Intelligente Planung und Steuerung für mehr Effektivität und Effizienz bei Autoumschlag in Häfen

Forschung am Autoterminal: Bremerhaven gehört mit einem Umschlag von über 2,1 Millionen Fahrzeugen pro Jahr zu den größten Autohäfen der Welt. Die Stellflächenkapazität beträgt 95.000 PKW. Foto: Heinrich Hecht

Wo befindet sich gerade was, und wie kann es auf dem besten Weg zur richtigen Zeit am gewünschten Ort zur Verfügung stehen? Zum Beispiel ein Auto zum Verladen aufs Schiff. Viele der komplexen Prozesse in Häfen werden noch manuell gesteuert, und genau damit beschäftigt sich das neue Bremer Forschungsprojekt „Isabella“.

Das Ziel: Ein intelligentes System soll künftig mithilfe von mobiler Datenerfassung, Echtzeitstatusmeldungen und Simulationen eine interaktive Planung und Steuerung des Autoumschlages in See- und Binnenhäfen ermöglichen. Es soll für eine den jeweils aktuellen Bedingungen angepasste, optimierte Logistikabwicklung sorgen und so zur Effektivität und Effizienz beitragen.

Entwickelt wird das System im Rahmen des dreijährigen Projektes „Automobillogistik im See- und Binnenhafen: Interaktive und simulationsgestützte Betriebsplanung, dynamische und kontextbasierte Steuerung der Gerät- und Ladungsbewegungen“ (kurz: Isabella).

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur fördert dieses Vorhaben im Rahmen des Programms für Innovative Hafentechnologien (IHATEC) mit 2,6 Millionen Euro. Der Gesamtumfang beträgt 3,7 Millionen Euro. Begleitet wird das Projekt vom Projektträger TÜV Rheinland.

Die Akteure: das BIBA, das BLG AutoTerminal Bremerhaven und der Softwarespezialist 28Apps

Drei Partner sind an dem Vorhaben beteiligt: Als Forschungspartner bringt das BIBA – Bremer Institut für Produktion und Logistik an der Universität Bremen sein Wissen in den Bereichen der Planung und Steuerung logistischer Prozesse sowie der autonomen Entscheidungsfindung in das Projekt ein.

Das BLG AutoTerminal Bremerhaven ist Anwendungspartner und Gesamtprojektleiter. Es liefert die Anwendungsfälle und somit alle möglichen Szenarien, die eintreten können. Damit gewährleistet die BLG eine praxisorientierte Entwicklung und berücksichtigt die Lösungsideen der an den Prozessen beteiligten Akteure.

Am BLG-Terminal in Bremerhaven wird das System auch pilotiert, bevor dann am Binnenterminal in Kelheim die Übertragbarkeit der Ergebnisse getestet werden. Die BLG ermöglicht die wissenschaftliche Arbeit auf Basis realer, aktueller Daten, und hier wird die Forschungsversion des Systems laufen.

Der Bremer Technologieanbieter 28Apps verantwortet die Entwicklung der Software-Anwendung für den geplanten Multitouch-Tisch und darüber hinaus die Umsetzung des Steuerungskonzepts in eine mobile Anwendung (App). Über den großen Bildschirm eines Multi-Touch-Tisches lassen sich einfach per Fingergesten Informationen abrufen und Befehle eingeben. Er ist neben den Anwendungen über mobile Geräte ein zentrales Bedienelement des Isabella-Systems.

Forschung und Pilotprojekt in einem der größten Autohäfen der Welt

Bremerhaven gehört mit einem Umschlag von über 2,1 Millionen Fahrzeugen pro Jahr zu den größten Autohäfen der Welt. Jedes Jahr laufen mehr als 1.400 Autoschiffe dieses Terminal an. Es hat eine Gesamtfläche von 240 Hektar, was der Größe von 350 Fußballfeldern entspricht. Die Stellflächenkapazität beträgt 95.000 PKW. Von den Stellflächen sind 45.000 offen und 50.000 in 8 Parkregalen überdacht. Hinzu kommen 18 Schiffsliegeplätze, 3 Technikzentren und eine Lackierhalle sowie 16 Gleisanschlüsse und Kopframpen. Hier wird an 7 Tagen in der Woche rund um die Uhr gearbeitet.

