„Microbiology and Infection“ – deutschlandweit größte Fachkonferenz in Würzburg

Wie können wir uns vor mikrobiellen Krankheitserregern schützen? Welche Möglichkeiten sind erfolgversprechend, gegen bereits ausgebrochene Infektionen vorzugehen? Wie gelingt es, uns die außerordentlichen Fähigkeiten von Mikroorganismen zu Nutze zu machen?

Diese und andere spannende Themen rund um unser Zusammenleben mit diesen Kleinstlebewesen präsentierte die Fachtagung „Microbiology and Infection“ vom 5. bis 8. März 2017 in Würzburg.

Mit über 1600 Teilnehmern zeigte die 5. Gemeinsame Jahrestagung der „Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) e. V.“ und der „Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) e. V.“ mit hochaktuellen Beiträgen und spannenden Vorträgen den hohen Stellenwert der Mikrobiologie für die Infektionsmedizin, nicht nur in der Grundlagenforschung, sondern auch in den Bereichen der Infektionsdiagnostik und -prävention.

Mikrobiologen diskutierten fachübergreifend neueste Forschungsergebnisse und Erkenntnisse aus der spannenden Welt der Mikrobiologie. International renommierte Mikrobiologen hielten hochkarätige Festvorträge: Prof. Martin Blaser (New York, USA) beschäftigte sich mit dem menschlichen Mikrobiom, also Mikroben, die beispielsweise Darm und Haut in unvorstellbarer Zahl besiedeln und bei Übergewicht und Diabetes eine wichtige Rolle spielen. Prof. Susan Gottesman (Bethesda, USA) schilderte, wie sich Bakterien über regulatorsiche RNA-Netzwerke an Stressbedingungen anpassen.

Weitere Schwerpunkte des vielfältigen Programms bildeten die Themen Antibiotika und Resistenzen, Strategien zur Verhinderung der Ausbreitung multiresistenter Erreger in Krankenhäusern sowie neue wissenschaftliche Untersuchungen zu Phagen, die Bakterien zerstören, und zu neuen Riesenviren („giant viruses“).

Außerdem wurden notwendige Maßnahmen zur gesundheitlichen Versorgung von Flüchtlingen vorgestellt. Die breite Themenpalette der Mikrobiologie umfasste spannende Vorträge zu Biotechnologie, Lebensmittelforschung und Umweltmikrobiologie sowie über Pilze, photosynthetische Bakterien und Archaeen. Zu dieser sehr alten Mikrobengruppe, Urform für die Evolution des Tier- und Pflanzenreichs, zählt auch die Mikrobe des Jahres 2017, die im Rahmen der Tagung vorgestellt wurde (www.mikrobe-des-jahres.de).

Unter der Leitung der Kongresspräsidenten Prof. Dr. Matthias Frosch, Institut für Hygiene und Mikrobiologie, Prof. Dr. Thomas Rudel, Lehrstuhl für Mikrobiologie und Prof. Dr. Jörg Vogel, Institut für Molekulare Infektionsbiologie von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, stellte die DGHM als wissenschaftliche Gesellschaft der Hygiene und Medizinischen Mikrobiologie zusammen mit der VAAM als wissenschaftliche Gesellschaft der naturwissenschaftlichen Mikrobiologie aktuelle Forschungserkenntnisse zur Diskussion.

Multiresistente Erreger stellen große Herausforderungen an das Fachgebiet der Mikrobiologie
und die Zusammenarbeit von naturwissenschaftlichen und medizinischen Mikrobiologen. Zu diesem aktuellen Forschungsgebiet betonte Matthias Frosch: „Das Thema Antibiotika und Resistenzen haben wir sehr bewusst als eines der Schwerpunktthemen für die diesjährige DGHM/VAAM-Tagung ausgewählt. Ein besonderes Augenmerk galt zum einen den Anstrengungen, neue Antibiotika gegen Bakterien zu finden.

