Panel: Die kulturelle Kritik zu Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit

Wie kann Nachhaltigkeit global gefasst werden? Wie stehen wir zu den „common goods“, die nur unabhängig von (politischen) Landesgrenzen gedacht werden können? Auf welche Weise lassen sich internationale Verbindlichkeiten schaffen?

Dass Klima und Umweltschutz Themen sind, die auch die Kultur betreffen und nicht länger getrennt betrachtet werden sollten, darüber diskutieren am Do, 29. März 2012, um 18 Uhr VertreterInnen aus Wissenschaft und Politik auf dem Panel „The Cultural Turn and its Practice in the Humanities“ im ZKM in Karlsruhe.

Das ZKM | Karlsruhe versteht sich jenseits seines Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramms auch als ein öffentliches Forum für die Begegnung von Wissenschaft, Politik, Kultur und Wirtschaft mit der Zielsetzung, Nutzungsmöglichkeiten und kreatives Potenzial aufzuzei-gen. Beim Panel „The Cultural Turn and its Practice in the Humanities“ fragen ExpertInnen nach der Bedeutung der Kultur innerhalb bereits formulierter dimensionsübergreifender Nachhaltigkeitsziele.

Um 2000 legte das Forschungszentrum Karlsruhe eine Studie vor, auf der das so genannte 3-Säulen-Modell der nachhaltigen Entwicklung basiert, mit dem auch die Vereinten Nationen operieren. Seine Dimensionen umfassen ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit. Seit einiger Zeit stellt sich die Frage, nach einer potenziellen Erweiterung dieses Modells um eine vierte Säule – die kulturelle Perspektive. Die in Karlsruhe maßgeblich angestoßene Diskussion von damals wird damit am ZKM in Karlsruhe fortgeschrieben.

Vorgestellt wird eine im Auftrag der IAES entwickelte Satellitensoftware (EDO) des Massachusetts Institute of Technology (MIT) – gedacht als Basis für einen Internationalen/Europäischen Gerichtshof gegen Umwelt-verbrechen – welche die Gesamtheit an Umweltschäden sichtbar und damit ihre sozialen und kulturellen Konsequenzen erst belegbar macht. Ziel des Panels ist gemeinsam mit allen ExpertInnen eine Empfehlung in Form einer Initiative für die UN-Konferenz „Rio plus 20“ im Juni dieses Jahres zu erstellen. Es werden mögliche Formen von Verbindlichkeiten der Völkergemeinschaften verhandelt, die sich als ein Plädoyer für ein Post-Kyoto-Protokoll verstehen.

Wie essentiell Kultur als gesellschaftlicher, völkerverbindender Pfeiler ist, wird im folgenden Abendprogramm deutlich. Andrea Molinos szenische Oper „Three Mile Island“ setzt sich mit dem Störfall, der sich am 28.3.1979 im Kernkraftwerk Three Mile Island in Pennsylvania (USA), ereignete, auseinander und bietet damit einen unmittelbaren Zugang zu den komplexen Themen Klima, Umweltschutz und Nachhaltigkeit.

Es zeigt sich, wie wichtig es ist, dass diese Diskussion demokratisch, für alle gleichermaßen zugänglich geführt wird und damit ein noch größeres Bewusstsein für die Dringlichkeit dieser Themenfelder entsteht – der Diskurs muss jedoch nicht zwangsläufig wissenschaftlich erfolgen, wie der Opernabend zeigt.

Der Unfall von „Three Mile Island“ 1979 war der bis dahin schwerste Unfall in einem amerikanischen Atomkraftwerk. Derart gravierend, dass seitdem keine neuen Atommeiler mehr in den Vereinigten Staaten gebaut wurden. Die jüngste Katastrophe von Fukushima hat auch den Unfall von Three Mile Island wieder ins Gedächtnis gerufen.

Mit modernsten Mitteln erzählt das Stück in Form eines multimedialen szenischen Konzertes Leben und Wirken von Professor Ignaz Vergeiner. Der österreichische Meteorologe hatte in den 1990er Jahren vergeblich die Massenklage von 3000 mutmaßlichen Betroffenen gegen den Betreiber und die Regierung von Pennsylvania mit einem einmaligen Gutachten unterstützt, in dem er die bestrittene Verbreitung von Radioaktivität anhand präziser Daten nachweisen konnte. Kurz vor seinem Tod hat er sein Wissen um die wahren Folgen des Unfalls in mehrstündigen Interviews einem Freund, dem deutschen Journalisten Karl Hoffmann, vor laufender Kamera anvertraut.