Unzählige in ihrer Gesamtheit kaum noch überschaubare Faktoren und Unwägbarkeiten beeinflussen die logistischen Prozesse in diesem Megahafen. „Um diese große logistische Aufgabe auch künftig adäquat bewältigen und im weltweiten Wettbewerb bestehen zu können, bedarf es neuartiger Instrumente für die Planung und Steuerung“, sagt BIBA-Leiter Prof. Dr.-Ing. Michael Freitag. Genau hier greift das Projekt Isabella: „Bis 2020 soll das virtuelle Spiegelbild eines Autoterminals soweit ausgebaut sein, dass mittels Echtzeitmeldungen, Materialflusssimulation und systemgestützter Kommunikation mit den Fahrern eine neue Ebene von Planung und Steuerung erreicht wird“, erklärt Andrea Eck, Vorstand Automobile bei der BLG.

Simulationen berücksichtigen aktuelle Ereignisse in Planung und Steuerung der Logistikprozesse

„Eine simulationsgestützte Planung soll eine reaktionsschnelle Anpassung der Planung bei auftretenden Änderungsbedarfen und das Überprüfen von Alternativen ermöglichen. Über einen Multitouch-Tisch werden die aktuellen Planungssituation des Terminals und die Planungsalternativen dargestellt“, sagt Freitag. „Dahinter steht eine sogenannte ‘ereignisdiskrete Simulationssoftware‘. Sie berücksichtigt zahlreiche Kriterien und aktuelle Ereignisse und bewertet die Planungsalternativen hinsichtlich bestimmter logistischer Zielgrößen.“

Für die Steuerung der Fahrzeugbewegungen auf dem Terminal wird ein Algorithmus entwickelt, der eine individuelle Prozesssteuerung in Abhängigkeit des Standorts der Fahrzeuge gestattet. Die Zuordnung von Aufträgen mittels einer mobilen Anwendung ermöglicht eine Optimierung der Fahrwege auf dem Terminal und eine kurzfristige Reaktion auf auftretende Änderungsbedarfe.

Die Realisierung der interaktiven Planung und Steuerung erfordert auch die Entwicklung eines Ortungssystems, um den Standort von Fahrzeugen in Echtzeit zu erfassen. Eine Herausforderung ist dabei die Ortungsgenauigkeit, die eine exakte Lokalisierung der Fahrzeuge bis hin zum einzelnen Stellplatz gewährleisten muss.

System verbessert die Kommunikation unter den Mitarbeitern und bezieht deren Erfahrungswissen ein

Das im Projekt Isabella zu entwickelnde Werkzeug ermöglicht eine verbesserte Nutzung der Ressourcen, zum Beispiel die Flächenbelegung oder Mitarbeiterkapazitäten. Anstelle einer intuitiven Planung bietet es eine umfassende Bewertung verschiedener Planungsalternativen. Diese berücksichtigt auch logistische Zielgrößen wie Termintreue oder Kapazitätsauslastung. Damit unterstützt die Simulation das Personal dabei, die für die jeweilige Situation am besten geeignete Planungsalternative auszuwählen.

Die standortabhängige Steuerung der Fahrzeugbewegungen führt unter anderem zur Reduzierung der Leerfahrten auf dem Autoterminal und trägt damit zur Effizienzsteigerung bei. Das System gewährleistet eine höhere Flexibilität und Reaktivität. Es verbessert die Kommunikation unter den Mitarbeitern und bezieht deren Erfahrungswissen ein. Über die mobile App werden Fahraufträge betreffende, kurzfristige, unerwartete Änderungen übermittelt sowie die Reaktionen der Akteure erfasst und ad hoc in die Arbeitsabläufe integriert.

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Susanne Schukraft, MBE (BIBA)
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