Keineswegs verpennt – internationale Schlafmaustagung am Senckenberg Görlitz

An der Tagung im Internationalen Begegnungszentrum St. Marienthal nehmen 120 Wissenschaftler aus 24 Ländern teil. Das Treffen ist das bedeutendste Forum für den Erfahrungsaustausch zu allen Themenbereichen der Biologie, Ökologie und des praktischen Schutzes der Schlafmäuse.

Prof. Dr. Hermann Ansorge, Abteilungsleiter für Zoologie am Senckenberg Museum und der Biologe Sven Büchner, freier Mitarbeiter in dessen Sektion Säugetiere, organisieren seit Monaten die Zusammenkunft der Spezialisten, die ihre aktuellen Forschungsergebnisse in Vorträgen und Postern präsentieren werden. Nach der Tagung schließt sich eine Exkursion in typische Lebensräume der Nager im Nationalpark Sächsische Schweiz an.

Die Erforschung der Lebensweise der Bilche hat am Görlitzer Naturkundemuseum eine langjährige Tradition. Mit den Kartierungsarbeiten zum Säugetieratlas von Sachsen wurden hier die Veränderungen der Bestände in Sachsen dokumentiert, so z.B. das verstärkte Auftreten der Siebenschläfer in den Mittelgebirgen und die rasante Abnahme der Gartenschläfer. Die umfassenden Sammlungen des Senckenberg Museums ermöglichten einer internationalen Forschergruppe genetische Vergleiche zwischen verschiedenen Populationen der Haselmaus.

Die winzigen Haselmäuse sind die Lieblingstiere von Sven Büchner. Seit Jahren erfasst er ihr Vorkommen in Sachsen mit witzigen öffentlichkeitswirksamen Aktionen, wie der Großen Nussjagd (http://www.nussjagd.de/cms/front_content.php). Den aktuellen Stand der Kenntnisse über die Biologie der Haselmäuse hat der Friedersdorfer Biologe im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem litauischen Zoologen Rimvydas Juskaitis in dem Buch der Neuen Brehm-Bücherei „Die Haselmaus“ veröffentlicht.

Seit 20 Jahren veranstaltet die Wissenschaftlergemeinde, die sich im Besonderen mit der Familie der Gliridae (Schlafmäuse) innerhalb der Rodentia (Nagetiere) befasst, internationale Tagungen im dreijährigen Turnus. Anfangs beschäftigte sich nur ein kleiner Personenkreis mit dieser Artengruppe. Als der Biologe Heiko Müller-Stieß für Anfang November 1990 zum 1. Internationalen Bilchkolloquium einlud, folgten 22 Wissenschaftler der Einladung in den Nationalpark Bayerischer Wald. Seit dem wuchs das Interesse stetig. An der darauf folgenden „II Conference on Dormice“ auf Einladung der Universitäten Kalabrien und Rom, des Nationalparks Kalabrien und der Associazione Teriologica Italiana nahmen fast 80 Forscher teil. Die Vorträge werden in international verbreiteten Tagungsbänden publiziert. Diese sind als Zielstellung die Referenzwerke für die Entwicklung dieses Wissenschaftsgebietes.

Die bisherigen Veranstaltungsorte waren:
• 1990 Nationalpark Bayerischer Wald, Deutschland
• 1993 Universitäten Kalabrien und Rom, Nationalpark Kalabrien, Italien
• 1996 Naturkundemuseum Zagreb, Kroatien
• 1999 Trakia Universität Edirne, Türkei
• 2002 Szent Istvan Universität Gödöllö ,Ungarn
• 2005 Universität Podlasie in Siedlice, Polen
• 2008 British Mammal Society Cheddar, England
Inhaltliche Schwerpunkte der Tagungen sind die Taxonomie, Phylogenie, Ökologie und Ökophysiologie, Populationsgenetik, Morphologie, Ontogenie und Histologie, Parasitologie, Paläontologie sowie Biogeografie der Schlafmäuse.
Sie sind eine stammesgeschichtlich und ökologisch sehr wichtige Säugetiergruppe. Ihre phylogenetische Stellung an der Basis der Rodentia macht sie für entwicklungsbiologische Fragestellungen besonders interessant. Das Phänomen des Winterschlafes und andere physiologische Ausnahmen wie die Fähigkeit des Tages-Torpors stehen im Focus der Ökophysiologie. Nicht zuletzt führt die arboricole Lebensweise der Schlafmäuse zu populationsökologischen und –genetischen Problemen Fragestellungen, die wiederum für internationale Schutzbemühungen der oftmals hochgradig gefährdeten Arten von Bedeutung sind.

Die Schlafmäuse, Schläfer oder Bilche sind in den letzten zwei Jahrzehnten verstärkt in den Fokus der Forschung gelangt, unter anderem wegen ihrer starken Bedrohung in vielen Ländern und den daraus resultierenden Schutzbemühungen (Haselmaus und Baumschläfer sind im Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführt).

Media Contact

Christian Düker idw

Weitere Informationen:

http://www.senckenberg.de/IDC8

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