Eine Reihe von Mikroben, wie zum Bespiel die im Boden lebende Myxobakterien, besitzen ein enormes Stoffwechselpotential und produzieren Wirkstoffe, die sie vor mikrobielle Konkurrenten oder Feinden schützen. Diese natürlichen Wirkstoffproduzenten sind daher eine vielversprechende Quelle für neue antibiotische Substanzen. Neben der Suche nach neuen Wirkstoffen ist es aber auch wichtig zu verstehen, wie Resistenzen überhaupt entstehen. Und nicht zuletzt hat uns die Frage interessiert, wie der Einsatz von Antibiotika optimiert werden kann, damit das Risiko der Resistenzentwicklung minimiert wird.“

Im Themenbereich der multiresistenten Bakterien wurden weitere Entwicklungen zur molekularbiologischen Diagnostik vorgestellt. Frosch fasst die verschiedenen aktuellen Ansätze zusammen: „In der neuen Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART 2020) der Bundesregierung kommt der Entwicklung von Methoden zur schnellen Identifizierung von (multi-) resistenten Infektionserregern sowie der Überprüfung der Erstattungsfähigkeit molekularer Schnellverfahren eine zentrale Bedeutung zu. Molekulare Schnellteste sind daher auch vermehrt im Fokus von entsprechenden Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowohl in der Industrie als auch der universitären Forschung.

Zum Beispiel werden seit vielen Jahren schon molekulare Schnelltests erfolgreich zum Nachweis einer MRSA-Besiedlung bei Patienten in der Klinik eingesetzt. Allerdings sieht die gesetzliche Krankenversicherung für die Anwendung von Testsystemen zur Schnelldiagnostik noch keine gesonderte Vergütung vor. Hier besteht aktuell noch Handlungsbedarf von Seiten der Politik, Krankenkassen und Berufsverbände.“

Frosch weist darauf hin, dass die Entwicklung und der diagnostische Einsatz molekularer Verfahren zum schnellen Nachweis der krankenhaushygienisch so bedeutsamen, sogenannten multiresistenten gramnegativen Bakterien sehr viel größere Schwierigkeiten bereiten: „Hier stellt die große Vielfalt der genetischen Resistenzmechanismen die Entwicklung von molekularen Schnellverfahren noch vor große technologische Herausforderungen.

Aktuell gibt es auf dem Markt aber schon eine Reihe von sogenannten Multiplex-Systemen, die den Nachweis ausgewählter und krankenhaushygienisch besonders wichtiger Resistenzen innerhalb von 24 Stunden erlaubt. Allerdings sind sie noch nicht in der Lage, sämtliche Mutationen zuverlässig nachzuweisen, die zu einer Resistenz dieser Bakterien z. B. gegen die therapeutisch bedeutsame Klasse der Cephalosporine führen. Inwieweit der Einsatz von modernen Hochdurchsatzverfahren der mikrobiellen Genomsequenzierung einen entscheidenden Beitrag wird leisten können, ist ebenfalls noch Gegenstand der aktuellen Forschung.“

Thomas Rudel betonte: „Neben dem zurzeit hochaktuellen Thema der sich ausbreitenden Antibiotikaresistenzen und damit verbunden der Erforschung von Bakterienviren – sogenannte Phagen – befassten sich gleich mehrere Veranstaltungen mit der Mikrobiota des Menschen, zurzeit eines der aktivsten Forschungsgebiete der Mikrobiologie und von vielen angrenzenden Bereichen.“

Als weltweit führender RNA-Forscher und Infektionsbiologe stellte Jörg Vogel die spannende Welt der nicht-kodierenden RNA-Moleküle und ihr Potenzial für neue Diagnostika und Therapien von Infektionskrankheiten vor. Für seine wegweisenden Beiträge zum Verständnis regulatorischer RNA-Moleküle in der Infektionsbiologie erhielt er am 15. März 2017 in Berlin den mit 2,5 Millionen Euro dotierten Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die Auszeichnung gilt als „deutscher Nobelpreis“.

Ein Großteil der Tagungsteilnehmer waren Nachwuchsforscher/innen, die von VAAM und DGHM mit Fördermaßnahmen, Promotions- und Posterpreisen unterstützt wurden. Die Jahrestagung wurde von einer fachbezogenen Industrieausstellung begleitet.

Weitere Informationen gibt es unter www.vaam.de  und www.dghm.de , das komplette Programm unter www.microbiology-infection.de 

Pressekontakt:
Kerstin Aldenhoff
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