Schwere Bauteile schneller beschichten

Das PiP-Verfahren mit DARC-Technik wurde z. B. bei den Fräsen, Kaltrecyclern und Bodenstabilisierern der Firma Wirtgen in Windhagen eingesetzt. Quelle: WIRTGEN GmbH

Für ein Pulver-in-Pulver-Verfahren (PiP) zur Beschichtung schwerer Bauteile zeichnete das Fraunhofer IPA die Karl Wörwag GmbH & Co. KG mit dem ersten Platz beim Stuttgarter Oberflächentechnik-Preis »DIE OBERFLÄCHE 2016« aus. Das Unternehmen kombinierte mit dem Partner SLF-Oberflächentechnik die PiP-Methode mit der DARC-Technik und erzielte damit eine kürzere Prozessdauer bei hohem Korrosionsschutz. Zweiter wurde die CCT GmbH mit einer Dispersionsbeschichtung, die den Verschleiß an Gleitlagern im Motor reduziert. Platz drei belegte die Audi AG mit einer partiellen Mattierung, die Motive in Klarlack einarbeitet und somit individualisierte Fahrzeuge ermöglicht. Die Preisverleihung fand am 31. Mai auf der Fachmesse Oberfläche und Schichten (O&S) in Stuttgart statt.

Das Fraunhofer IPA vergibt den Stuttgarter Oberflächentechnik-Preis »Die Oberfläche« seit dem Jahr 2012. Ziel der Auszeichnung ist, innovative Anwendungen und Technologien der Oberflächentechnik zu würdigen und am Markt sichtbar zu machen. Der unabhängigen und fachübergreifenden Jury gehören Dr. Martin Metzner vom Fraunhofer IPA, Dr. Martin Riester vom VDMA Fachverband Oberflächentechnik und Dr. Michael Hilt von der Forschungsgesellschaft für Pigmente und Lacke e.V. an. Die Preisträger wählen sie anhand der Kriterien Innovationssprung, Nachhaltigkeit, Enabler-Qualitäten und industrieller Machbarkeit aus. Bei der diesjährigen Verleihung haben sich die Experten aus 15 Bewerbungen für die Einreichungen von Wörwag, CCT und Audi entschieden.

1. Platz
Karl Wörwag GmbH & Co. KG und SLF Oberflächentechnik: PiP-Verfahren mit DARC-Technik ermöglicht kurze Prozessdauer bei hohem Korrosionsschutz

Gemeinsam mit der SLF Oberflächentechnik hat die Karl Wörwag GmbH & Co. KG ein neues Verfahren entwickelt, mit dem schwere Bauteile effizienter beschichtet werden können. Dabei kombinierten sie die Pulver-in-Pulver-Methode (PiP) mit der DARC-Technik, die eine fünffach höhere Energieübertragung aufweist. Die Vorzüge der neuen Technologie – geringe Prozesskosten bei hohem Korrosionsschutz – konnten die Partner in einer Testreihe nachweisen. Hierfür wendeten sie die branchenüblichen Beschichtungsverfahren Nasslackierung und Pulverlackierung sowie die PiP-Technik am selben Bauteil an und stellten die Prozess- und Prüfdaten einander gegenüber. Die Nasslackierung führten sie dabei standardmäßig im Nass-in-Nass-Verfahren aus, die Pulverlackierung durch Zwischeneinbrennen im Konvektionsofen und bei der PiP-Technologie kam die DARCTechnik zum Einsatz. Der Vergleich zeigt deutlich, dass die PiP-Lackierung die niedrigsten Prozesskosten und -zeiten aufweist: Das Verfahren ist fast doppelt so schnell wie die Pulveranwendung mit Zwischeneinbrennen und mindestens viermal so schnell wie eine Nasslackierung, wobei der Nasslackaufbau nur eine Nacht zum Trocknen benötigt hat. Zusätzlich punktet die PiP-Anwendung mit C5-M-langen Korrosionsschutzwerten und einer exzellenten Wetterbeständigkeit. Die vielfach gesteigerte Effizienz lobte Jurymitglied Dr. Martin Riester in seiner Laudatio. »Die Reduzierung der Lösemittelemissionen, des Energieverbrauchs, des Platzbedarfs der Anlage, der Prozessschritte und der Prozesszeit haben Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit deutlich gesteigert. Das Verfahren ist industriell umgesetzt – damit ist die Machbarkeit demonstriert«.

