Neue Konzepte für individuelle Mobilität, Finanzkrise und Umweltbelastungen

Baden-Württemberg ist das Land der Autofahrer. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes wurden 2008 insgesamt 92,6 Milliarden Kilometer mit Kraftfahrzeugen auf den Straßen im Land zurückgelegt. Das entspricht gut 2,3 Millionen Erdumrundungen.

Negative Folgen für Mensch und Umwelt sind unter anderem hohe Emissionen von CO2, eine erhöhte Lärmbelastung und Staus. Deshalb fordert der Nachhaltigkeitsbeirat Baden-Württemberg (NBBW) in seinem heute erschienenen Gutachten „Nachhaltigkeits-Doppelstrategie: Wirksame Beiträge Baden-Württembergs zur weltweiten nachhaltigen Entwicklung“ neue Konzepte für individuelle Mobilität. „Für eine ökonomisch effiziente, umweltverträgliche und sozial gerechte Entwicklung von Mobilität sind zum einen sparsamere Fahrzeuge und eine Förderung von Bus, Bahn und Fahrrad wichtig. Zum anderen könnte man in Zukunft für kurze Strecken das eigene Elektroauto nutzen und für seltene Fahrten über 100 Kilometer Wegstrecke Kraftfahrzeuge mieten“, erläuterte der Vorsitzende des NBBW und Lehrstuhlinhaber am Institut für Sozialwissenschaften der Universität Stuttgart, Prof. Dr. Ortwin Renn bei der Übergabe des Gutachtens an die Ministerin für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Baden-Württemberg, Tanja Gönner.

Die Anwendung der neuen Konzepte könnte über Baden-Württemberg hinaus auch in Entwicklungs- und Schwellenländern zu einer umweltverträglicheren Entwicklung beitragen, da diese einen großen Nachholbedarf bei der Motorisierung haben. Dieser Grundgedanke einer Doppelstrategie mit einer regionalen und globalen Perspektive wird vom NBBW neben dem Verkehr auch für neun weitere Handlungsfelder empfohlen.

Hauptautoren des Globalisierungsgutachtens sind Prof. Dr. Ortwin Renn vom Institut für Sozialwissenschaften der Universität Stuttgart, Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermacher vom Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung/n in Ulm sowie Prof. Dr. Lutz Wicke vom Institut für Umweltmanagement der Europäischen Wirtschaftshochschule Berlin. Das Gutachten zeigt zehn globale Herausforderungen auf und präsentiert entsprechenden Handlungsmöglichkeiten. Neben der Verkehrsdoppelstrategie geht es z. B. um die Förderung ressourcenarmer Lebensstile. Nachhaltig leben heißt hier nicht schlechter leben. Lebensqualität kann auch mit weniger Ressourcen (z. B. Energie) erreicht werden. Positive Beispiele aus Baden-Württemberg sind die vielfältigen Aktivitäten der Stadt Freiburg in Sachen Solarenergienutzung oder das flächensparende Stadtbauprojekt Bahnstadt in Heidelberg. Im Erfolgsfall könnten solche Kombinationen von Wohlstand und geringem Ressourceneinsatz weltweit vermittelt werden.

Zweifellos kann Baden-Württemberg die globalen Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung weder aus eigener Kraft meistern noch als Lehrmeister der Welt mit guten Ratschlägen eine grundsätzliche Wende einleiten. Das Land kann jedoch Vorbild sein und in Zusammenarbeit mit anderen Regionen Anstöße in die richtige Richtung geben. Die Landesregierung sollte demnach vorrangig wissenschaftliches und technisches Know-How bereitstellen, Erfahrungen aus Vorbildprojekten weitergeben und eine klare Position in öffentlichen Diskussionen besetzen. Umgekehrt ist es bei Defiziten im Land ratsam, von den positiven Erfahrungen anderer Regionen zu lernen und diese entsprechend auf Baden-Württemberg zu übertragen. Der NBBW schlägt in seinem Gutachten abschließend vor, die Nachhaltigkeitsstrategie durch einen Querschnittsbereich mit dem Titel „Globale Verantwortung – Nachhaltigkeits-Doppelstrategie“ zu erweitern. In diesem Bereich sollen Projekte, die simultan einen landesspezifischen und einen global bedeutsamen Beitrag zur Lösung einer der zehn Herausforderungen leisten könnten, entwickelt werden.

Das Gutachten kann bei der Geschäftsstelle des Nachhaltigkeitsbeirats Baden-Württemberg angefordert oder auf der Homepage des NBBW abgerufen werden.

Kontakt: Dr. Michael Ruddat
Geschäftsstelle des Nachhaltigkeitsbeirats Baden-Württemberg
Tel. 0711 685-83261
Fax 0711 685-82175
E-Mail: info@nachhaltigkeitsbeirat-bw.de
Internet: http://www.nachhaltigkeitsbeirat-bw.de
Der Nachhaltigkeitsbeirat Baden-Württemberg (NBBW) ist ein unabhängiges, wissenschaftliches Beratungsgremium der Landesregierung und besteht aus zwölf Mitgliedern. Er wurde am 22. April 2002 von der Landesregierung Baden-Württemberg ins Leben gerufen und am 04. Oktober 2005 für weitere drei Jahre berufen. Am 03. Februar 2009 wurde eine weitere Verlängerung um drei Jahre vom Kabinett gebilligt. Der Nachhaltigkeitsbeirat hat die Aufgabe, das Land auf dem Weg in eine nachhaltige und dauerhaft umweltgerechte Entwicklung zu beraten und die Umsetzung und Fortschreibung des im Dezember 2000 vom Ministerrat beschlossenen „Umweltplan Baden-Württemberg“ kritisch zu begleiten. Dazu überprüft er in regelmäßigen Abständen die Erreichung der dort formulierten Ziele und gibt Empfehlungen zu Schwerpunkten bei der Umsetzung ab. Weitere Informationen sowie sämtliche bisher erschienene Gutachten sind auf der Homepage des NBBW abrufbar: http://www.nachhaltigkeitsbeirat-bw.de.
Die Mitglieder des Nachhaltigkeitsbeirats (Periode 2009-2012) sind:
Prof. Dr. Stephan Dabbert, Institut für Landwirtschaftliche Betriebslehre, Universität Hohenheim
Prof. Dr. Thomas Dyllick, Institut für Wirtschaft und Ökologie, Universität St. Gallen
Dr. Peter Fritz, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Dr. Ulrich Höpfner, IFEU – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg
Prof. Dr. Giselher Kaule, Institut für Landschaftsplanung und Ökologie, Universität Stuttgart
Prof. Dr. Lenelis Kruse-Graumann, Psychologisches Institut, Universität Heidelberg (stellv. Vorsitzende)
Prof. Dr. Dr. Hans Müller-Steinhagen, Institut für Technische Thermodynamik, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Stuttgart
Prof. Dr. Christine Neumann, Abteilung Dermatologie und Venerologie, Universität Göttingen
Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermacher, Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung/n (FAW/n), Ulm
Prof. Dr. Dr. h. c. Ortwin Renn, Institut für Sozialwissenschaften, Abteilung für Technik- und Umweltsoziologie, Universität Stuttgart (Vorsitzender)
Prof. Dr. Stefan Siedentop, Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung,
Universität Stuttgart
Prof. Dr. Lutz Wicke, Institut für Umweltmanagement (IfUM), Europäische Wirtschaftshochschule Berlin

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Andrea Mayer-Grenu idw

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