Die Himmelsscheibe von Dresden

Vollmond oder Sichel? In exklusiven Armbanduhren zeigen Mondscheiben zu jeder Tageszeit an, in welcher Phase sich unser Trabant gerade befindet. Sächsische Forscher verwenden ein Beschichtungsverfahren, um die schmucken Scheiben noch brillanter strahlen zu lassen.

Als weltweit älteste konkrete Darstellung des Weltalls gilt die Himmelsscheibe von Nebra. Die darauf abgebildeten Monde, Sterne und Horizontbögen nennen Fachleute Tauschierungen. Mit einer in der Bronzezeit auftretenden Einlegetechnik wurden entsprechend geformte Plättchen aus unlegiertem Goldblech in die großflächigen Vertiefungen der Bronzeplatte eingehämmert. Moderne, aber viel kleinere Varianten findet man als Mondscheiben in exklusiven mechanischen Uhren. Sie zeigen auch tagsüber die jeweilige Phase unseres kosmischen Nachbarn in einem Fenster des Zifferblatts an.

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden haben gemeinsam mit der Uhrenmarke A. Lange & Söhne im rund 40 Kilometer südlicher gelegenen Glashütte eine Technik eingesetzt, die die Farbe der Mondscheiben noch brillanter erscheinen lässt. „Üblicherweise erhalten die Scheiben eine Schicht, die Farbpigmente enthält“, erklärt Michael Panzner, Mitarbeiter in der Gruppe Mikrobearbeiten / Reinigen. „Wir dagegen beschichten die Goldscheiben mit amorphem, also nicht kristallinem Kohlenstoff, der jedoch auch viele Diamantbindungen enthält.“ Dazu setzen die Forscher das Laser-Arco®-Verfahren ein: Ein gepulster Laser initiiert eine elektrische Bogenentladung, die Material aus einer Kohlenstoffwalze herauslöst. Die kontrolliert auf der Scheibe aufwachsende Schicht muss am Ende überall gleich dünn sein, um dem Auge gleichmäßig blau zu erscheinen. Doch wie kann ein farbloses Material tiefblau aussehen? Licht wird am oberen und am unteren Rand der transparenten Schicht reflektiert. Durch Interferenz löschen sich alle Wellenlängen gegenseitig aus – bis auf die für blau. Andere Farben können die Forscher einfach über die Dicke der Schicht einstellen. Ein weiterer Vorteil, der besonders bei anderen Anwendungen zum Tragen kommt: Das Material ist superhart und sehr kratz- und verschleißfest. Deshalb werden mit ihm sonst Werkzeuge beschichtet – etwa die Schneiden von Bohrern.

Um die Mondscheibe weiter zu verzieren, arbeiten die Forscher in den blauen Nachthimmel Sterne und Sternbilder ein. Dazu bestrahlen sie die beschichtete Scheibe durch eine Maske mit einem anderen Laser. Nur in den belichteten Bereichen trägt der Strahl die Schicht wieder ab. Die Strukturen vertiefen sich gleichmäßig und golden glänzende Sterne erscheinen. Von der Armbanduhr DIE GROSSE LANGE 1 „Luna Mundi“ wurden zwei Modelle mit Scheiben aus Weiß- und Rotgold gebaut. Zwei verschiedene müssen es sein, denn der Mond erscheint auf der Südhemisphäre der Erde gegenüber dem Norden umgekehrt.

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Dr. Johannes Ehrlenspiel idw

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