2. Platz
CCT GmbH: Kupfer-SiO2-Dispersionsbeschichtung für weniger Verschleiß
an Gleitlagern

Gleitlager kommen in fast allen Motoren zum Einsatz. Hauptsächlich im Haupt- und Nebenstrang verbaut, haben sie die Aufgabe, bewegliche Bauteile innerhalb des Motors zu stützen, zu führen und ihnen eine nahezu verschleißfreie Drehbewegung zu ermöglichen. Da heutige Motoren immer leistungsstärker und wirtschaftlicher werden, müssen auch die Gleitlager stärkeren Belastungen standhalten. Darüber hinaus gilt es, die Reibung im Antriebsstrang zu reduzieren, und damit den Kraftstoffverbrauch und Emissionsausstoß zu senken. Um diesen Anforderungen standzuhalten, benötigt das Gleitlager eine Lagerlaufschicht mit strukturierter Oberfläche, die ein günstiges Einlaufverhalten gewährleistet. Die Laufschicht selbst muss ausreichend weich und duktil sein, damit sie Schmutzpartikel in die Lagerstelle aufnehmen kann. Gleichzeitig aber sollte das Lager eine sehr hohe Verschleißbeständigkeit bei niedriger Reibung aufweisen.

Die CCT GmbH hat eine neue Dispersionsschicht entwickelt, die dem Gleitlager diese Merkmale verleiht. Dafür werden verschleißfeste SiO2-Monospheren mit exakt definierter Geometrie und Größe in eine weiche Kupferschicht eingelagert. Die darin enthaltenen Festschmierstoffe verbessern das Gleitverhalten der Komponente. Eine definierte Oberflächenstruktur lässt sich einstellen, indem der SiO2-Partikeldurchmesser und die Dicke der Kupferschicht abgestimmt werden. Gleitlager mit dieser Beschichtung zeigen in tribologischen Untersuchungen sehr niedrige Reibwerte und einen nicht messbaren Verschleiß. Bei einer Reduzierung der Motorreibleistung um nur fünf Prozent besteht alleine bei den in Deutschland zugelassenen Kraftfahrzeugen ein Einsparpotenzial von 400 bis 600 Millionen Litern Kraftstoff. Laudator Dr. Martin Metzner betonte die Herausforderungen beim Entwicklungsprozess der Kupfer SiO2-Dispersionsbeschichtung für Gleitlager. »Wer sich in der Galvanotechnik auskennt, weiß, wie schwierig es schon sein kann, eine Partikelart in eine Metallschicht gleichmäßig einzubauen. Dies gilt umso mehr für zwei verschiedene Partikelarten«.

3. Platz
Audi AG: Partielle Mattierung macht Autos zu Unikaten

Konsumenten in der Automobilindustrie fragen zunehmend nach individualisierte. Fahrzeugen. Die Audi AG hat nun ein neues Verfahren entwickelt, das jedes Auto zum Unikat macht. Indem Logos, Schriftzüge oder Bilder mit der partiellen Mattierung in den Klarlack eingearbeitet werden, leuchten die Motive auf dem Fahrzeug hervor. Erstmals eingesetzt wird die Technik beim Audi R8 ab Juni 2016.

Das Prinzip ist einfach: An der gewünschten Stelle wird der ursprünglich glatte Klarlack stark angeraut. Dadurch ergibt sich eine diffuse Lichtstreuung und die Stellen erscheinen matt. Fällt hingegen Licht ein, stechen die behandelten Partien besonders hervor. Um diese Idee in die Praxis umzusetzen, hat die Audi AG in jahrelanger Projektarbeit eine spezielle Art des Partikeleinstrahlens modifiziert und weiterentwickelt. Dabei wurden die Prozessführung sowie die Strahlparameter optimiert. Die Testreihe hat das Unternehmen mittlerweile erfolgreich abgeschlossen. Nach dem Startschuss beim Audi R8 soll die Technologie bei weiteren Modellen eingesetzt werden. »Audi hat gezeigt, dass offenbar ausgereifte Verfahren wie das Strahlen von Oberflächen immer noch für Überraschungen gut sind und einen Beitrag zum Megatrend ‚Personalisierung‘ leisten können. Mit hohem Aufwand wurde die Technologie ausgewählt und bis zu einem Stadium optimiert, das den hohen Ansprüchen der Serienfertigung in der Automobilindustrie gerecht wird«, hob Dr. Michael Hilt in seiner Laudatio hervor.

Pressekommunikation
Jörg-Dieter Walz | Telefon +49 711 970-1667 | presse@ipa.fraunhofer.de | Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA | Nobelstraße 12 | 70569 Stuttgart

Fachlicher Ansprechpartner
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