Audiovisuelle Originalaufnahmen – entstanden in den USA – mischen sich mit komponierten Elementen, reale und virtuelle Darstellungen wechseln sich ab. Durch die integrative Dramaturgie entsteht eine organische und intermediale Auseinandersetzung der verschiedenen künstlerischen Elemente: Klang, Bild, Video, Sprache, Text und Aktionen der Darsteller. Die Funktion eines traditionellen Bühnenbildes wird von einer interaktiven intermedialen Installation übernommen. Nicht nur die Stimmen und Klänge der MusikerInnen, sondern auch ihre Bewegungen und Gesten sollen sowohl akustisch wie visuell mit diesem fragilen, schwebenden Organismus interagieren und damit die verschiedenen Elemente der Narration gestalten.

Do, 29.03.2012
The Cultural Turn and its Practice in the Humanities
Panel Diskussion
im ZKM_Kubus, 18 Uhr
TeilnehmerInnen des Panels:
Antonino Abrami
amtierender Präsident der International Academy of Environmental Sciences (IAES), Prof. em. der Universität von Nova Gorica
Luigi Bassetto
Leiter der Internationalen Beziehungen und Vizepräsident der Gemeinde von Venedig
Dorothée Benoit-Browaeys
General Direktorin VivAgora, Paris
Roberto Cecchi
Staatssekretär des Italienischen Ministeriums für Kultur
Saša Dobrièiè
Universität Nova Gorica, Direktorin des “Doctorate in Economics and Techniques for the Conservation of the Architectural and Environmental Heritage“
Prof. Dr. Michael Eichberger
Richter am Bundesverfassungsgericht
Dr. Adolfo Pérez Esquivel
Präsident des IAES und Friedensnobelpreisträger (per Videoschaltung)
Marino Folin
Präsident “Venezia Foundation”; Gründungsmitglied Iaes, Ehemaliger Kanzler des Institute for Architecture, Venedig
Freddy Paul Grunert
Freier Kurator am ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe, Gründungsmitglied des IAES
Olaf Gerlach Hansen
Direktor Culture|Futures, Senior Advisor des Dänischen Kulturinstituts
Wolfram Jäger
Bürgermeister für Kultur der Stadt Karlsruhe
Paolo Maddalena
Richter, ehemaliger Vizepräsident des italienischen Verfassungsgerichts
Michael Malindretos
Leiter des Instituts “Architectural Construction“ der Aristoteles-Universität Thessaloniki
Paolo Dalla Vecchia
Kulturassessor der Provinz Venedig
Peter Weibel
Vorstand ZKM | Karlsruhe
Xavier Greffe
Professor für Kulturökonomie, Universität Sorbonne (angefragt)
Rebecca Harms
Mitglied des Europäischen Parlaments (angefragt)
Enzo Siviero
Präsident des Italienischen Universitätsrates
Cristina Gutierrez-Cortines
Mitglied des Europäischen Parlaments, Präsident des Italienischen Universitätsrats (angefragt)
Moderation: Gottfried Langenstein/ Deutschland
ARTE-Präsident und Direktor Europäische Satellitenprogramme des ZDF
Do–Sa, 29.–31.03.2012
„Three Mile Island“
Multimediale, szenische Oper (UA am 29.03.12)
Im Rahmen der 21. Europäischen Kulturtage Karlsruhe
im ZKM_Medientheater, jeweils 21 Uhr
Eintritt: €15/13 (Tel. 0721/ 81 00-12 00)
Online-Tickets: http://bit.ly/A03bpj
Andrea Molino – Komposition, Künstlerische Leitung
Guido Barbieri – Libretto und Dramaturgie
In Zusammenarbeit mit Andrea Molino
Karl Hoffmann – Audiovisuelle Dokumentation
Bernd Lintermann, ZKM – Video
Holger Stenschke, ZKM – Audiovisuelle Gestaltung
Anna Falkenstern, ZKM – Videoschnitt
Manuel Weber, ZKM – Bühne und Licht
Zürcher Hochschule der Künste – Media Arts – The Cloud – Interaktive Videoinstallation
Klangforum Wien
Neue Vocalsolisten Stuttgart – Mitwirkende
ZKM | Institut für Musik und Akustik – Produktion
Honorarfreies Bildmaterial zum Musiktheater stellen wir Ihnen auf Anfrage an presse@zkm.de gerne zur Verfügung.
Pressekontakt:
Dominika Szope
Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel: 0721 / 8100 – 1220
E-Mail: presse@zkm.de
ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe
Lorenzstraße 19
76135 Karlsruhe

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Dominika Szope idw

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