Größte europäische Konferenz für Softwareforschung findet in Saarbrücken statt

Viele Computerprogramme sind aber heute so komplex, dass auch Informatiker sie kaum beherrschen. Das zeigen die Sicherheitslücken bei Facebook, Google und anderen großen Systemen.

Deutlich wird dies aber auch bei Softwarepannen, die etwa die Entwicklung des Airbus A380, des Toll-Collect-Systems oder die Bearbeitung von Lohnsteuererklärungen erheblich verzögerten.

Wie man aufwändige Softwaresysteme sicherer und zuverlässiger gestalten kann, diskutieren Informatikforscher aus der ganzen Welt bei der größten wissenschaftlichen Software-Konferenz Europas.

Die ETAPS-Konferenz findet vom 26. März bis 3. April in Saarbrücken statt.

Viele große Computerprogramme steuern heute Aktienmärkte, Zugfahrpläne und die industrielle Produktion. Sie sind über die Jahre gewachsen und immer komplexer geworden, aber dadurch auch anfälliger für Fehler. „Man kann das mit dem Bau einer Kathedrale vergleichen. Da wurde im Mittelalter vieles ausprobiert und gebaut, was dann zum Teil auch wieder einstürzte.

Die Statik konnte damals keiner berechnen, dennoch kann man viele hohe Kirchenbauten noch heute bewundern“, erläutert der Saarbrücker Informatik-Professor Reinhard Wilhelm. Bei Softwaresystemen werde heute auch vieles konstruiert, was zwar in den meisten Fällen funktioniere, aber in der Theorie nicht verstanden sei und dann im ungünstigen Fall zum Absturz führe.

„Hier besteht noch viel Forschungsbedarf, damit Unternehmen die Komplexität der Systeme besser in den Griff bekommen“, sagt Wilhelm, der Initiator der Konferenzserie und diesjährige Vorsitzende der Software-Konferenz ETAPS.

Für die Softwareforscher ist von Interesse, wie man ein Computerprogramm von vornherein so konstruieren kann, dass es keine Fehler enthält oder man zumindest darin Fehler automatisch findet. Zu diesem Thema wird Gerard J. Holzmann, ein renommierter Forscher der amerikanischen Weltraumbehörde NASA, in Saarbrücken vortragen. Prakash Panangaden, der in Kanada forscht, wird über das Quantencomputing sprechen und sich mit der Frage beschäftigen, wie damit die Rechenleistung von Computern noch um ein Vielfaches gesteigert werden kann.

Wenn Quantencomputing eines Tages funktionieren würde, was noch nicht klar ist, könnte es allerdings mit einem Schlag die kryptographische Infrastruktur zerstören, auf der alle Sicherheitsmechanismen der heutigen Informationstechnologie beruhen. Andrew Appel von der Princeton University (USA) hat mehrere Standardwerke zu Compilern geschrieben, die die Programmiersprachen erst in die für Computer lesbare Sprache übersetzen. Er wird in Saarbrücken darüber reden, wie man Software und Compiler verifizieren kann, damit sie genau das tun, was von ihnen erwartet wird und zwar mit hundertprozentiger Sicherheit. In weiteren Vorträgen wird es um das Testen von Software und die Sicherheit von komplexen Computersystemen gehen. Ross Anderson von der Elite-Universität Cambridge wird erklären, warum es Datenschutz für große Datenbestände – wie etwa Facebook – niemals geben kann und wie damit umzugehen ist.

Die internationale ETAPS-Konferenz findet erst zum zweiten Mal in Deutschland statt und wurde von den Saarbrücker Informatik-Professoren Holger Hermanns, Bernd Finkbeiner und Reinhard Wilhelm organisiert. Als industrielle Partner und Sponsoren sind unter anderem die Deutsche Forschungsgemeinschaft, Bosch, Microsoft Research, T-Systems, Software AG, IDS Scheer, IBM Research und das saarländische Unternehmen Absint Angewandte Informatik GmbH beteiligt. Auf der Konferenz werden mehr als 500 Teilnehmer aus der ganzen Welt erwartet, rund 60 davon kommen aus der Industrie.

Fragen beantwortet:

Prof. Holger Hermanns
Tel. 0681/302-5631
hermanns@cs.uni-sb.de
Hinweis für Hörfunk-Journalisten: Sie können Telefoninterviews in Studioqualität mit Wissenschaftlern der Universität des Saarlandes führen, über Rundfunk-ISDN-Codec. Interviewwünsche bitte an die Pressestelle (0681/302-3610) richten.

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Friederike Meyer zu Tittingdorf idw

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