Networking 4.0: International Laser Technology Congress AKL‘16 zeigt neue Wege zur Zusammenarbeit

Alle zwei Jahre veranstaltet das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT den International Laser Technology Congress AKL in Aachen. Zu dem größten europäischen Industriekongress für angewandte Lasertechnik in der Produktion kamen in diesem Jahr über 690 Besucher, eine Steigerung um 10% gegenüber 2014. Auch die Internationalität ist weiter gewachsen: 196 Besucher kamen aus dem Ausland, aus insgesamt 27 verschiedenen Ländern. Die Sponsorenausstellung war mit 52 Firmen bereits seit langem ausgebucht.

Das Programm des AKL bot neben der Fachkonferenz mit drei separaten Sessions noch eine Vielzahl von Zusatzveranstaltungen wie das Einsteiger-Seminar Lasertechnik und die Fachforen zu Prozessüberwachung und Additiver Fertigung sowie mehrere Abendveranstaltungen. Sehr gut besucht war auch in diesem Jahr die Institutsbesichtigung »Lasertechnik Live« mit 91 Live-Vorführungen aktueller Projekte am Fraunhofer ILT.

Ein besonderer Höhepunkt der Tagung war die Verleihung des Innovation Award Laser Technology 2016 im Krönungssaal des Aachener Rathauses. Der Preis wird vom Arbeitskreis Lasertechnik e.V. und vom European Laser Institute ELI für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der industriellen Lasertechnik vergeben. In diesem Jahr ging der mit 10.000 € dotierte erste Preis an Dr. Ir. Armand Pruijmboom und sein Team der Philips Photonics GmbH Aachen für die Entwicklung von VCSEL-Arrays als einer neuen Hochleistungs-Lasertechnologie zur »digitalen Wärmebehandlung« von Werkstücken.

Effizienzsteigerung und Kommodifizierung bei Strahlquellen

Bei der technologischen Fachkonferenz des AKL werden alle Schritte von der Strahlquellenentwicklung bis zu den verschiedensten Anwendungen diskutiert. In diesem Jahr zeichneten sich dabei mehrere Trends ab: So richtet sich die Entwicklung bei Strahlquellen weniger auf disruptive Technologien, sondern mehr auf höhere Effizienz und höhere Leistungen. Faserlaser sind nunmehr bis 100 kW verfügbar, Direct-Diode-Systeme erreichen die 50 kW Marke. Erste Versuche am Fraunhofer ILT bestätigen darüber hinaus, dass Diodenlaser sich jetzt auch für das Laserschneiden eignen. Gleichzeitig werden die Systeme zunehmend vergleichbar und eine Kommodifizierung führt zu einem Preiskampf und einer fortschreitenden Konsolidierung der Branche.

Noch relativ neu im Werkzeugkasten der Systemanbieter sind die Ultrakurzpulslaser. Der Markt für Systeme bis etwa 150 W wächst überproportional schnell, Anwendungen in der Elektonik-, Halbleiter- und Konsumgüterindustrie wurden auf dem AKL vorgestellt. Woran es noch fehlt, ist die Produktivität. Mehrstrahlsysteme zum Beispiel vom Aachener Startup Pulsar Photonics bieten eine Lösung, auch die Verfügbarkeit geeigneter Laserkabel (PT Photonic Tools) dürfte helfen. Daneben arbeiten verschiedene Gruppen an der Entwicklung von UKP-Lasern im kW-Bereich. Deren Einführung in die Industrie scheint nur eine Frage der Zeit zu sein.

Spezialforen zu Additiver Fertigung und zur Prozessüberwachung

Produktivität ist auch die zentrale Frage bei der breiteren Anwendung von additiven Verfahren, darin waren sich die Teilnehmer des ganztägigen Forums Laser Additive Manufacturing einig. Schon jetzt sind Bauteile aus der additiven Fertigung Gamechanger im Turbinenbau, neue Anwendungen im Flugzeugbau und der Automobilbranche kommen stetig dazu. Für noch breitere Anwendungen könnten Mehrstrahlverfahren sorgen, ein entsprechendes Projekt am Fraunhofer ILT zielt auf eine 30-fache Steigerung der Produktivität.

