Es geht auch aufwärts. Neues Hochleistungsverfahren zur Biogaserzeugung aus Nachwachsenden Rohstoffen

Die derzeit in der Landwirtschaft üblichen Biogasanlagen sind in der Regel für die Vergärung von flüssiger Gülle ausgelegt. Sie eignen sich nur bedingt für Nachwachsende Rohstoffe (NawaRos), denn diese strukturreichen Stoffe neigen dazu, eine Schwimmdecke im Fermenter zu bilden.

Während üblicherweise das Aufschwimmen von Feststoffen durch Rühren mit hohem energetischen Aufwand verhindert werden muss – bis zu 10 % der produzierten Energie werden hierfür benötigt -, nutzt das am Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim neu entwickelte Aufstromverfahren diesen Vorgang gezielt zur Steigerung der Produktivität und Energieeffizienz.

Zentraler Bestandteil des zweistufigen neuen Verfahrens ist der aufströmend betriebene Feststoffreaktor. Die zu vergärenden Stoffe werden diesem Reaktor kontinuierlich unten zugeführt und als fester Gärrest am oberen Ende entnommen. Gasbläschen, die bei der Biogasbildung entstehen, lagern sich an den Oberflächen der Feststoffe an und bewirken so auf natürliche Weise das Aufströmen. Aufgrund der fehlenden Durchmischung bildet sich im Reaktor neben der festen Phase auch eine Flüssigphase – weitgehend frei von Feststoffen. Die Flüssigkeit wird zunächst aufwärts durch die festen Substratbestandteile geführt, wo sie sich mit flüchtigen Fettsäuren anreichert, bevor sie in einen zweiten Reaktor geleitet wird. In diesem Hochleistungsreaktor mit aufkonzentrierter Bakterienmasse werden die Fettsäuren effektiv zu Biogas abgebaut. Gleichzeitig nimmt die zirkulierende Prozessflüssigkeit überschüssige Bakterien mit, die dann auch im Feststoffreaktor für eine beschleunigte Biogasbildung sorgen.

Wie Versuche im kleintechnischen Maßstab zeigen, kann der Durchsatz gegenüber konventionellen Anlagen bei gleicher Gasausbeute zumindest um den Faktor zwei bis drei gesteigert werden. Bei deutlich reduziertem Eigenstromverbrauch verspricht diese Reaktor-Kombination eine beträchtliche Zunahme der Produktivität und Stabilität und ermöglicht eine einfache und präzise Steuerung des Prozesses. Eine Prozessüberlastung ist praktisch ausgeschlossen.

Das Verfahren wurde zum Patent angemeldet. Auf dem Weg zur Marktreife hat das ATB als nächsten Entwicklungsschritt eine Erprobung im 10 m³-Maßstab vorgesehen.

Das Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB) zählt zu den führenden agrartechnischen Forschungseinrichtungen in Europa. Die Erzeugung und die Nutzung von Biomasse – nicht nur für die CO2-neutrale Energiegewinnung sondern auch zur stofflichen Verwertung – einschließlich der ökonomischen und ökologischen Bewertungen, sind langjährige Schwerpunkte der Forschungsarbeiten am ATB. Dabei geht es stets um die Betrachtung vollständiger Wertschöpfungsketten: vom Rohstoff bis zum Produkt bzw. vom Feld bis zum Tank.

Kontakt:
Dipl.-Ing. Jan Mumme, Bioverfahrenstechnik
Tel: (0331) 5699-121, E-Mail: jmumme@atb-potsdam.de
Helene Foltan, Öffentlichkeitsarbeit
Tel: (0331) 5699-820, E-Mail: hfoltan@atb-potsdam.de

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Helene Foltan idw

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