Wenn jede Minute zählt: Neue Perspektiven im Kampf gegen die tödliche Sepsis

Pro Jahr entwickeln rund 180.000 Menschen in Deutschland eine Sepsis, umgangsprachlich auch als Blutvergiftung bezeichnet – rund ein Drittel der Patienten stirbt trotz moderner intensivmedizinischer Versorgung an den Folgen der außer Kontrolle geratenen Infektion.

Anlässlich des Welt-Sepsis-Tages veranstaltet die Universitätsklinik für Anästhesiologie Heidelberg am 10. September 2014 ein Fachsymposium: International renommierte Experten diskutieren neue Diagnoseverfahren, Fortschritte in der Therapie und aktuelle Forschungsergebnisse. Journalisten sind herzlich eingeladen, an dem Symposium teilzunehmen.

Seit 2012 findet am 13. September der Welt-Sepsis-Tag statt. Er soll mit Symposien und Informations-Kampagnen die Aufmerksamkeit aller Berufsgruppen aus dem medizinischen Bereich sowie der breiten Öffentlichkeit auf diese schwere und oftmals tödlich endende Erkrankung lenken. Ziel ist es, für Frühsymptome der Sepsis – dazu gehören Fieber, Herzrasen und Schüttelfrost z.B. nach einer Verletzung oder Operation, aber auch bei Zahnentzündungen – zu sensibilisieren. Denn die Sepsis ist ein Notfall. Jede Verzögerung kann Leben kosten.

Entzündungen und Schockzustand führen zu Organversagen

Die Sepsis – in Deutschland die dritthäufigste Todesursache, auf den Intensivstationen sogar die häufigste – entwickelt sich infolge schwerer Erkrankungen wie beispielsweise einer Lungenentzündung, infizierten Verletzungen oder nach großen Operationen. Gefährdet sind vor allem schwerkranke Patienten auf Intensivstationen und Menschen mit geschwächtem Immunsystem: Ihre körpereigene Abwehr reagiert auf eine Infektion nur verzögert; ausgehend vom Krankheitsherd können sich die Erreger daher im ganzen Körper ausbreiten. Doch dann kommt es innerhalb kürzester Zeit überall zu heftigen Entzündungsreaktionen: Der gesamte Körper sowie die inneren Organe schwellen an, der Kreislauf kollabiert und der Organismus gerät in einen Schockzustand, die Blutgerinnung wird überaktiv und die Adern verstopfen. Schließlich versagen Nieren, Leber, Lunge und Herz.

„Heidelberg Sepsis Pathway“ erleichtert richtiges Handeln unter Zeitdruck

Zeit Abzuwarten bleibt nicht: Nur wenn Pflegende und Ärzte die Sepsis schnell erkennen und sofort richtig reagieren, können sie den Patienten vor bleibenden Schäden oder Schlimmerem bewahren. Dabei hilft der „Heidelberg Sepsis Pathway“ – eine Therapieempfehlung mit Checklisten, die das Team der Anästhesiologischen Universitätsklinik nach internationalen Behandlungsleitlinien erarbeitete und die kontinuierlich auf den aktuellen Stand der Forschung gebracht wird. Der Leitfaden schafft Sicherheit und verhindert, dass im Notfall und unter Zeitdruck etwas übersehen oder zu spät in die Wege geleitet wird. Er wird in mehreren Kliniken in Deutschland erfolgreich angewendet.

„Unverzichtbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung der Sepsis ist außerdem ein hervorragend geschultes und eingespieltes Team“, sagt Professor Dr. Stefan Hofer, Stellvertretender Ärztlicher Direktor der Anästhesiologischen Universitätsklinik Heidelberg und Mitorganisator der Tagung. Die enge fachübergreifende Zusammenarbeit erfahrener Anästhesisten, Chirurgen, Mikrobiologen, Apotheker, Radiologen und Intensivpflegekräften macht das Universitätsklinikum Heidelberg zu einem deutschlandweit führenden Zentrum in der Behandlung der Sepsis.

Bekanntes Medikament gegen Vergiftungen stoppt Entzündungsreaktionen bei Sepsis

Ein Schwerpunkt des Zentrums ist die Erforschung neuer Therapiestrategien. Bisher stehen nur wenige Medikamente zur Verfügung, die das Fortschreiten der Sepsis so lange aufhalten, bis die Keime identifiziert und die passenden Antibiotika verabreicht werden können. In einer nun angelaufenen Studie testen die Heidelberger Wissenschaftler das Medikament „Anticholium“, das ursprünglich zur Behandlung von Vergiftungen zugelassen wurde. Vorarbeiten in Heidelberg zeigten, dass das Medikament die überschießende Entzündungsreaktion effektiv unterbricht. „Zudem hat Anticholium ein überschaubares Nebenwirkungsprofil und wir wissen dank der bereits bestehenden Erfahrung genau, in welchen Fällen wir das Medikament ohne Risiko für den Patienten einsetzen können“, sagt Professor Hofer.

Anticholium – der Name des Wirkstoffs lautet Physostigmin – verhindert, dass ein wichtiger Botenstoff des vegetativen Nervensystems abgebaut wird, und drosselt damit indirekt die Ausschüttung entzündungsfördernder Stoffe, der Zytokine. Gelangen weniger dieser Zytokine in die Blutbahn, bleibt die Entzündung lokal begrenzt und damit unter Kontrolle. Im Tierversuch erwies sich Anticholium ebenso wirksam wie gängige Therapien bei gleichzeitig weniger Nebenwirkungen. Außerdem ist die Behandlung deutlich kostengünstiger als andere Therapien.

Informationen im Internet:
Anästhesiologische Universitätsklinik Heidelberg:
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Willkommen.135358.0.html

Programm des Symposiums am 10. September 2014:
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/pressestelle/VK/2014/3_Jul_Sep/7…

Ansprechpartner:
Professor Dr. Stefan Hofer
Anästhesiologische Universitätsklinik Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 37 787
E-Mail: stefan.hofer@med.uni-heidelberg.de

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang

Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit ca. 2.200 Betten werden jährlich rund 116.000 Patienten voll- bzw. teilstationär und rund 1.000.000 mal Patienten ambulant behandelt. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.500 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg.

www.klinikum.uni-heidelberg.de

Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Leiterin Unternehmenskommunikation / Pressestelle
des Universitätsklinikums Heidelberg und der
Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 56-4536
Fax: 06221 56-4544
E-Mail: annette.tuffs@med.uni-heidelberg.de

Julia Bird
Referentin Unternehmenskommunikation / Pressestelle
des Universitätsklinikums Heidelberg und der
Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 56-7071
Fax: 06221 56-4544
E-Mail: julia.bird@med.uni-heidelberg.de

Diese Pressemitteilung ist auch online verfügbar unter
www.klinikum.uni-heidelberg.de/presse

Besuchen Sie das Universitätsklinikum Heidelberg auch bei:
Facebook: http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/facebook
Twitter: http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/twitter
Youtube: http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/youtube

Media Contact

Dr. Annette Tuffs idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Veranstaltungsnachrichten

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer