Zurück in die Zukunft: Frachtschiffe sollen wieder segeln

Die niederländische Firma „fair transport“ baut derzeit ein Frachtschiff, das zu mindestens 50 Prozent per Windkraft angetrieben werden soll.<br><br>Grafik: Dykstra<br>

Treibstoffpreise steigen, fossile Brennstoffe werden knapp, für die Schifffahrt gelten strenge Vorgaben für den Schadstoffausstoß – vor diesem Hintergrund erforschen Wissenschaftler der Jade Hochschule in dem internationalen Verbundprojekt „Sail“ derzeit alternative Antriebstechniken für Frachtschiffe.

Ziel ist es, Kosten und umweltschädliche Emissionen zu senken. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Windkraft: Sollen Frachtschiffe jetzt wieder segeln? „Auf jeden Fall“, sagt Bernhard Schwarz-Röhr, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Seefahrt der Jade Hochschule. „Ich kann mir vorstellen, dass Frachtschiffe in 20 Jahren üblicherweise durch Segel angetrieben werden, die durch Maschinen unterstützt werden – ein hybrider Antrieb also.“

Die Jade Hochschule prüft die Leistungsfähigkeit bestehender Konzepte hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit und Eignung für verschiedene Schiffstypen, Routen und Wetterverhältnisse. An bereits vorhandenen Segelschiffen wird gemessen, wie viel Treibstoff eingespart werden kann, welche Geschwindigkeiten erreicht werden und welche Kurse gefahren werden können. „Bisher liegt nur wenig Datenmaterial darüber vor, wie viel Treibstoff durch Segel tatsächlich eingespart werden könnte“, sagt Schwarz-Röhr.
„Daher schrecken Reeder bislang vor dem Hintergrund der hohen Kosten vor einem Neubau oder einer segeltauglichen Nachrüstung ihrer Schiffe zurück.“ Ob die Frachtschifffahrt per Segelantrieb funktioniert, was sie für Reeder kostet und wie viel sie bringt, sei zu prüfen. Zudem soll ausgelotet werden, inwieweit durch die neue Technik neue Geschäftsmöglichkeiten und Arbeitsplätze entstehen könnten und wie das Hybrid-Segeln in Politik und Gesetzgebung der Nordsee Region einzubinden ist.

Eine Herausforderung dabei sei das Image von Segelschiffen: „Segelschiffe gelten oft als langsam, schwer zu manövrieren und nur mit einer speziellen Ausbildung zu fahren“, sagt Schwarz-Röhr. Dass windgesteuerte Frachtschiffe zu langsam wären, bezweifelt der Diplom-Physiker: „Heutige Frachtschiffe fahren aufgrund des teuren Treibstoffes auch langsamer und nähern sich damit dem Segelschiff an.“

Technisch sei es zwar möglich, große Frachtschiffe nur per Windkraft anzutreiben, um sie so manövrierfähig zu machen, wie es in Häfen erforderlich ist, müsse es aber immer Hilfsantriebe geben. Die Bestandsaufnahme alternativer Antriebe in Ergänzung zu Segeln, wie zum Beispiel eine horizontale Windmühle an Bord, mit deren Hilfe Strom gewonnen werden kann, sei ebenfalls Teil des Projektes. Auch Flüssiggas als Hilfsantrieb wäre denkbar.

Die Segeleinrichtungen könnten per Knopfdruck von der Brücke aus automatisch gesteuert werden. „Den größten Gewinn aus einem hybriden Antrieb zieht jedoch eine Crew, die Wind und Wetter für sich zu nutzen weiß“, sagt Schwarz-Röhr. „Eine Herausforderung für die Ausbildung von Nautikern.“

In dem EU-Forschungsprojekt „Sail“ arbeiten 18 Partner aus sieben Ländern (Deutschland, Niederlande, Belgien, Schweden, Dänemark, Großbritannien und Frankreich) zusammen. Neben Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind Schifffahrts- und Technologieunternehmen sowie Häfen beteiligt. Das gesamte Interreg-Projekt wird bis 2015 gefördert und hat einen Umfang von vier Millionen Euro.

Weitere Informationen:
Bernhard Schwarz-Röhr, 0176/43096217, bernhard.schwarz-roehr@jade-hs.de

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Anke Westwood idw

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