Aufschwung geht 2011 weiter, wird aber schwächer

Der Aufschwung in Deutschland verläuft weiterhin robust. Er hat an Breite gewonnen und vieles deutet darauf hin, dass sich die Expansion zum Jahresende 2010 hin sogar noch einmal beschleunigt. Dazu mag auch beitragen, dass viele Unternehmen Investitionen zeitlich vorziehen, um die noch bis Ende 2010 geltenden günstigen Abschreibungsbedingungen zu nutzen. Vor diesem Hintergrund erwarten wir eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr um 3,7%.

Die Chancen stehen nicht schlecht, dass sich der Aufschwung im Jahr 2011 fortsetzt. Zwar dürften bei einer zu erwartenden verhaltenen Expansion der Weltwirtschaft von den Ausfuhren geringere Impulse ausgehen. Auch lässt der Lageraufbau wohl nach, der die Expansion 2010 wesentlich prägte, da viele Unternehmen während der Rezession ihre Lagerbestände drastisch reduziert hatten. Die übrigen Komponenten der Inlandsnachfrage dürften hingegen insgesamt gesehen bei steigender Beschäftigung und zunehmender Kapazitätsauslastung ähnlich kräftig zunehmen wie 2010, obwohl die Finanzpolitik deutlich restriktiv wirkt.

Tempo des Aufschwungs dürfte sich 2011 abschwächen

Stimulierend wirken die wohl bis zum Ende des Prognosezeitraums niedrigen Zinsen. Auch ist bei weiter steigender Beschäftigung und aufgrund des weitgehenden Abbaus der Kurzarbeit ein stärkerer Anstieg der Effektivlöhne und damit der Arbeitnehmereinkommen zu erwarten, zumal sich in einigen Regionen und Branchen Knappheiten am Arbeitsmarkt bemerkbar machen. Dadurch dürften die privaten Konsumausgaben beschleunigt steigen. Dämpfend auf die Konjunktur wirkt, dass die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- sowie zur Arbeitslosenversicherung zum Jahresbeginn 2011 angehoben werden. Zudem hat die Finanzpolitik den Ausstieg aus den konjunkturstützenden Maßnahmen vollzogen und ein Sparpaket verabschiedet, aufgrund dessen die steuerliche Belastung steigt, einige Sozialleistungen gestrichen werden und der Staatsverbrauch nur verhalten zunehmen dürfte. Per saldo erwarten wir, dass die Expansion gegenüber 2010 an Tempo verliert. Den Anstieg des BIP prognostizieren wir auf 2,5%, wobei dieser Zuwachs zu 1,5%-Punkten auf statistische Gründe zurückzuführen ist.

Freilich ist diese Prognose mit beträchtlichen Risiken behaftet. So ist die Immobilienkrise in den USA keineswegs überwunden, und die hartnäckig hohe Arbeitslosigkeit dort könnte die private Konsumnachfrage und damit die Expansion der Weltwirtschaft stärker dämpfen als hier erwartet. Noch bedeutsamer für Deutschland aber sind die Risiken der Staatsschuldenkrise im Euro-Raum. Hier besteht die Gefahr, dass weitere Länder außer Griechenland und Irland sich am Kapitalmarkt nicht mehr refinanzieren können und unter den Rettungsschirm der EU schlüpfen müssen. Von längerfristigen Folgen für die Stabilität des Euro-Raums abgesehen, könnte dies auch die Konjunktur dämpfen, wenn diese Länder umfangreichere Konsolidierungsmaßnahmen ergreifen müssen als derzeit geplant. Allerdings würde in einer solchen Situation die EZB ihre expansiv ausgerichtete Politik wohl länger beibehalten, und der Euro könnte abwerten, was die deutsche Konjunktur für sich genommen kurzfristig stimulieren würde. Auf mittlere Sicht wäre dann aber auch das Inflationsrisiko höher.

Arbeitslosigkeit wird voraussichtlich weiter sinken

Der Preisanstieg in Deutschland hat sich in den vergangenen Monaten bereits verstärkt. Ausschlaggebend hier waren höhere Preise für Energie und Nahrungsmittel. Die Kerninflation liegt weiterhin unter ein Prozent. Sie dürfte sich im Prognosezeitraum nur wenig beschleunigen. Einerseits werden die Lohnstückkosten zwar voraussichtlich steigen, andererseits dürften die Einfuhrpreise im Jahresverlauf sinken. Im Jahresdurchschnitt erwarten wir eine Inflationsrate von 1,6%. Die Lage am Arbeitsmarkt wird sich bei der prognostizierten Produktionsentwicklung wohl weiter günstig entwickeln. Im Jahresdurchschnitt dürfte die registrierte Arbeitslosigkeit unter 3 Millionen sinken, und die Arbeitslosenquote auf 7,0% nach 7,7% in diesem Jahr.

Auch die Lage der öffentlichen Haushalte wird sich weiter verbessern. Die Staatseinnahmen steigen aufgrund des anhaltenden Konjunkturaufschwungs weiterhin kräftig. Zudem wirken die Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung. Das Budgetdefizit des Staates wird vor diesem Hintergrund merklich auf 2,5% in Relation zum Bruttoinlandsprodukt zurückgehen.

Ihre Ansprechpartner dazu:
Prof. Dr. Roland Döhrn, Tel.: (0201) 81 49-262
Sabine Weiler (Pressestelle), Tel.: (0201) 81 49-213

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