Aktuelles System der Manager-Vergütung belohnt extreme Risikobereitschaft

Falsche Vergütungssysteme für Manager tragen an der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise Mitschuld und sollten dringend geändert werden, um weitere Fehlsteuerungen zu vermeiden.

Wie Univ.-Prof. Dr. Louis Velthuis, Professor für Controlling an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, darstellt, verleiten die jetzigen Anreizsysteme Manager vor allem in der Bankenbranche dazu, hoch riskante Entscheidungen zu treffen, weil sie dadurch mehr verdienen. „Ich halte es durchaus für richtig, dass variable Vergütungsanteile gezahlt werden, die sich an dem Erfolg des Unternehmens orientieren“, erklärt Velthuis.

„Die Anreize müssen aber so gesetzt werden, dass nicht in unverhältnismäßig riskante Projekte investiert wird, sondern in wertsteigernde Projekte mit adäquatem Risiko.“ Zusammen mit Univ.-Prof. Dr. Thomas Pfeiffer von der Universität Wien hat Velthuis Prinzipien für Management-Vergütungssysteme entwickelt, die im Sinne einer gesunden Unternehmenssteuerung sinnvolle Anreize gewährleisten. Ein zentraler Vorschlag ist, die Renditeziele gemessen am Eigenkapital von derzeit zehn auf vier bis fünf Prozent zu senken und eine Verlustbeteiligung einzuführen.

Ausgangspunkt der Finanz- und Wirtschafskrise waren US-Hypothekenkredite, die an Schuldner mit schlechter Bonität vergeben worden waren. Doch erst die Umwandlung dieser Kredite in handelbare Wertpapiere setzte das Karussell auf internationalem Parkett in Gang. Die Investition in undurchsichtige Risikogeschäfte versprach zunächst hohe Renditen. Tatsächlich aber gingen Investmentbanker weltweit damit ein zu großes Wagnis ein. Velthuis erläutert aus ökonomischer Sicht, inwieweit die gängigen Vergütungsmodelle für Manager dafür mitverantwortlich waren.

„Die Anreizsysteme sind seit Jahren falsch“, so Velthuis, der dazu rät, den Anteil der variablen Entlohnung wieder zu senken. Bei den 30 größten deutschen, börsennotierten Unternehmen erhalten die Manager 30 Prozent ihres Einkommens als Festgehalt und 70 Prozent als Bonuszahlung. In den USA ist das Verhältnis noch größer. Problematisch ist allerdings, dass die Führungsriege ihr Anreizsystem selbst gestaltet und es keine wirkliche Kontrollinstanz gibt, weshalb nach Auffassung von Velthuis notfalls der Gesetzgeber einschreiten müsse. „Manager brauchen Systeme, die zu richtigen Entscheidungen für das Unternehmen führen, und nicht hauptsächlich Anreize, den eigenen Verdienst zu maximieren.“

Fehlanreize entstehen nach Auffassung des Mainzer Betriebswissenschaftlers hauptsächlich aus drei Gründen: Insbesondere die mangelnde Verlustbeteiligung bei der Managerentlohnung führe zwangsläufig zur Überinvestition in riskante Projekte. Außerdem werde bei der Bemessungsgrundlage für die Vergütung seit Jahren mit Kapitalkosten von etwa zehn Prozent gerechnet – viel zu hoch, sagt Velthuis über diese Größe, die der geforderten Verzinsung aus Sicht des Geldgebers oder Shareholders entspricht und als „Werthürde“ bezeichnet wird. „Tatsächlich werden sogar Zielvorgaben von 20 und 25 Prozent ausgegeben, was einen noch stärkeren Anreiz setzt, wertvernichtende statt wertsteigernde Projekte einzugehen.“ Schließlich würden zudem operative Bereinigungen vorgenommen, um zum Beispiel stillgelegte Geschäftsbereiche herauszurechnen – ein weiterer Faktor, der die teilweise extreme Risikobereitschaft von Managern in der Vergangenheit angekurbelt hat.

Er schlägt konkret vor, die Werthürden auf etwa vier oder fünf Prozent zu verringern: „Kapitalkosten dürfen keine Risikoprämie beinhalten, daher muss das Eigenkapital sozusagen billiger werden.“ Operative Bereinigungen, die in Einzelfällen bis zu 50 Prozent betrugen, dürften nicht dazu dienen, die Bemessungsgrundlage für die Manger-Vergütung „schönzurechnen“. Velthuis spricht sich grundsätzlich für eine Managementhaftung aus, sodass sich eine negative Performance des Unternehmens auch beim Einkommen auswirkt. Grundsätzlich, vor allem aber bei Einführung einer Managementhaftung, müsse die Bemessungsgrundlage für die Vergütung – wie erörtert – anreizkompatibel gestaltet sein, fordert Velthuis. Sonst würden Manager zu wenige Risiken eingehen und es drohe die Gefahr der Unterinvestition.

Publikation:
Pfeiffer, T. and L. Velthuis. 2009. Incentive system design based on accrual accounting: A summary and analysis. Journal of Management Accounting Research (21): 19-53.
Kontakt und Informationen:
Univ.-Prof. Dr. Louis Velthuis
Professor für Controlling
Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Tel. 06131 39-23780
Fax 06131 39-23727
E-Mail: controlling@uni-mainz.de

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Petra Giegerich idw

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