Millimetergenaue Schleichfahrt tonnenschwerer Fahrzeuge

Montagemanipulator mit Allradantrieb von Beldrive Systems bewegt sich sanft und ruckfrei in alle Richtungen – Elektrotechniker der TU Chemnitz waren an der Entwicklung der als Antrieb eingesetzten Synchronmotoren beteiligt

In Montageprozessen werden die zu montierenden Baugruppen immer größer und damit auch schwerer. Dies trifft insbesondere auf den Automobilbau zu – etwa beim Cockpiteinbau, bei der Tank- oder Sitzmontage. Bisher kamen hier meist so genannte Manipulatoren zum Einsatz. Doch der Aufwand für derartige große, ortsfeste Anlagen ist hoch und nur bei großen Stückzahlen sinnvoll. Für niedrige und mittlere Stückzahlen haben sich manuell bewegte Vorrichtungen bewährt, die jedoch bei großen und schweren Bauteilen schnell an ihre Grenzen stoßen.

Aus dieser Situation heraus entwickelte die Chemnitzer Firma Beldrive Systems GmbH einen so genannten Montagemanipulator, der manuell bewegt werden und dennoch große Tragkräfte realisieren kann. Das im Technologie Centrum Chemnitz ansässige Unternehmen setzt dafür speziell konstruierte Räder ein, die gemeinsam mit dem durch elektrische Motoren realisierten Allradantrieb eine völlig freie Manövrierbarkeit des Fahrzeugs in der Ebene ermöglichen. Das Fahrzeug kann nicht nur alle Bewegungen ausführen, die man von manuell gelenkten Fahrzeugen kennt. Es kann sich auch seitwärts und diagonal bewegen. So ist es beispielsweise möglich, in einem Bogen in die Arbeitsstation einzufahren und noch notwendige Korrekturen der Position des Manipulators über Taster für Schleichfahrt sowohl nach vorn und hinten, als auch nach links und rechts mit Auflösungen im Millimeterbereich auszuführen.

Besonderes Augenmerk legte Beldrive Systems auf eine effiziente Schnittstelle zwischen Bediener und Fahrzeug. Was sonst bei einer Steuereinheit mit Joystick durch Training und Geschick des Bedieners erreicht wird, übernimmt nun eine spezielle Kraftsensorik, die mit den Antriebssystemen der vier Räder zusammenarbeitet. Obwohl sich der Drehpunkt in der Mitte des Fahrzeuges befindet, gelingt es, auch mehrere Meter lange Fahrzeuge so einfach zu steuern wie einen Einkaufswagen im Supermarkt. Diese einfache Manövrierbarkeit kommt auch einer hohen Produktivität des Fahrzeugs zugute, wie sie in Montageprozessen gefordert wird. Als Antrieb werden äußerst kompakte, permanenterregte Synchronmotoren eingesetzt, an deren Entwicklung auch die Professur für Elektrische Maschinen und Antriebe der TU Chemnitz beteiligt war. Die als Außenläufer ausgeführten Direktantriebe besitzen durch ihren hochpoligen Aufbau eine niedrige Drehzahl und ein hohes Drehmoment. Durch den gewählten Aufbau besitzen die Motoren weder einen Kommutator noch Bürsten als Verschleißteil. Die Ansteuerung mittels feldorientierter Regelung ermöglicht ein sanftes, ruckfreies Beschleunigen und ein exaktes Anhalten. Im Schleichmodus der Antriebe ist selbst ein millimetergenaues Positionieren der mitunter mehrere Tonnen schweren Fahrzeuge möglich. Durch die Konzentration der gesamten Antriebs- und Steuerungstechnik im bodennahen Bereich kann der restliche Wagen leicht an verschiedene Anforderungen der Montageprozesse angepasst werden. Zudem wird eine gute Zugänglichkeit für die Montageprozesse erreicht.

Das erste von Beldrive Systems entwickelte Fahrzeug, das etwa die Abmessungen eines Handhubwagens hat, wird derzeit in der „Gläsernen Manufaktur“ der Volkswagen AG in Dresden erprobt. Unterdessen hat dieser Fahrzeugtyp auch einen größeren Bruder bekommen. Der Wagen ist über vier Meter lang, einen Meter breit und etwa vier Tonnen schwer. Er trägt zwei große Scherenhubtische, die ein komplettes PKW-Fahrgestell zur Montage in eine Karosse heben können. Angetrieben wird dieser Manipulator von der jüngsten Direktantriebsgeneration, die bei einem Außendurchmesser von 179 Millimeter und einer Länge von 213 Millimeter ein Spitzendrehmoment von 270 Newtonmeter pro Motor entwickeln kann.

In wenigen Tagen wird der bei VW im Test befindliche kleinere Montagemanipulator seinen Einsatzort von der „Gläsernen Manufaktur“ in Dresden in die Halle 1 der Messe Chemnitz verlagern. Auf der 7. Industrie-Fachmesse INTEC wird das Fahrzeug vom 3. bis 6. März 2004 am Stand des Technologie Centrums Chemnitz (C.1-C.2) täglich von 9 bis 18 Uhr (am Samstag bis 16 Uhr) vorgeführt. Außerdem hat sich Beldrive Systems mit dieser Innovation für den INTEC-Preis 2004 beworben, der am 5. März anlässlich des Messeballes im Günnewig Hotel „Chemnitzer Hof“ verliehen wird.

Kontakt:

Beldrive Systems GmbH
Geschäftstellenleiter Dr. Ulrich Jugel
Annaberger Straße 240, 09125 Chemnitz
Telefon 0371-53473-29, Fax -49
E-Mail: beldrive@beldrive.com

Media Contact

Dipl.-Ing. Mario Steinebach TU Chemnitz

Weitere Informationen:

http://www.beldrive.com

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