Viszeralmedizin 2010: Frühe Magenoperation bei Diabetes Typ 2 erhöht Chance, auf Insulin zu verzichten

Wie Studien jetzt bestätigen, hält dieser Effekt auch fünf Jahre nach der Operation noch an. Ärzte fanden zudem heraus: Der Blutzucker normalisiert sich eher bei Patienten, die zuvor weniger als zehn Jahre erkrankt waren und ihren Blutzucker vor der Operation gut eingestellt hatten.

Über neue Studienergebnisse diskutieren Experten im Rahmen der Fachtagung Viszeralmedizin vom 15. bis 18. September 2010 im ICS Stuttgart.

Erste Ergebnisse von operierten normalgewichtigen Diabetikern zeigen, dass sich dadurch auch bei ihnen der Blutzucker normalisiert. „Das Ergebnis ist beeindruckend: Mehr als 90 Prozent der normalgewichtigen Operierten benötigten auch zwei Jahre danach kein Insulin oder blutzuckerregulierende Medikamente mehr“, betont Professor Dr. med. Markus Büchler, Tagungspräsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV).

Chirurgische Eingriffe am Magen könnten, so Büchler, die bisher lebenslangen Therapien mit Medikamenten ersetzen und damit Folgeerkrankungen und Kosten senken. Allerdings sei man hier noch am Anfang: „Um die Diabeteschirurgie als Standard neben Insulin und anderen Antidiabetika einzusetzen, sind weitere Studien erforderlich“, so Büchler, der Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Universität Heidelberg, ist.

Der Magenbypass gilt derzeit als die effektivste Operationsmethode in der Diabeteschirurgie. Weshalb sich die Blutzuckerkrankheit dadurch verbessert, ist noch weitgehend ungeklärt. Ärzte schließen bei dem Verfahren den Magen, den Zwölffingerdarm und einen Teil des Dünndarms aus der Magen-Darm-Passage aus. Die Aufgabe dieses „umgangenen“ Darmabschnittes ist es, Kohlenhydrate und Fette aufzuspalten, damit die Darmwand sie aufnehmen und weiterverarbeiten kann. „Ist dies nicht möglich, laufen bestimmte hormonelle Vorgänge ab, die eine antidiabetische Wirkung zu haben scheinen“, erläutert Büchler. Die infolge des kurzgeschlossenen Darms auftretenden hormonellen Veränderungen trügen auch dazu bei, dass Patienten schneller satt sind und weniger Hunger haben.

Forscher gehen davon aus, dass operative Eingriffe am Magen, wie zum Beispiel der Magenbypass, weitere hormonelle Veränderungen verursachen: In der schwedischen SOS Studie, worin sich 2 010 übergewichtige Patienten einer Magenoperation unterzogen, hat sich bei operierten Frauen unter anderem das Krebsrisiko verringert. Die Mediziner vermuten, dass dies mit dem Rückgang von hormonell bedingten Krebsarten wie Brustkrebs oder Eierstockkrebs zu erklären ist. Genauere Erkenntnisse gibt es hierzu noch nicht.

Eine Magenoperation führen Viszeralchirurgen üblicherweise bei stark übergewichtigen Menschen ab einem Body-Mass-Index über 35 durch. Deren Stoffwechsel ist derart entgleist, dass nur so dauerhaft ein Gewichtsverlust erreicht werden kann. Neben dem erwartbaren Gewichtsverlust beobachteten Ärzte eine erhebliche Verbesserung der Blutzuckerwerte. Über operative Verfahren adipöser Menschen und ob der Magenbypass für normalgewichtige Diabetiker ein neuer Therapiestandard sein könnte, diskutieren Chirurgen und Gastroenterologen auf der gemeinsamen Tagung Viszeralmedizin 2010 vom 15. bis 18. September in Stuttgart.

Quellen:
L. Sjöström et al. (for the Swedish Obese Subjects Study); Effects of bariatric surgery on cancer incidence in obese patients in Sweden (Swedish Obese Subjects Study): a prospective, controlled intervention trial; Lancet Oncol 2009; 10: 653–62

S. Kim, W. O. Richards: Long-Term Follow-up of the Metabolic Profiles in Obese Patients With Type 2 Diabetes Mellitus After Roux-en-Y Gastric Bypass; Annals of Surgery 2010; 251(6): 1049-1055

T. C. Hall et al.: Preoperative Factors Predicting Remission of Type 2 Diabetes Mellitus After Roux-en-Y Gastric Bypass Surgery for Obesity; Obesity Surgery: DOI 10.1007/s11695-010-0198-8

++++++Terminhinweise+++++++

Viszeralmedizin 2010
15. bis 18. September 2010
ICS Internationales Congresscenter Stuttgart, Messepiazza 1
Vorab-Pressekonferenz anlässlich des Kongresses Viszeralmedizin
Mittwoch, 8. September 2010, 11:30 bis 12:30 Uhr, Turmforum im Hauptbahnhof Stuttgart, Konferenzraum
Pressekonferenz anlässlich des Kongresses Viszeralmedizin
Donnerstag, 16. September 2010, 12:30 bis 13:30 Uhr, ICS Stuttgart, Messeclub
Interdisziplinäre Sitzung:
Therapie der Adipositas
Eines der Themen: Diabeteschirurgie bei Normalgewichtigen: Ein neues Konzept?
Donnerstag, 16. September 2010, von 15:00 bis 16:30 Uhr in Saal C 6.1,
ICS Stuttgart
Sitzung der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft für Adipositastherapie:
Patientenauswahl – Indikationen und Kontraindikation für Verfahren
Samstag, 18. September 2010, von 8:30 bis 9:30 Uhr, Saal C 1.2.1, ICS Stuttgart
Vorträge:
Adipositaschirurgie – Sind Single Port oder gar NOTES die günstigeren Alternativen? Pro und Contra

Donnerstag, 16. September 2010, 15:40 bis 16:00 Uhr, Saal C 1.2.1, ICS Stuttgart

Kontakt für Journalisten:
Beate Schweizer
Pressestelle Viszeralmedizin 2010
Pf 30 11 20, 70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-295, Fax: 0711 8931-167
Schweizer@medizinkommunikation.org

Media Contact

idw

Weitere Informationen:

http://www.viszeralmedizin.com

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Veranstaltungsnachrichten

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neues topologisches Metamaterial

… verstärkt Schallwellen exponentiell. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am niederländischen Forschungsinstitut AMOLF haben in einer internationalen Kollaboration ein neuartiges Metamaterial entwickelt, durch das sich Schallwellen auf völlig neue Art und Weise…

Astronomen entdecken starke Magnetfelder

… am Rand des zentralen schwarzen Lochs der Milchstraße. Ein neues Bild des Event Horizon Telescope (EHT) hat starke und geordnete Magnetfelder aufgespürt, die vom Rand des supermassereichen schwarzen Lochs…

Faktor für die Gehirnexpansion beim Menschen

Was unterscheidet uns Menschen von anderen Lebewesen? Der Schlüssel liegt im Neokortex, der äußeren Schicht des Gehirns. Diese Gehirnregion ermöglicht uns abstraktes Denken, Kunst und komplexe Sprache. Ein internationales Forschungsteam…

Partner & Förderer