Winziger Drucksensor als Schlüsselbaustein für die Mikroreaktionstechnik

In der chemischen Industrie bahnt sich eine kleine Revolution an: Künftig könnten Produkte nicht mehr in großen Rührkesseln, sondern in winzigen Anlagen mit haardünnen Kanälen und ebenso schmalen Reaktionskammern hergestellt werden. Siemens-Forscher haben für diese Technik einen Miniatursensor entwickelt, der gleichzeitig Druck und Temperatur misst. Wie das Forschungsmagazin Pictures of the Future (www.siemens.de/pof) berichtet, wurde damit ein Schlüsselbaustein für den industriellen Betrieb der Mikroreaktionstechnik geschaffen.

Die Miniaturisierung hätte für die Industrie zahlreiche Vorteile: Unternehmen wären mit kleineren Anlagen wesentlich flexibler und hätten zugleich größeren Investitionsschutz. Denn der Umbau auf ein anderes Produkt wäre schneller möglich, es gäbe keine Fehlinvestitionen in große Anlagen. Geringere Mengen an Ausgangsstoffen bedeuten auch geringere Gefahren, da es fast immer von der Menge abhängt, ob Gemische zu große Wärme entwickeln. Reaktionen mit kleinen Mengen sind zudem besser zu steuern und liefern damit mehr erwünschte Chemikalien und weniger Nebenprodukte. Experten gehen davon aus, dass Mikroreaktoren ab 2005 in größerem Maßstab in der Industrie im Einsatz sind. Siemens beteiligt sich an einem vom Bundesforschungsministerium mitfinanzierten Projekt, das Mikroreaktionssysteme reif für die Praxis machen soll. Bis Mitte 2003 wollen die Partner ein System bauen, das eine modulare Mikrofluidik für die Versorgung mit Ausgangsstoffen enthält, sowie eine integrierte Sensorik, Analytik und automatisierte Prozessleittechnik.

Siemens-Wissenschaftler in Berlin entwickelten dafür einen Sensor, dessen druckempfindliche Membran nur einen Durchmesser von rund einem Millimeter hat. Die Membran gibt den Druck über einen Stempel an eine elektrisch leitende Struktur weiter. Deren Widerstand verändert sich dabei und liefert ein der Druckdifferenz proportionales Signal. Der Vorteil gegenüber bisherigen Minisensoren: Das Bauteil kann direkt in den Reaktor integriert werden und besitzt keine Ritzen, in denen Chemikalien haften können, die dann spätere Reaktionen stören könnten. Der Sensor besteht aus zwei Siliziumteilen, die gebondet sind. Das so genannte Direktbonden ist eine Art Kleben, wobei das Silizium mit Chemikalien vorbehandelt wird. Dabei lagern sich auf der Oberfläche Hydroxid-Moleküle ab. Beim Zusammenpressen haften die Teile über Wasserstoffbrücken aneinander, erst beim Erhitzen auf etwa 1000 Grad Celsius entsteht eine nahtlose und untrennbare Verbindung. Sind zusätzliche Metalle im Spiel, darf die Temperatur aber nicht zu hoch gewählt werden, da sonst Metallatome in die Siliziumschicht wandern und die Empfindlichkeit des Sensors verschlechtern. Die Siemens-Forscher haben die Klebetechnik zur Perfektion gebracht. Sie kommen heute mit nur 250 Grad Celsius aus, was noch komplexere Bauteile ermöglicht.

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Norbert Aschenbrenner Siemens

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