondere aus, dass der Preiseffekt durch die Einführung von Studiengebühren in einigen Bundesländern im April 2007 entfiel und der Rückgang der Preise für Pauschalreisen nach den Osterfeiertagen den Auftrieb bremste. Die spürbaren Preiserhöhungen für Energie und Nahrungsmittel trugen hingegen weiter maßgeblich zum Anstieg des Verbraucherpreisniveaus bei. Die Lage auf den Rohstoffmärkten, insbesondere die Entwicklung des Rohölpreises, bleibt auch weiterhin der zentrale Risikofaktor für eine Beruhigung an der Preisfront. So erreichte der Preis für Rohöl der Sorte Brent am 14. Mai 2008 einen neuen vorläufigen Höchststand von 123 US-Dollar je Barrel.

[1] In diesem Bericht werden statistische Daten verwendet, die bis zum 16. Mail 2008 vorlagen.

[2] Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes vom 15. Mai 2008. Die ausführlichen Angaben werden am 27. Mai 2008 veröffentlicht.

[3] Wenn nicht anders vermerkt, handelt es sich bei den in diesem Bericht verwendeten saisonbereinigten Angaben um Berechnungen nach dem Verfahren Census X-12-ARIMA.

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