Internationale Polymer-Konferenz in Jena: Große Moleküle sollen Energiewende meistern

Fossile Energiequellen sind endlich, Alternativen sind gefragt. Neue Ansätze zur Energiespeicherung, -umwandlung und -einsparung stehen im Fokus von Forschung und Entwicklung und erfahren eine wachsende gesellschaftliche Relevanz, insbesondere mit Blick auf die Energiewende. Polymere bergen ein großes Potenzial für neue Technologien und Anwendungsmöglichkeiten im Energiesektor.

Sie sind kostengünstig in der Produktion, einfach in der Verarbeitung und bieten viele Möglichkeiten, ihre Eigenschaften durch Wahl der Monomere, Vernetzungsarten und Kettenlänge zu optimieren. Vor diesem Hintergrund präsentieren und diskutieren internationale Experten aus Wissenschaft und Industrie auf der „Polymers and Energy“ neue Ideen und Erkenntnisse, wie verschiedene polymere Materialien Beiträge zur Energieversorgung der Zukunft leisten können.

Professor Dr. Christoph J. Brabec, Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, geht bereits im Eröffnungsvortrag auf die faszinierenden Möglichkeiten ein, die das Drucken von (an)organischen Solarzellen bieten könnte. Das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE Bayern), dessen Vorstandsvorsitzender er ist, hat am Energie Campus Nürnberg die „Solarfabrik der Zukunft“ gegründet − ein Forschungszentrum, das gedruckte Solarzellen entwickeln und kommerzialisieren möchte. Dafür werden dort eigene Konzepte und Herstellprozesse für Solarzellen auf Basis von dünnem Silizium und organischen Halbleitern entwickelt.

Das entscheidende Energiethema der Zukunft „elektrische Energiespeicher/Batterien“ spielt mit einer Reihe von Vorträgen eine zentrale Rolle in der Konferenz. In die Thematik „metallfreie“ Batterien führt der Erfinder der organischen Radikal-Batterien, Professor Hiro Nishide aus Japan, ein, gefolgt von aktuellen Beiträgen für neue druckbare Folienbatterien aus Jena (Dr. Martin Hager, Friedrich-Schiller-Universität Jena). Ein neues Konzept für skalierbare elektrische Energiespeicher für die Energiewende stellt eine Ausgründung der Universität Jena vor: Redox-Flow-Batterien auf Kunststoff-Basis (Tobias Janoschka, JenaBatteries GmbH).

Beim Themenkomplex „Organische Solarzellen und Beleuchtung“ präsentiert Dr. Jochen Ackermann, Evonik Industries AG, Darmstadt, Anwendungsmöglichkeiten von Mikrostrukturen auf Polymeroberflächen. Nach einem Überblick über die gängigen Technologien mikrostrukturierter Masterstrukturen für die Replikation von optisch funktionalen Oberflächen, die wichtigsten zugehörigen Prozessparameter und die Herausforderungen in der Herstellung dieser hochpräzisen Werkzeuge und Formen stellt Ackermann einige Anwendungsbeispiele im Bereich der Konzentrator-Photovoltaik (CVP) vor.

Der Vortrag von Professor Dr. Lorenz Ratke, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Institut für Materialphysik im Weltraum, Köln, im Themenbereich „Leichtbau und Energieeffizienz“ behandelt Aerogele – nanostrukturierte, offenporige und somit extrem leichte Festkörper, die über einen Sol-Gel-Prozess hergestellt werden. Wegen ihrer hohen elektrischen Leitfähigkeit und Stabilität könnten sie zum Beispiel als Elektrodenmaterial verwendet werden. Ratke stellt die vielseitigen Werkstoffe auf Basis polymerer Aerogele vor und gibt einen Ausblick auf denkbare zukünftige Einsatzgebiete und Möglichkeiten der Kommerzialisierung, z. B. in der Triebwerkstechnik.

Auf Energieeffizienz geht auch Dr. Tim Liebert, Friedrich-Schiller-Universität Jena, in seinem Vortrag über den Einsatz von Biopolymer-Matrices in energieeffizienten Fenstern ein. Solche Fenster reagieren flexibel auf Sonneneinstrahlung mit Verdunkelung und Kühlung und tragen so zum Energiesparen bei. Dazu verwendet werden passive Bauteile wie photochrome Beschichtungen, die auf Bestrahlung mit UV-Licht mit einer reversiblen Farbtonänderung reagieren, oder thermochrome Gläser, die bei Bedarf automatisch weniger Sonnenenergie einlassen.

Zu den aktiven Bauteilen zählen zum Beispiel Flüssigkristalle, die Fenster erst durch Anlegen einer elektrischen Spannung transparent werden lassen, und elektrochrome Gläser, die sich elektrisch von klarer Durchsicht zu trübem Milchglas schalten lassen. Liebert zeigt, dass auch Biopolymere in ebendiesen Anwendungsgebieten eingesetzt werden können.

Auf „Neue Materialklassen“ nimmt Professor Dr. Klaus Müllen, Max-Planck-Institut für Polymerforschung, Mainz, in seinem Vortrag Bezug. Graphen-Nanobänder können konventionelle konjugierte Polymere als aktive Komponenten in Geräten ersetzen. Müllen präsentiert ein synthetisches Verfahren, mit dem Graphen-Nanobänder vergrößert werden können. Vor dem Hintergrund, dass Graphen-Materialien und bestimmte molekulare Derivate neue Arbeitsprinzipien ermöglichen können, ist dieses Verfahren nicht nur für die digitale Elektronik, sondern auch in der Energietechnik für Bauteile wie Batteriezellen, Superkondensatoren und Brennstoffzellen von Bedeutung.

Neben der Hauptkonferenz mit vielen weiteren Vorträgen findet auch die Satelliten-Konferenz „Self-Assembly in Synthetic and Biological Polymers“ im Rahmen des Sonderforschungs-bereichs Transregio 102 statt (ein Grundlagen-Forschungsprojekt der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gemeinsam mit der Universität Leipzig, gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft).

Die GDCh verleiht im Rahmen der „Polymers and Energy“ sowohl den Hermann-Staudinger-Preis als auch den Georg-Manecke-Preis. Die Fachgruppe Makromolekulare Chemie vergibt darüber hinaus den Preis für Nachwuchswissenschaftler auf dem Gebiet der Makromolekularen Chemie. Weiterhin werden die besten Posterbeiträge prämiert.

Weitere Informationen zur Tagung: www.gdch.de/makro2014

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gehört mit über 31.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie hat 27 Fachgruppen und Sektionen, darunter die Fachgruppe Makromolekulare Chemie mit über 1.200 Mitgliedern. Die Fachgruppe wurde vor 64 Jahren gegründet. Sie vereinigt Wissenschaftler aus Hochschulen, Forschungsinstituten und der Industrie, und zwar aus allen Bereichen der Polymerchemie und -physik von den Funktionswerkstoffen, den technischen Kunststoffen, über Biopolymere und Biomaterialien bis hin zu nanoskaligen Polymersystemen für die Medizin, Elektronik oder Optik.

http://www.gdch.de

Media Contact

Dr. Renate Hoer GDCh

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