Lebende Zellen manipulieren, ohne sie zu zerstören

Berichten in der heutigen Nature-Ausgabe über eine neue Technik des DNA-Transfers, PD Dr. Karsten König (l.) und Dr. Uday K. Tirlapur von der Universität Jena

Forscher der Universität Jena entwickeln neue Lasertechnik für gezielten DNA-Transfer

DNA von einer Zelle in eine andere zu transferieren, ist nicht nur Grundlage des Klonens und von künstlicher Befruchtung. Seit Jahren versuchen Mediziner und Biotechnologen weltweit, neue Techniken zur Modifikation der Erbinformation zu etablieren. Damit sollen Gentherapien und ähnliche biotechnologische Veränderungen durchgeführt werden. Wie ein solcher Gentransfer mit Hilfe eines spezifischen Lasers gekoppelt mit einem Multi-Photonen-Mikroskop durchgeführt werden kann, ohne die lebende Zelle zu schädigen, haben jetzt Forscher der Friedrich-Schiller-Universität Jena vorgestellt. Dr. Uday K. Tirlapur und PD Dr. Karsten König vom Zentrum für Lasermikroskopie des Jenaer Uni-Klinikums beschreiben dies in ihrem Beitrag „Gezielte DNA-Übertragung durch Femtosekundenlaser“ (Targeted transfection by femtosecond laser), der heute (18.07.) in der neuesten Ausgabe der international renommierten Fachzeitschrift „Nature“ (Vol. 418, S. 290-291) erscheint.

König und Tirlapur aus dem Uni-Institut für Anatomie II haben bei ihren Forschungen ermittelt, wie fremde DNA-Stücke in eine lebende Säugetierzelle eingesetzt werden können, ohne diese zu zerstören. Die Zellen entwickelten sich in Mikroskop-Zellkammern, in denen die Versuche durchgeführt wurden, normal weiter. Das Innovative an der Jenaer Methode: Die Wissenschaftler benutzten einen Nahen Infraroten (NIR) Femtosekundenlaser mit einer Wellenlänge von 800 Nanometer. Dieser NIR-Laser schneidet in die Zellhaut für den Bruchteil einer Sekunde (16 Millisekunden) ein kleines Loch, das sich kurz danach von selber wieder schließt. Durch diese Perforation gelangen die DNA-Fragmente in die Zelle und lagern sich an der vorbestimmten Stelle an.

Die Zelle wird dann programmiert, bestimmte neue Proteine zu produzieren. Gezeigt wird dies von Tirlapur und König durch den Einsatz eines EGFP-Gens, welches ein grün fluoreszierendes Protein kodiert. Dieses bereits bekannte „Reporter-Gen“, das nach Kontakt mit Licht grün leuchtet, führt die Forscher durch seinen Farbwechsel zur richtigen Stelle und beweist den Erfolg des DNA-Transfers. „Unser Laserverfahren ist besser als die bisher eingesetzten Nanosekunden-gepulsten UV-Laser-Techniken“, sagt Dr. Tirlapur selbstbewusst, „da die Zelle weder im Wachstum noch in der sonstigen Entwicklung gestört wird.“ Auch den Einsatz des Femtosekundenlasers hält der gebürtige Inder, der seit fünf Jahren an der Universität Jena arbeitet, für die beste Technik, da die Überlebensrate der manipulierten Zellen beim Einsatz anderer Laser deutlich geringer ist.

Noch müssen die Jenaer Wissenschaftler allerdings individuell ansetzen. Doch gemeinsam mit der Jenaer Hightech-Firma „JenLab GmbH“ arbeiten die Uni-Forscher an einer Automatisierung des Systems. Das würde es ermöglichen, in kurzer Zeit große Zellzahlen zu transferieren.

Dafür existiert ein riesiger Markt, denn die Einsatzmöglichkeiten der neuen Technik sind vielfältig: in der Zell- und Molekularbiologie ebenso wie bei der Entwicklung neuer Impfstoffe, in der Gentherapie und der Dermatologie. Gerade Störungen der Haut könnten in Zukunft durch eine Gentherapie mit der Jenaer Technik behandelt werden. Und auch für Stammzelltherapien kann das Verfahren eingesetzt werden. Dann lassen sich bewusst – sogar erwachsene (adulte) – Stammzellen in verschiedene Zelltypen differenzieren. Aber bis zum Einsatz in der Medizin „sind größere Anstrengungen und finanzielle Mittel notwendig“, sagt Dr. König. „Daher wird es noch eine Weile dauern“, weist Dr. Tirlapur auf den Forschungsstatus ihrer Arbeit hin. Die beiden Forscher wollen die Methode zudem in Zukunft auch für den Pflanzenbereich modifizieren und für die Entwicklung funktioneller Lebensmittel einsetzen.

Doch zunächst ist Dr. Tirlapur damit beschäftigt, die zahlreichen Journalisten- und Kollegenanfragen aus der ganzen Welt zu beantworten. Die Flasche Champagner wird außerdem noch eine Weile auf ihr Öffnen warten müssen, bis Karsten König von einem Forschungsaufenthalt aus den USA zurückgekehrt ist, wo er erfreut die Nachricht von der Veröffentlichung des Nature-Beitrags erhalten hat.

Kontakt: PD Dr. Karsten König Leiter Zentrum für Lasermikroskopie E-Mail: kkoe@mti-n.uni-jena.de Dr. Uday K. Tirlapur E-Mail: utir@mti-n.uni-jena.de

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Axel Burchardt idw

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