Verführung in Millisekunden – Wenn der feste Wille unterliegt

Diese Erfahrung hat jeder schon einmal gemacht: Eigentlich hatte man sich fest vorgenommen, auf Süßes zu verzichten. Aber wenn die Schokoladentorte dann vor einem steht, greift man dennoch spontan zu.

Wissenschaftler sprechen in diesem Fall von „Momenten relativ geringer Willenskontrolle“, in denen im Millisekundenbereich ein Impuls messbar ist, der eine für die betroffene Person unbewusste Entscheidung auslösen kann. Im Rahmen einer Tagung im Internationalen Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg werden am 6. und 7. April 2009 namhafte Experten aus den USA, den Niederlanden, Belgien und Italien gemeinsam mit deutschen Forschern solchen automatischen Verhaltensmustern auf den Grund gehen.

„In jüngster Zeit wurden mit so genannten ,Impliziten Assoziationstests' diagnostische Verfahren entwickelt, die auf der Messung von Reaktionszeiten im Bereich weniger hundert Millisekunden basieren. Damit hofft man, derartige quasi spontane Entscheidungen vorherzusagen und ihnen gegebenenfalls entgegenzuwirken“, erklärt der Psychologe Dr. Matthias Blümke, der die Tagung organisiert hat und bereits seit mehreren Jahren zu diesem Thema forscht. So wird beispielsweise in einem klinisch orientierten Konferenzbeitrag der Frage nachgegangen, ob mithilfe des Assoziationstests exzessives alkoholisches Trinkverhalten im Voraus erkannt werden kann. „Aber auch mit unbegründet starken Ängsten – etwa vor Spinnen – kann damit möglicherweise besser umgegangen werden“, führt der Heidelberger Nachwuchswissenschaftler weiter aus, „und im Bereich der politischen Psychologie etwa hofft man, besser nachzuvollziehen, wie unentschlossene Wähler zu ihren Wahlentscheidungen gelangen.“

Auf der Konferenz im Internationalen Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg zu den Chancen und Risiken dieser Impliziten Assoziationstests werden die neuesten methodischen Entwicklungen vorgestellt. Neben der theoretischen Fundierung soll ein interdisziplinär erarbeiteter Kriterienkatalog für die Anwendung der Verfahren etabliert werden, um zukünftig zum Beispiel eine aussagekräftige Diagnostik automatischer Verhaltenskomponenten zu ermöglichen.

Dr. Matthias Blümke ist einer der Hengstberger-Preisträger 2008 – eine Auszeichnung, die die Universität Heidelberg jährlich an drei Nachwuchswissenschaftler bzw. -teams vergibt. Mit der Preissumme von 12 500 Euro sollen junge Forscher in die Lage versetzt werden, ein interdisziplinäres wissenschaftliches Symposion im Internationalen Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg durchzuführen. Die Auszeichnung richtet sich an alle Wissenschaftsbereiche – Themen aus den Naturwissenschaften und der Medizin werden ebenso berücksichtigt wie solche aus den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften.

Journalisten sind nach Anmeldung herzlich zur Teilnahme eingeladen und wenden sich bitte vorab auch bei Anfragen für Einzelinterviews an Dr. Matthias Blümke.

Weitere Hinweise zur Tagung:
http://www.psychologie.uni-heidelberg.de/ae/sozps/Personen/Bluemke/Programm_Reaction-Time.pdf
Kontakt:
Dr. Matthias Blümke (Dipl.-Psych.)
Psychologisches Institut – Sozialpsychologie
Universität Heidelberg
Hauptstr. 47-51, 69117 Heidelberg
Tel. 06221 547362, Fax 547745
matthias.bluemke@psychologie.uni-heidelberg.de
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