Münstersches Forscherteam etabliert neues Verfahren zur Cannabis-Analyse

Cannabis sativa gehört zu den bekanntesten rauschhaften Drogen der Welt. Der Anbau und Besitz von Hanfpflanzen und der Handel damit ist in Deutschland verboten – dennoch hat laut der Drogenbeauftragten der Bundesregierung etwa ein Drittel aller 18- bis 25-jährigen bereits Haschisch konsumiert.

Forscher der Universität Münster unter der Leitung von Dr. Stephan Köhnemann vom Institut für Rechtsmedizin haben nun ein molekulargenetisches Untersuchungsverfahren für Cannabis entwickelt. Dieses hilft den Ermittlungsbehörden bei der Aufdeckung von Handelsrouten sowie der Zuordnung von Marihuana-Funden zur jeweiligen Anbauplantage.

Der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) ist verstärkt im Drogenhanf enthalten, dessen Blüten getrocknet und dann entweder geraucht oder zum Beispiel in Form von Keksen konsumiert werden. „Die Cannabis-Pflanze wird durch Samen oder Stecklinge gezüchtet – dabei sind alle Pflanzen, die von einer Mutterpflanze durch Stecklingsvermehrung herangezogen werden, genetisch identisch“, erläutert Dr. Stephan Köhnemann die Voraussetzungen für das von ihm geleitete Projekt in der Abteilung für forensische Molekulargenetik am Institut für Rechtsmedizin. Dabei weisen verschiedene Bereiche der Pflanze, wie Wurzel, Stängel, Blätter und Blüten, identische DNA-Merkmale auf, sodass die Untersuchung dieser Pflanzenteile Hinweise auf eine Zusammengehörigkeit geben kann. „Mit der von uns entwickelten Analysemethode ist es zum Beispiel möglich, die Wurzelreste einer Plantage, die auch von legalen Kulturpflanzen stammen könnten, einem Marihuanafund zuzuordnen“, berichtet Köhnemann.

Das Cannabis-Projekt des studierten Biochemikers, der seit knapp drei Jahren stellvertretender Bereichsleiter für Molekulargenetik am Institut für Rechtsmedizin der Universität Münster ist, läuft seit 2010. „Neben vielen Studierenden, die hier ihre Bachelor- oder Masterarbeiten schreiben oder auch promovieren, arbeiten auch internationale Forscher, beispielsweise von der Universität Bilbao in Spanien, am Projekt mit“, so Köhnemann. Mit Hilfe der Ergebnisse anderer Forschungen hat die münstersche Arbeitsgruppe molekulargenetische Untersuchungsverfahren für viele verschiedene Cannabis-STRs (englisch für Short Tandem Repeats) entwickelt. „Dabei haben wir STR-DNA-Merkmale, also sich wiederholende DNA-Einheiten, die bei geklonten Pflanzen identisch mit denen des Herkunftsorganismus sind, identifiziert“, berichtet Köhnemann.

Durch die massenhafte Vermehrung der DNA im Labor mit Hilfe einer Polymerasekettenreaktion (PCR) haben die Forscher erstmals viele solcher vergleichbaren DNA-Systeme, die bisher meist nur einzeln nachgewiesen wurden, in einem Nachweisansatz kombiniert. „Die von uns entwickelte Multiplex-PCR-Methode ist sehr zuverlässig und einfach zu handhaben. Zudem benötigen wir nur sehr wenig Material, pflanzliche Bruchstücke genügen schon. In kurzer Zeit kann sie auf sehr viele Proben angewendet werden und rasch Ergebnisse liefern“, so Köhnemann. Nach der Überprüfung im Labor wurde das Verfahren in mehreren Vorträgen und Publikationen der Fachwelt vorgestellt. Inzwischen setzt die Polizei es auch bereits bei Fallermittlungen ein.

Die molekulargenetischen Befunde von Pflanzenteilen geben der Polizei einen wichtigen Herkunftshinweis, zum Beispiel, ob Drogenmaterial von einer bestimmten Cannabisplantage stammen kann oder nicht. „Außerdem könnte durch den Nachweis von Klonen an mehreren Tatorten in Deutschland auch auf Verbindungen zwischen Plantagen und etwaige Verkaufswege geschlossen werden“, schildert Köhnemann. Die neue Analysemethode wird bislang nur von Köhnemann und seinem Team in Münster durchgeführt.

Redaktion:

Dr. Thomas Bauer
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Fachbereich Medizin / Dekanat
Referat Presse & Public Relations
Tel: 0251 83-58937
E-Mail: thbauer@uni-muenster.de

Literaturhinweis:

Köhnemann S. et al.: The validation of a 15 STR multiplex PCR for Cannabis species. Int J Legal Med. 2012 Jul;126(4):601-6. doi: 10.1007/s00414-012-0706-6. Epub 2012 May 10.

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Dr. Christina Heimken idw

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