Das neue Forum Prozessüberwachung war sehr gut besucht, die Teilnahme lag deutlich über den ursprünglichen Erwartungen der Veranstalter. In den Vorträgen wurden verschiedene Sensorsysteme und Erfahrungen bei der Implementierung von Prozessüberwachungen in der Industrie vorgestellt. Inline-Messungen setzen sich dabei zunehmend durch. Bei den verschiedenen Sensoren wurden inzwischen große Fortschritte gemacht, derzeit liegt das Problem eher in der Auswertung einzelner Bilder: Oft ist die Rate der Pseudofehler noch zu hoch. Auch ist das Verständnis vieler Prozesse noch begrenzt, was die Möglichkeiten einer effektiven Simulation einschränkt.

Damit Anwender ihre Erfahrungen hinsichtlich der zunehmend vielfältigen und komplexen Prozesse effizienter austauschen können, wurde in Aachen der »Industriearbeitskreis Prozesskontrolle in der Lasermaterialbearbeitung« gegründet.

Wachsende Komplexität und Dynamik in den Märkten

Im Rahmen der Gerd Herziger Session diskutierten Vertreter von TRUMPF, ROFIN-SINAR, Coherent und JENOPTIK über die Perspektiven und Herausforderungen in verschiedenen Märkten. Peter Leibinger (TRUMPF) nahm sich den Leichtbaumarkt vor und bemerkte, dieser sei zwar ein großer Markt für Lasertechnik, bestehe aber aus vielen Nischen mit moderatem Wachstum. Dabei seien die Anforderungen in den Nischen komplex und führten zu hohen Entwicklungskosten. Wachstum ließe sich dort nur durch das Erschließen neuer Nischen oder durch Verdrängung anderer Anbieter erreichen.

Mark Sobey (Coherent) betrachtete die Halbleiter- und Elektronikmärkte. Er erwartet einen erweiterten Einsatz von Kurzpuls- und Ultrakurzpulslasern mit reduzierten Kosten pro Watt. Dabei würde wohl keine einzelne Plattform gewinnen, vielmehr wird die Anpassung der Prozesse an die Applikationen entscheidend sein. Mit Blick auf steigende Arbeitskosten in China erwartet er einen Schub in der Automatisierungstechnik. Größte Herausforderung dürfte dabei ein schneller global verfügbarer Service für die verschiedenen Anwendungen werden.

In der nachfolgenden Diskussion sahen alle Beteiligten die Notwendigkeit für effizientere Entwicklungsprozesse. Bei der Frage nach der Vertiefung branchenübergreifender Partnerschaften schieden sich allerdings die Geister: Während Peter Leibinger diese für einen guten und richtungsweisenden Weg hielt, lehnte Mark Sobey den Ansatz mit dem Hinweis auf schlechte Erfahrungen aus der Telekombranche ab.

Das Cluster Photonik: Networking 4.0!

Die Partnerschaft von Industrie und Forschung ist für das Fraunhofer ILT eine lange Erfolgsstory. In diesem Jahr beginnt ein weiteres Kapitel dieser Geschichte: Auf dem neuen Campus der RWTH Aachen wurde am 28. April 2016 das erste Gebäude des Cluster Photonik feierlich eingeweiht.

Hier werden Industrieunternehmen mit den Experten der RWTH Aachen und einigen Fraunhofer-Instituten an neuen Projekten für die Nutzung von Licht als Werkzeug in der industriellen Produktion arbeiten. In Anlehnung an die kreative Atmosphäre von Startup-Unternehmen sind neben Büros und Laboren sogenannte Scrum-Areas geplant. Dort können die Teams in großen Freiräumen gemeinsam Ideen entwickeln.

