Das nachwachsende Herz

„Stammzelltherapie ist mit vielen Hoffnungen verbunden, kein Allheilmittel, aber ein wichtiger Stützpfeiler in der Wissenschaft. Regenerative Medizin ist ein Bereich, der für die nächsten Jahre Fortschritte verspricht. Wir sind aber dafür auf Unterstützung vom Bund und Land angewiesen, um auch am Standort Rostock Spitzenforschung und Hochleistungsmedizin zu betreiben“, sagt der Direktor der Klinik und Poliklinik für Herzchirurgie an der Universitätsmedizin Rostock, Prof. Dr. Gustav Steinhoff.

Am 29. Januar hat das Referenz- und Translationszentrum für kardiale Stammzelltherapie (RTC) der Universität Rostock unter dem Titel „Das nachwachsende Herz“ zu einem Parlamentarischen Abend in die Landesvertretung MV in Berlin eingeladen. Hier werden über 100 Teilnehmer aus Politik, Verwaltung und dem Gesundheitswesen erwartet.

Steinhoff leitet eine Studie mit Patienten, die nach einem Herzinfarkt körpereigene Stammzellen in den Herzmuskel injiziert bekommen. Dabei handelt es sich um eine Studie der Phase III, deren erfolgreicher Abschluss Voraussetzung für die Zulassung einer neuen Therapie ist. Sie sei nun im dritten Jahr und habe mit 65 Patienten knapp die Hälfte der notwendigen Teilnehmerzahl erreicht, sagt Steinhoff.

„Das Jahrzehnt wird sehr spannend. Es wird viele neue Entwicklungen mit neuem Therapiepotential geben, zum Beispiel bei der Umwandlung von ausgereiften Körperzellen in Stammzellen“, so der 55-Jährige.

Die Bevollmächtigte des Landes beim Bund, Staatssekretärin Dr. Pirko Kristin Zinnow, wird die Gäste begrüßen. Dann wird Prof. Dr. Gustav Steinhoff das Impulsreferat „Von der Stammzelltechnologie zum nachwachsenden Herz“ halten. In einer sich anschließenden Podiumsdiskussion mit dem Titel „Wie etabliert sich die Regenerative Medizin am Forschungs- und Gesundheitsstandort Deutschland?“ diskutiert Moderatorin Renate Heusch-Lahl mit ihren Gästen: Prof. Dr. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel), Prof. Dr. Mathias Freund, Vorstand Medizin, Seracell Stammzelltechnologie GmbH, Rostock. Klaus Grählert, Stammzellpatient, Rostock und Prof. Dr. Gustav Steinhoff. „Die Herren“ sorgen für die musikalische Umrahmung.

„Meine Krankheit wurde nur verwaltet“ beschreibt der ehemalige Patient Klaus Grählert seine Erfahrungen nach seinem Herzinfarkt. Er besaß keine große Lebensqualität mehr, seine Herzpumpleistung war stark eingeschränkt. Ein Kurarzt machte ihn auf die kardiale Stammzelltherapie von Prof. Steinhoff aufmerksam. Der heute 73-Jährige sieht die Stammzelltherapie als einzige Chance für ihn zur Vermeidung einer Transplantation. Heute rund drei Jahre nach der Therapie ist er wieder voller Energie und seine Lebensqualität hat sich stark verbessert. Herrn Grählert wurden aus seinem eigenen Knochenmark isolierten und anschließend aufgereinigten Stammzellen (adulte Stammzellen) ins Herz gespritzt.

„Mit Regenerativer Medizin können Erkrankungen qualitativ besser behandelt werden als es bisher möglich ist. Bereits heute kann die Herzleistung nach einem Infarkt durch die Stammzelltherapie verbessert werden, ist der Ersatz von abgenutztem Knorpel in Gelenken möglich, ist die verbesserte Behandlung von Hautdefekten durch künstliche Transplantate in Sicht“, betont Prof. Dr. Mathias Freund. Der Geschäftsführer der Seracell GmbH kritisiert die unzureichende Förderung der Regenerativen Medizin in Deutschland im Vergleich zu den USA. Zudem betrachtet er mit Sorge, die unzureichende Umsetzung der Forschung in die Klinik: „Die Ansätze in der Regenerativen Medizin sind meist individuell auf den Patienten zugeschnitten – z.B. durch die Verwendung körpereigener Stammzellen. Die technischen Voraussetzungen und der personelle Aufwand für die Entwicklung der Therapien sind sehr hoch. Da es sich um einen patientenindividuellen Ansatz handelt, ist er für die großen Pharmafirmen nicht interessant und bietet Chancen für mittelständische Unternehmen und Neugründungen. Die sind jedoch häufig unterfinanziert und haben Probleme, den entsprechenden Aufwand bis zu einer fern liegenden Zulassung eines Produktes zu tragen. Hilfreich wären erleichterte Zulassungsbedingungen, z.B. durch adaptive Zulassung. Dies würde bedeuten, das neue Behandlungsverfahren sehr früh zugelassen werden könnten mit der Auflage, weitere Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit zu liefern“, so der Onkologe.

„Wir brauchen – ähnlich wie in den USA, Japan und Korea – universitäre Therapiezentren, um international mithalten zu können. Die Industrie alleine ist nicht in der Lage, die Entwicklung alleine voranzutreiben“, unterstreicht Prof. Steinhoff. Ein Vorbild könnte die erfolgreiche Entwicklung der Organtransplantation sein, die auf wenige universitäre Zentren konzentriert war. „Wir in Rostock haben ein erfolgreiches universitäres Entwicklungs- und Therapiezentrum in Kooperation mit Biotech-Industrie (Miltenyi-Biotec GmbH, Seracell Stammzelltechnologie GmbH) und ein erfolgreiches Ausgründungszentrum für Start-ups (BMFZ) in der Regenerativen Medizin“, sagt der Herzchirurg nicht ohne Stolz.

Universitätsmedizin Rostock
Direktor
Klinik und Poliklinik für Herzchirurgie
Prof. Dr. med. Gustav Steinhoff
Schillingallee 35
18057 Rostock
Tel. +49-381-494-6101
Fax +49-381-494-6102
Mail: gustav.steinhoff(at)uni-rostock.de

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Ingrid Rieck Universität Rostock

Weitere Informationen:

http://www.uni-rostock.de

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