Strömungen in industriellen Anlagen sichtbar gemacht

Doktorandin Ragna Kipping am schnellen Röntgentomographen des HZDR. Er liefert Aufnahmen von Strömungsgemischen in hoher zeitlicher Auflösung. HZDR/Oliver Killig

Jeder kennt sie, die detailreichen Bilder aus dem Inneren des Körpers, die sich Verfahren wie der Computer- oder Magnetresonanz-Tomographie verdanken. Tomographische Methoden halten in den letzten Jahren aber auch verstärkt Einzug in industrielle Anlagen, wo Betreiber erfahren wollen, wie sich Stoffströme in undurchsichtigen Rohren oder hinter dicken Wänden verhalten.

Dies gilt etwa für die Chemie- und Verfahrenstechnik. Dort werden Stoffe in speziellen Anlagen oder Prozessen zur Reaktion gebracht, um Chemikalien oder auch Kosmetika herzustellen. Hierbei spielen Strömungen von unterschiedlichen Flüssigkeiten, Partikeln und Gasen eine wichtige Rolle, wobei die Zusammenhänge zwischen den Strömungen einerseits und den Reaktionen andererseits häufig noch ungeklärt sind. Unerwünschte Nebenprodukte oder ein zu hoher Energie- und Ressourcenverbrauch sind die Folge.

Berührungsfreie bildgebende Verfahren, mit denen sich Stoffumwandlungsvorgänge und Strömungen in technischen Prozessen und Apparaten untersuchen lassen, sind das Thema auf der Dresdner Tagung zur Prozesstomographie. “Ähnlich wie in der medizinischen Diagnostik kommen auch bei uns verschiedene Verfahren auf Basis unterschiedlicher physikalischer Messprinzipien zum Einsatz.

So finden sich bekannte Bildgebungsverfahren, also zum Beispiel die Röntgencomputer-, Magnetresonanz- oder Positronen-Emissions-Tomographie, die an technische Untersuchungsgegenstände angepasst sind“, sagt Prof. Uwe Hampel vom HZDR, der für die Tagungsorganisation vor Ort verantwortlich ist. Im Anlagenbereich stehen aber auch speziellere Bildgebungsverfahren zur Verfügung: elektrische Tomographiemethoden oder Methoden, die auf Neutronen-, Infrarot- und Laserstrahlung basieren.

„Solche Bildgebungsverfahren sind immer dann gefragt, wenn es um die Aufklärung von Strömungsvorgängen, Temperaturfeldern oder Stoffkonzentrationen in dynamischen Prozessabläufen geht“, fährt Hampel fort. Oft sind diese Parameter in Apparaten mit dicken druckfesten Metallwänden unter harschen industriellen Prozessbedingungen zu bestimmen.

Bildgebung muss dafür auf energiereiche Strahlung – wie beispielsweise Röntgen- oder Gammastrahlung – setzen. Handelt es sich um hochdynamische Vorgänge, sind zudem Abbildungsverfahren mit sehr hoher Zeitauflösung erforderlich. So kann die ultraschnelle Röntgentomographie, eine Entwicklung aus dem Dresdner Helmholtz-Zentrum, komplexe Strömungsgemische mit enorm hohen Bildraten bis zu 8.000 Bildern pro Sekunde visualisieren. „Ebenso herausfordernd ist die Fragestellung, wie etwa glutflüssiger Stahl in einem Stahlwerk bei Gießvorgängen in die Gießkokille fließt.

Hierzu haben meine Kollegen am HZDR ein magnetisches Bildgebungsverfahren entwickelt, das sie auf der Tagung vorstellen“, erläutert Hampel. Ein zukünftiger Einsatz dieser Technologie in Stahlwerken kann wesentlich zur Verbesserung des Gießvorgangs und damit zu einer Steigerung der Energieeffizienz beitragen.

Das Expertentreffen bringt in Dresden etwa 90 Teilnehmer aus 21 Ländern zusammen, darunter viele Doktoranden. Die Tagung findet ansonsten im Dreijahresrhythmus statt und dient dem Erfahrungsaustausch zwischen den Entwicklern der Technologien einerseits und den Anwendern aus Forschung und Industrie andererseits. Gleichzeitig wird es als Forum genutzt, um neue Ideen vorzustellen. Die Themenpalette ist jedenfalls umfangreich.

In 49 Vorträgen und auf 27 Postern werden tomographische Verfahren und deren technische Umsetzung, Fragestellungen der effizienten Bildrekonstruktion, Datenverarbeitung und Datenanalyse, Entwicklungen für die multimodale Bildgebung sowie Anwendungen in Industrie und Forschung vorgestellt. Zudem gibt es Plenarvorträge zum Einsatz der Computertomographie in der medizinischen Diagnostik und im Sägewerk.

Weitere Informationen:
Prof. Uwe Hampel
Institut für Fluiddynamik am HZDR
Tel. +49 351 260-2772 | E-Mail: u.hampel@hzdr.de

Medienkontakt:
Christine Bohnet | Pressesprecherin
Tel. +49 351 260-2450 | E-Mail: c.bohnet@hzdr.de
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf | Bautzner Landstr. 400 | 01328 Dresden |

Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:
• Wie nutzt man Energie und Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig?
• Wie können Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt werden?
• Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?

Das HZDR ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Es hat vier Standorte (Dresden, Leipzig, Freiberg und Grenoble) und beschäftigt rund 1.100 Mitarbeiter – davon etwa 500 Wissenschaftler inklusive 150 Doktoranden.

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