Ampellust statt Ampelfrust: Verkehrswissenschaftler der RUB überprüft Steuerungsverfahren

Der Wissenschaftler nennt es Lichtsignalanlage – der Autofahrer einfach Ampel oder auch mal Ärgernis. Lange Wartezeiten, kurze Grünphasen oder ständiges Anhalten vermiesen schnell den Fahrspaß.

Die Prinzipien, die hinter so einer Ampelschaltung stecken, sind hochkomplex – und Verfahren zur Steuerung gibt es gleich mehrere. In seiner Dissertation hat Dr. Thomas Wietholt vom Lehrstuhl für Verkehrswesen der Ruhr-Universität Bochum erstmals ermittelt, welche Auswirkungen die verschiedenen Steuerungsmethoden auf den Straßenverkehr haben – und wo welches Verfahren sinnvoll eingesetzt werden kann.

Ein Ergebnis: Die modernen Errungenschaften der Steuerungstechnik sind nicht immer auch die besten. Anhand verschiedener Kriterien könnten Planer schon vor dem Bau einer neuen Anlage ermitteln, welche Methode geeignet ist – eine Prüfung, die zurzeit noch nicht stattfindet.

Feste Zeiten vs. verkehrsabhängig

Ampel ist nicht gleich Ampel. Von Straßenzug zu Straßenzug werden die Ampelanlagen unterschiedlich gesteuert. Zwei Methoden davon sind besonders häufig zu finden: die festzeitgesteuerte und die verkehrsabhängige Steuerung mit Rahmenzeitplan. Festzeitgesteuert bedeutet, dass alle Ampeln an einem Straßenzug darauf programmiert sind, zu bestimmten Zeiten grün zu zeigen. Wer an der ersten Ampel grün hat, fährt so im theoretischen Idealfall bis zum Ende der Straße auf einer grünen Welle. Für neue Ampelanlagen wird diese Steuerungsmethode in der Regel nicht mehr berücksichtigt; sie gilt als veraltet. Den Rang abgelaufen hat ihr die verkehrsabhängige Steuerung. Im Grunde folgt auch sie einem festen Zeitplan für die Umlaufzeiten (die Zeit vom Beginn einer Grünphase bis zum nächsten Beginn der gleichen Grünphase). Melden Detektorstreifen unter der Fahrbahn aber zum Beispiel einen großen Andrang vor einer Ampel, so kann sich an dieser einen Ampel auch spontan die Grünphase verlängern.

Jedes System hat seine Vorteile

Für seine Dissertation hat Thomas Wietholt zehn Straßenzüge getestet, deren Ampelanlagen mit diesen beiden Steuerungsverfahren arbeiten. Per numerischer Optimierung wurden neue festzeitgesteuerte Koordinierungen auf diesen Straßenzügen ermittelt. Mit Erfolg. In allen Fällen führte die Optimierung dazu, dass sich für die Autofahrer ein Qualitätsgewinn einstellte, zum Beispiel weniger Stopps. Die Überraschung war aber eine ganz andere: Im direkten Vergleich zwischen den verschiedenen Straßenzügen konnte der Oldtimer, die festzeitgesteuerte Methode, mehrmals gegenüber der modernen Technik punkten. Anhand dieser Ergebnisse hat Wietholt Kriterien aufgestellt, die dabei helfen können, das beste Verfahren für einen bestimmten Straßenzug auszuwählen. Auf Straßen, auf denen die Verkehrsbelastung relativ konstant ist, eignet sich so zum Beispiel die Festzeitsteuerung besser. Sind die Schwankungen groß oder die allgemeine Verkehrsbelastung auf einer Straße hoch, dann lohnt sich das verkehrsabhängige Verfahren.

Im Voraus prüfen

Thomas Wietholt folgert daraus: Verkehrsplaner sollten vor dem Neubau einer Ampelanlage genau überprüfen, welche Steuerungsart an der betreffenden Stelle am besten geeignet ist; Simulationsstudien können dabei hilfreich sein. Solche Vorab-Überlegungen finden zurzeit nur selten statt; in der Regel baut man ganz auf die moderne, verkehrsabhängige Steuerung.

Titelaufnahme

Wietholt, Thomas: Einsatzbereiche Grüner Wellen und verkehrsabhängiger Steuerungen, Schriftenreihe Lehrstuhl für Verkehrswesen, Ruhr-Universität Bochum 2009, Ausgabe Nr. 33, ca. 232 Seiten, ISSN 1437-8299. Die Arbeit wird voraussichtlich im März/April in der Schriftenreihe des Lehrstuhls erscheinen.

Weitere Informationen

Thomas Wietholt, Lehrstuhl für Verkehrswesen an der Ruhr-Universität Bochum, Tel. :0234-32-27597, Homepage des Lehrstuhls: http://www.rub.de/verkehrswesen

Redaktion: Sarah Ziegler

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Dr. Josef König idw

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