Bei der feierlichen Eröffnung verkündete der Leiter des Fraunhofer ILT und des Cluster Photonik, Professor Reinhart Poprawe, dass schon 90% der Flächen vermietet sind. Die ersten 150 Mitarbeiter werden in den kommenden Wochen einziehen, unter ihnen die Mitarbeiter des »Aachen Center for Additive Manufacturing ACAM«. Die Mitglieder dieses Netzwerks sind verschiedene Fraunhofer-Institute, Lehrstühle der RWTH Aachen und der FH Aachen sowie technologieorientierte Spin-Offs im Umfeld des RWTH Aachen Campus, die hier mit Unternehmen aus der Region ebenso wie mit internationalen Großkonzernen zusammenarbeiten. Im Mittelpunkt stehen Weiterbildung und Auftragsforschung für die additive Fertigung. Darüber hinaus koordinieren die Aachener die vom BMBF geförderte strategische Forschungsinitiative »Digital Photonic Production«. In den kommenden 15 Jahren werden industrierelevante Projekte für aufbauende, abtragende und strukturierende Laserverfahren mit bis zu 2 Mio. € pro Jahr anteilig gefördert.

Fazit

Mit der Eröffnung des Cluster Photonik während des AKL’16 wurde eine neue Form der Kollaboration bei der Entwicklung industrieller Lasertechnik gestartet. In einer staatlich geförderten Umgebung kommen hier Partner aus Forschung, Fraunhofer-Instituten, kleinen und großen Unternehmen zusammen, um in einer offenen Atmosphäre neue Ideen vom Labor in den Markt zu bringen. In den nächsten Jahren werden die anderen Cluster auf dem neuen RWTH Aachen Campus dazukommen und der Vernetzung von Forschung und Industrie eine interdisziplinäre Dimension hinzufügen.

Auf dem AKL’16 wurde viel über die wachsende Komplexität bei Werkstoffen und Bearbeitungsverfahren auf der einen Seite und neuen Trends wie Industrie 4.0 auf der anderen Seite gesprochen. Gleichzeitig soll die Entwicklung neuer Technologien schneller werden. Die engere Kollaboration von Forschung und Industrie auf dem neuen RWTH Aachen Campus könnte ein guter Ansatz sein, um mit dieser Komplexität und Dynamik umzugehen. In jedem Fall erscheint er vielversprechend, um Standortvorteile im globalen Wettbewerb optimal zu stärken und zu nutzen sowie mit der Lasertechnik einen sinnvollen Beitrag zu gesellschaftlich relevanten Megatrends zu leisten.

Ideelle Träger des AKL:

Arbeitskreis Lasertechnik AKL e.V.
Europäische Kommission
EPIC – European Photonics Industry Consortium
European Laser Institute ELI e.V.
OptecNet – Innovationsnetze Optische Technologien
SPECTARIS – Deutscher Industrieverband für optische, medizinische und mechatronische Technologien e.V.
VDA – Verband der Automobilindustrie e.V.
VDI – Technologiezentrum GmbH
VDMA – Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.

Termine & Links

• ICTM–International Conference on Turbomachinery Manufacturing, 15. – 16. Februar 2017 in Aachen: www.ictm-aachen.com/en/Conference
• UKP Workshop 2017, 26. – 27. April 2017 in Aachen: www.ultrakurzpulslaser.de
• International Laser Technology Congress AKL'18, 2. – 4. Mai 2018 in Aachen: www.lasercongress.org
• Industriearbeitskreis Prozesskontrolle in der Lasermaterialbearbeitung: www.laserprocesscontrol.org
• Aachen Center for Additive Manufacturing ACAM: www.acam.rwth-campus.com
• Center for Digital Photonic Production DPP: www.dpp.rwth-campus.com

Ansprechpartner:

Dipl.-Phys. Axel Bauer
Leiter Marketing und Kommunikation
Telefon +49 241 8906-194
axel.bauer@ilt.fraunhofer.de

Dipl. Betrw. Silke Boehr
Gruppenleiterin Marketing
Telefon +49 241 8906-288
silke.boehr@ilt.fraunhofer.de

Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT
Steinbachstraße 15
52074 Aachen

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Petra Nolis Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT

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