Rote Zahlen – ein weltweites Problem

Milliardensummen zur Rettung von Banken und immer neue Katastrophenszenarien sind in Zeiten der Finanzkrise schon fast alltäglich. Neben den dramatischen Verwerfungen auf den Finanzmärkten vollzieht sich auf der Ebene der Privathaushalte schon seit langem ein ähnlicher Prozess.

Überschuldung von Verbrauchern ist nicht erst seit der Finanzkrise ein globales Problem, die Subprime Krise der Immobilienfinanzierung von Privathaushalten in den USA hat wesentlich zur Entstehung der aktuellen Schieflage beigetragen. Die Lösungsstrategien des Staates für den Umgang mit privater Überschuldung sind allerdings international sehr verschieden. „Allein schon in Europa sind die Herangehensweisen höchst unterschiedlich – davon kann man noch das System in den angloamerikanischen Ländern unterscheiden.

Länder wie China beginnen gerade damit, entsprechende Regelungen umzusetzen“, erklärt Prof. Dr. Ditmar Brock, Inhaber der Professur Allgemeine Soziologie II der TU Chemnitz. Mit dem deutschen System der Verbraucherinsolvenz haben sich die Chemnitzer Soziologen eingehend befasst: Mehr als 1.600 Menschen in der Privatinsolvenz in den ostdeutschen Bundesländern sowie in Hessen und Niedersachsen haben die Forscher der Professur Allgemeine Soziologie II befragt. Damit können sie erstmals Aussagen über die Menschen hinter den roten Zahlen treffen. Ein beachtenswertes Ergebnis: „Es handelt sich nicht um ein Randgruppenphänomen – Insolvenz und Überschuldung treten in jeder Bevölkerungsgruppe auf“, so Dr. Götz Lechner, Leiter des Forschungsprojekts.

Um einen Überblick über die internationale Bedeutung des Themas zu geben, haben die Chemnitzer Soziologen Forscher und Praktiker aus aller Welt als Referenten einer Tagung gewonnen. „Ziel der Veranstaltung vom 26. bis 28. März 2009 ist es, neben dem Meinungsaustausch auch die Chancen für eine Forschungskooperation auf europäischer und internationaler Ebene auszuloten“, skizziert Dr. Wolfram Backert, der Organisator der Tagung, die Zukunftspläne der TU-Wissenschaftler. Die englischsprachige Veranstaltung zum Thema „Overindebtedness: Everyday Risk in Modern Societies? Theoretical Aspects and Empirical Findings in International Perspektive.“ fragt, ob Überschuldung ein alltägliches Risiko in modernen Gesellschaften ist und stellt theoretische Aspekte sowie empirische Forschungsergebnisse aus einer internationalen Perspektive vor. „Es kommen Referenten aus vier Kontinenten und auch eine Mitarbeiterin des Europarates“, berichtet Backert. In den Vorträgen werden die Situation in Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Österreich, Japan und Australien, Portugal, England, den USA, Kanada, Südafrika sowie China behandelt.

Die Tagung beginnt am 26. März 2009 um 10.30 Uhr und endet am 28. März um 13 Uhr. Die Vorträge finden im Veranstaltungszentrum Altes Heizhaus im Universitätsteil Straße der Nationen 62 (Innenhof) statt. Die Veranstaltung wird von der Fritz Thyssen Stiftung mit 20.000 Euro gefördert. Weitere Unterstützung kommt von der Gesellschaft der Freunde der TU Chemnitz. Die auf 50 Teilnehmer beschränkte Tagung richtet sich vor allem an Soziologen, Juristen und Praktiker sowie an Vertreter von Politik und Verbänden. Anmeldungen nimmt die Professur Allgemeine Soziologie II entgegen, Telefon 0371 531-35016, E-Mail wolfram.backert@phil.tu-chemnitz.de.

Weitere Informationen erteilen Dr. Götz Lechner, Telefon 0371 531-33903, E-Mail goetz.lechner@phil.tu-chemnitz.de, und Dr. Wolfram Backert, Telefon 0371 531-35016, E-Mail wolfram.backert@phil.tu-chemnitz.de

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