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RFID-Chips im Bauteil und in der Ortungseinheit ermöglichen eine automatisierte, lückenlose Verfolgung. © Dirk Mahler/Fraunhofer IFF<br>

Bis zu 50 Meter lang und tonnenschwer – die Rotorblätter, die Enercon in seinem Werk in Magdeburg für Windenergieanlagen herstellt, sind imposant. Entsprechend viel Platz benötigen sie, wenn sie auf dem 0,5 Quadratkilometer großen Werksgelände zwischengelagert werden und auf ihre Auslieferung warten.

Die Organisation des Außenlagers erfolgte lange Zeit per Telefon, Informationstafel und manueller Dokumentation. Das barg Fehlerpotenzial, außerdem war der Aufwand hoch, den Lagerstatus aktuell zu halten, etwa, wenn Mitarbeiter ein Bauteil auf dem Gelände umlagerten. Um sich einen Überblick über das Lager zu verschaffen, war eine Inventur nötig.

Dass diese Methode zeitaufwändig und mit hohen Kosten verbunden ist, war dem Enercon-Management schon länger klar. Doch eine Alternative, die Medienbrüche vermeidet, war nicht in Sicht – bis sich die Fabrikplaner von Enercon mit Experten des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg zum Gedankenaustausch trafen. »Früher gab es bei der Lagerhaltung viele Medienbrüche zwischen Pinnwand, Papierausdrucken, Exceltabellen und anderen Hilfsmitteln«, erinnert sich Tobias Kutzler, Projektleiter am IFF. Das Projektteam des IFF schlug eine Lösung zur Verwaltung des Außenlagers vor, die Arbeitsprozesse vereinfacht und den Aufwand im Lagermanagement erheblich reduziert.

GPS-Modul und Bewegungssensor erleichtern Inventur
Die Idee: An jedem Bauteil wird bei der Endabnahme ein Ortungsgerät von der Größe eines kleinen Taschenbuchs befestigt. Das darin enthaltene GPS-Modul errechnet aus Satellitendaten seine Position auf rund einen Meter. Diese Postion wird über Mobilfunksignale in die Zentrale übermittelt, wo das Bauteil in einer digitalen Karte registriert ist. Ein Bewegungssensor erkennt, wenn das Teil bewegt wird und meldet die neue Position des Rotorblatts auf dem Gelände. Wenige Mausklicks genügen, um den Ort eines Bauteils und seine Produktions- und Lagerhistorie abzurufen. Das spart Zeit: Dauerte eine Inventur des Lagers früher bis zu zwei Tage, schrumpft der Zeitaufwand nun auf weniger als fünf Minuten.

Zwei RFID-Chips – einer im Ortungsgerät, ein zweiter direkt am Bauteil – machen die lückenlose elektronische Überwachung komplett. Die digitalen Typenschilder dienen als eine Art Logbuch. Sie werden mit einem handlichen Lesegerät erfasst und enthalten Informationen etwa über Bauteilnummer, Bauteilart und Herkunft. Auf diese Weise können die Teile auch noch auf der Baustelle der Windenergieanlage identifiziert werden oder später bei Wartungsarbeiten und Reparaturen.

Die Befestigung der Ortungsgeräte erfolgt mithilfe eines Adapters, der am Flansch, also dem Anschluss des Rotorblatts angebracht wird. Nimmt der Lagerarbeiter das Ortungsgerät vor der Auslieferung wieder ab, muss er es lediglich eine bestimmte Zeit lang auf den Kopf stellen. Dann wird das Bauteil automatisch aus der Lagerliste ausgebucht, ohne dass der Mitarbeiter den PC bemühen muss.

Effiziente Lagerplanung

Auch bei der Planung ihres Lagers können sich die Mitarbeiter auf die Software verlassen. Sie schlägt für jedes neue Rotorblatt den optimalen Lagerplatz vor, damit die Flächen möglichst effizient genutzt werden. Die Mitarbeiter können den Vorschlag annehmen – oder selbst einen geeigneten Lagerplatz festlegen. Die Software erkennt das und errechnet die nächsteffiziente Variante. Die Zeit der vielen Dokumente und Telefonate ist bei Enercon in Magdeburg vorbei. »Heute gibt es einen großen Touchscreen und verteilte Arbeitsstationen, auf denen alle Informationen abgerufen werden können«, so Projektleiter Kutzler.

Mit den Ortungsmodulen lassen sich jedoch nicht nur Bauteile in Lagern aufspüren. Ein Stahlproduzent hat seine Fahrzeuge im Werk damit ausgerüstet, um die Belastung der Fahrzeuge beim Bewegen schwerer Stahlteile zu messen. Und für das Elektromobilitäts-Forschungsprojekt Harz.EE-Mobility hat das IFF sogar Elektroautos mit den Modulen ausgerüstet, damit sich die Nutzung der Fahrzeuge dokumentieren lässt. Dabei fanden die Forscher unter anderem heraus, mit welchen Ladezuständen der Batterien die Fahrzeuge bewegt und abgestellt werden. Das hilft, die Infrastruktur der Ladestationen zu optimieren und die Nutzung von Elektroautos als Energiepuffer in intelligenten Stromnetzen einzuschätzen.

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