Die Natur heilt alle Wunden

Äußerlich betrachtet wirken sie höchst zerbrechlich. Doch sie überraschen mit erstaunlicher Widerstandsfähigkeit: Muscheln, die an Schiffsrümpfen, Brückenpfeilern oder Molen wachsen und Wind und Wetter ebenso trotzen wie der Kraft der Gezeiten. „Möglich ist das durch ihre Fähigkeit, sich und ihre Verankerungen permanent zu regenerieren und auftretende Verletzungen zu heilen“, macht Dr. Martin Hager von der Friedrich-Schiller-Universität Jena deutlich.

Welche molekularen Mechanismen dieser Fähigkeit von Muscheln und anderen Organismen zugrundeliegen und wie dies auf synthetische Materialien übertragbar ist, wollen der Chemiker und seine Kollegen vom Institut für Organische Chemie und Makromolekulare Chemie (IOMC) in der kommenden Woche gemeinsam mit nationalen und internationalen Partnern diskutieren: Am 13. und 14. Oktober haben sie dafür zu einer Tagung in die Rosensäle der Jenaer Universität eingeladen.

Mit dem „Kick-off Meeting“ nimmt das neue Schwerpunktprogramm (SPP) „Selbstheilende Materialien“ an der Universität Jena seine Arbeit auf. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Programm, in dem zwölf Projekte von Forschungsgruppen aus ganz Deutschland und den Niederlanden in den kommenden drei Jahren zusammenarbeiten, in diesem Zeitraum mit über 5 Millionen Euro. „Unser Ziel ist es, die chemischen und physikalischen Grundlagen zu entschlüsseln, die die Natur zur Selbstheilung nutzt, und diese langfristig auf verschiedene von Menschen hergestellte Materialien anzuwenden“, sagt Dr. Hager, der als wissenschaftlicher Administrator die Zusammenarbeit im SPP koordiniert.

Beispiele für effiziente Reparatur- und Regenerationsmechanismen lassen sich in der Natur in großer Zahl finden, unterstreicht Prof. Dr. Ulrich S. Schubert. „Das reicht vom abgeknickten Zweig einer Pflanze bis zum gebrochenen Arm eines Menschen“, so der Direktor des IOMC sowie des „Jena Center für Soft Matter“ der Universität und Koordinator des DFG-Schwerpunktprogramms. „Diese Prinzipien der Selbstheilung haben sich im Laufe der Evolution entwickelt und sind permanent optimiert worden.“ Deshalb versprechen sich die Forscher von der Natur zahlreiche ausgereifte Ideen dafür, wie sich Werkstoffe wie Polymere, Metalle, Keramiken oder Beton so konzipieren lassen, dass sich im Falle mechanischer Schäden ihre Funktion von selbst ganz oder teilweise regeneriert. Anwendungsbeispiele sehen die Forscher vor allem im Bereich langlebiger Baumaterialien und stark beanspruchter Oberflächen: Vom selbstheilenden Straßenbelag oder Autolack, bis zur Beschichtung von Flugzeugturbinen oder Windkraftanlagen.

Während der Jenaer Tagung werden Vertreter aller beteiligten Projekte ihre Forschungsvorhaben vorstellen. Insgesamt befassen sich zehn Projekte mit selbstheilenden Polymeren und zwei weitere Projekte mit selbstheilenden Keramiken. „Uns geht es vor allem darum, Synergien zwischen den einzelnen Gruppen herzustellen und so die interdisziplinäre Herangehensweise an das Thema zu forcieren“, so Schubert.

Kontakt:
Dr. Martin Hager, Prof. Dr. Ulrich S. Schubert
Institut für Organische Chemie und Makromolekulare Chemie der Universität Jena, Jena Center for Soft Matter (JCSM)
Humboldtstraße 10, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 948227, 03641 / 948201
E-Mail: martin.hager[at]uni-jena.de, ulrich.schubert[at]uni-jena.de

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Dr. Ute Schönfelder idw

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