Tagung der Wöhler-Vereinigung: Anorganiker haben alle Elemente im Blick

Während die Berichte aus der universitären Grundlagenforschung traditionsgemäß das gesamte Gebiet der anorganischen Chemie überspannen, liegen die Schwerpunkte der Industriebeiträge diesmal auf dem Sektor der Photovoltaik und der Materialien.

Über den aktuellen Stand der Entwicklungen zum Thema 'Silizium in der Solarindustrie' wird Dr. Karl Hesse von der Wacker Chemie AG berichten. Das Unternehmen gehört zu den etablierten Herstellern von hochreinem polykristallinem Silizium – kurz Polysilizium, das als Rohstoff zur Herstellung spezifischer Produkte für die Solarindustrie dient.

Doch obwohl Silizium nach Sauerstoff das zweithäufigste Element in der Erdkruste ist, sind die solartauglichen Rohstoffe inzwischen knapp geworden. Die Preise sind explosionsartig gestiegen, und die Kapazitäten der Polysiliziumproduzenten reichen nicht aus, um die hohe Nachfrage zu befriedigen. Können die Hersteller mit ihren derzeit etablierten Produktionsmethoden den Bedarf der Solarindustrie langfristig und kostenverträglich decken? Darüber und über alternative Herstellungsverfahren wird Hesse berichten, und er wird zeigen, dass die auf kristallinem Silizium basierenden Photovoltaik-Technologien, deren Wettbewerbsfähigkeit zeitweise sogar ganz in Frage gestellt wurde, alles andere als Auslaufmodelle sind.

Die Struktur des kristallinen Siliziums entspricht der von Diamant. Dass Diamant nicht nur als Schmuckstück, sondern nanoskalig auch als neuartiges Material beispielsweise in der Biologie, der Elektronik und in Kompositmaterialien heiß begehrt ist, darüber wird Professor Dr. Anke Krüger (Universität Würzburg) berichten.

In der organischen Photovoltaik bedient man sich ungesättigter, konjugierter organischer Molekülstrukturen oder polymerer Hochleistungsmaterialien, die wie Silizium halbleitend sind. Dazu gehören beispielsweise die Polyphenylenvinylene. Die homologen 'Silene' mit Silizium-Silizium-Doppelbindungen zeigen ein den Olefinen ähnliches chemisches Verhalten, besitzen aber den Vorteil, dass sie im sichtbaren Spektralbereich absorbieren. Mit der Frage, wie sich der Einbau von Silizium-Silizium- oder Silizium-Kohlenstoff-Doppelbindungen in konjugierte organische Materialien auf deren Eigenschaften auswirkt, beschäftigt sich der diesjährige Gewinner des mit 5.000 Euro dotierten Wöhler-Nachwuchspreises, Dr. David Scheschkewitz (Imperial College London). Seine Arbeiten über konjugierte Systeme mit Silizium-Doppelbindungen sind viel versprechend, was die Verbesserung der Eigenschaften von leitfähigen Polymeren angeht. Kann Silizium diese Materialien in ihren optoelektronischen Eigenschaften „veredeln“? Die Preisverleihung findet am 9. Oktober in Garching statt.

Vor gut 20 Jahren waren die Zeolithe, die wegen ihrer Umweltverträglichkeit die umweltschädlichen Phosphate als Wasserenthärter aus den Waschmitteln verdrängten, fast allen Hausfrauen ein Begriff. Wegen ihrer porösen Struktur mit Hohlräumen von unter zwei Nanometern Durchmesser galten diese Alumosilikate lange Zeit als einzigartige und vielseitige 'Reaktoren' in der Chemie. Mittlerweile fokussiert sich die Forschung auf mesoporöse Materialien mit Porendurchmessern zwischen zwei und 50 Nanometern. Diese mesoporösen Silikate bzw. Organosilikate sind wegen ihrer großen Oberflächen insbesondere für die Katalysatorforschung auch von industriellem Interesse.

'Materialen mit großer Oberfläche' ist auch das Stichwort für zwei weitere Beiträge aus der Industrie. Dr. Alfred Hagemeyer (Süd-Chemie AG) wird über die gezielte Synthese derartiger Materialien auf Metall- und Metalloxidbasis berichten, und die Herstellung und Einsatzgebiete von 'MOFs' (Metal Organic Frameworks) – das sind synthetische poröse Materialien mit metallorganischen Gerüststrukturen – werden im Mittelpunkt des Vortrags von Dr. Ulrich Müller (BASF SE) stehen.

Das Programm wird abgerundet durch Beiträge aus der metallorganischen Chemie und Koordinationschemie von Haupt- und Nebengruppenelementen – ebenfalls zum Teil mit Anwendungsbezug zur Katalyse -, der Festkörperchemie mit Fokus auf der Herstellung neuer Materialien mit besonderen elektronischen und/oder magnetischen Eigenschaften, der bioanorganischen Chemie und der Clusterchemie.

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker gehört mit über 28.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie hat 25 Fachgruppen und Sektionen, darunter die Wöhler-Vereinigung für Anorganische Chemie mit rund 700 Mitgliedern. Diese Fachgruppe gibt Anregungen für neue Forschungsrichtungen und Forschungsvorhaben auf dem Gebiet der Anorganischen Chemie, fördert den Kontakt zu ausländischen Kolleginnen und Kollegen und schlägt eine Brücke zwischen Schule, Hochschule und Beruf.

Kontakt:
Dr. Renate Hoer
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