Trinkwasserqualität aus Regenwasser

Am 12. Oktober 2006 wird im baden-württembergischen Knittlingen bei Pforzheim eine vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) in Stuttgart entwickelte neuartige Wasserinfrastruktur offiziell in Betrieb genommen. Zusätzlich zur klassischen Trinkwasserleitung aus dem örtlichen Wasserwerk führt eine separate Ringleitung mit modernster Filtertechnik aufbereitetes Regenwasser in die Haushalte.

Darüber hinaus wird das Abwasser des Neubaugebietes zusammen mit Küchenabfällen semi-dezentral mit fortschrittlicher Anaerobtechnik gereinigt, wobei die Inhaltstoffe des Abwassers nahezu vollständig verwertet werden. Das Projekt mit dem Namen DEUS 21 (Dezentrales urbanes Infrastruktursystem) wird vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und mit dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe, dem Institut für Siedlungswasserwirtschaft der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen http://www.isa.rwth-aachen.de sowie neun Industriepartnern realisiert.

Das Regenwasser der gesamten Wohnsiedlung wird über eigene Regenwasserkanäle zentral in 300 Kubikmeter fassenden unterirdischen Regenwasserzisternen gesammelt. Daraufhin wird das Wasser mit Rotationsscheibenfiltern aufbereitet. „Die feinen Poren der keramischen Membranfilterscheiben sind im Mittel 0.06 Mikrometer groß – kleiner als Bakterien und Viren“, erläutert Walter Trösch vom IGB. Das gefilterte Regenwasser sei somit Keimfrei und erreiche die Bewohner als Pflegewasser, das die Anforderungen der Trinkwasserverordnung erfüllt. Es könne zum Waschen und Duschen, zum Geschirrspülen, für die Toilettenspülung oder zur Gartenbewässerung genutzt werden, wie der Wissenschaftler auf Nachfrage von pressetext erklärt. Hinzukommender Vorteil sei, dass Regenwasser besonders weich ist. Entkalkungsmittel für Spül- und Waschmaschine sowie Weichspüler für die Wäsche werden dadurch überflüssig.

Das Abwasser der Haushalte wird zusammen mit dem Biomüll über eine Vakuumkanalisation der Abwasserreinigungsanlage zugeführt. Die Vakuumleitungen sind viel dünner als übliche Abwasserleitungen und dadurch kostengünstiger und ressourcenschonend. Die Abwasserreinigungsanlage besteht aus einem etwa 2,5 Kubikmeter fassenden Bioreaktor, der anaerob – unter Ausschluss von Luftsauerstoff und bei niedrigen Temperaturen – betrieben wird. „Das ist eine Weltneuheit, denn herkömmliche Kläranlagen nutzen aerobe Biologie für die Endreinigung des Abwassers“, erklärt Trösch. Anaerobe Mikroorganismen bilden weniger Biomasse als aerobe und produzieren Biogas, ein Gemisch aus Methan und Kohlendioxid. „So entsteht praktisch kein Schlamm aber Biogas als regenerativer Energieträger, der die Anlage kostensparend mit Strom und Wärme versorgt.“ Überschussstrom kann in das Versorgungsnetz eingespeist werden.

Das gereinigte Abwasser enthält nur noch Phosphat und Ammoniumstickstoff. „Nährstoffe, die wir als wertvolle Düngemittel aufbereiten“, erklärt Trösch. Das verbleibende Abwasser erfüllt Badewasserqualität und kann direkt in einen Fluss eingeleitet, zur Bewässerung genutzt werden oder versickert einfach. In den kommenden zwei Jahren soll die Anlage für den Betrieb in der Praxis optimiert werden. Das Konzept eignet sich auch gut für regenarme Regionen und Entwicklungsländer, die oft noch keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und eine angemessene Abwasserentsorgung haben.

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Reanne Leuning pressetext.deutschland

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