Klimawandel führt zu steigenden Sturmfluten – Küstenschutz muss mittelfristig angepasst werden

Die erste Sturmflut des Herbstes hat an der Nordseeküste bereits zu Überflutungen geführt und Schaden angerichtet. Aufgrund des Klimawandels können bis zum Ende des Jahrhunderts solche Sturmfluten dort jedoch um bis zu 1,1 Meter höher auflaufen als gegenwärtig.

Dieses Szenario entwirft das Institut für Küstenforschung am GKSS Forschungszentrum Geesthacht in seinem neuesten Forschungsbericht. Um auch künftig gegen Schäden durch Sturmfluten gewappnet zu sein, investieren Bundesländer wie Schleswig-Holstein und Niedersachsen jährlich zweistellige Millionenbeträge in den Schutz ihrer Küsten.

Der Küstenschutz ist auch eines der zentralen Themen auf der acqua alta vom 10. bis 12. November im CCH – Congress Center Hamburg. Auf dem Internationalen Kongress mit Fachmesse für Klimafolgen und Hochwasserschutz stellen Experten aus dem In- und Ausland neue Entwicklungen und Projekte vor.

Aus Sicht von Dr. Ralf Weisse vom Institut für Küstenforschung am GKSS wird sich die Lage an der Nordseeküste mittelfristig verschärfen: „Bis 2030 ist der derzeitige Küstenschutz an der Nordsee fast genauso wirksam wie heute. Bis zum Ende des Jahrhunderts kann jedoch Handlungsbedarf entstehen, denn bis dahin können Sturmfluten drei bis elf Dezimeter höher auflaufen als heute.“

Die betroffenen Bundesländer bereiten sich schon jetzt intensiv auf die potenzielle Bedrohung vor. So will Schleswig-Holstein bis 2025 knapp 300 Millionen Euro in den Schutz seiner rund 1200 Kilometer Küsten an Nord- und Ostsee investieren, davon 142 Millionen Euro allein in den Ausbau der Deiche. Niedersachsen stellt in diesem Jahr erstmalig mehr als 73 Millionen Euro für den Schutz der rund 600 Kilometer langen Küsten zur Verfügung. Den Löwenanteil mit 50 Millionen Euro erhalten die Hauptdeichverbände. Beim Ausbau und der Erhöhung der Deiche haben beide Bundesländer einen zusätzlichen „Klimazuschlag“ von bis zu 50 Zentimetern festgelegt.

Einfluss auf die Höhe der Sturmfluten hat neben dem Windklima und den Gezeiten auch der Anstieg des Meeresspiegels. Über dessen Entwicklung in der Nordsee wird Weisse auf dem internationalen Kongress der acqua alta referieren. Da die Ursachen für Veränderungen dieser Faktoren unterschiedlich gut erforscht sind, hat das GKSS das Projekt COSYNA (Coastal Observation System for Northern and Arctic Seas) ins Leben gerufen. Dabei wird unter anderem der physikalische, ökologische und biogeochemische Zustand der Nordsee beobachtet. Weisse erläutert die Hintergründe: „Das COSYNA-Projekt dient zur wissenschaftlichen Analyse aktueller Prozesse und Wechselwirkungen der deutschen Nordsee. Wir wollen so Aufschluss darüber gewinnen, wie sich langfristige Faktoren wie Strömung, Seegang, Temperatur und Salzgehalt des Meeres ändern, um entsprechende Rückschlüsse daraus zu ziehen. Mit den Daten können Karten erstellt, Simulationsmodelle entwickelt sowie modellgestützte Szenarien und Vorhersagen entworfen werden.“

Einen transnationalen Ansatz verfolgt das Interreg Nordseeprogramm, das seit über zehn Jahren Kooperationsprojekte zwischen den sieben Anrainerstaaten im Nordseeraum – von England über Holland bis hoch nach Norwegen – fördert. Auch in der neuen Förderperiode von 2007 bis 2013 gibt es eine Reihe von Projekten, die sich aus transnationaler Sicht mit Küstenschutz und Hochwassermanagement in der Nordsee befassen. Carsten Westerholt, zuständiger Abteilungsleiter im Programmsekretariat in Viborg/Dänemark, beschreibt deren Ausrichtung: „Schwerpunkte der derzeitigen Projekte sind die Auswirkungen des Klimawandels auf Küstengewässer, Wasser- und Grundwassersysteme sowie auf Gebäude und die Landwirtschaft. Um einen verbesserten Hochwasser- und Küstenschutz zu gewährleisten, werden unter anderem nordseespezifische Klimaszenarien entwickelt und effiziente Maßnahmen und deren Auswirkungen identifiziert. Außerdem werden neue, innovative Managementstrategien im Rahmen von Pilotmaßnahmen getestet.“

Dabei gehe es auch um die Erarbeitung einer transnationalen Methodik zur Umsetzung des Hochwasserrisikomanagements. So werden im Rahmen der Projekte geologische 3D-Visualisierungen realisiert sowie Vorhersagesysteme und neue Werkzeuge zur Evaluierung und Demonstration von Klimawandelszenarien im Nordseeraum entwickelt. Ebenso werden Kosten-Nutzen-Analysen erstellt und ein Wassermanagementkonzept zum Umgang mit Überflutungen, Dürren und Wasserknappheit in der Landwirtschaft eingeführt.

Auf dem internationalen Kongress der acqua alta wird Carsten Westerholt über die aktuellen transnationalen Aktivitäten zum Küstenschutz und Hochwassermanagement im Nordseeraum informieren. Außerdem werden auf der begleitenden Fachmesse einige der neuen Projekte des Interreg Nordseeprogramms vorgestellt.

Die acqua alta, Internationaler Kongress mit Fachmesse für Klimafolgen und Hochwasserschutz, findet vom 10. bis 12. November 2009 im CCH-Congress Center Hamburg statt. Sie bietet mit den Schwerpunktthemen Klimafolgen, Hochwasserschutz, Katastrophenmanagement und Wasserwirtschaft allen beteiligten Organisationen, Forschungsinstituten, kommunalen Spitzenverbänden und Branchen eine Plattform für den fachlichen Austausch und die Entwicklung gemeinsamer Strategien zur Bewältigung dieser globalen Gemeinschaftsaufgaben. Weitere Informationen zu Kongress und Messe im Internet unter www.acqua-alta.de

Redaktion: Gudrun Blickle, Tel.: 040/3569-2442, Fax: -2449, gudrun.blickle@hamburg-messe.de

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