Biokohle-Forscher tagen in Potsdam

Biokohleanwendung im Feldversuch Foto: ATB

An Pflanzenkohle – auch Biokohle genannt – werden weltweit große Erwartungen geknüpft: Sie soll als Bodenhilfsstoff verarmte Böden fruchtbar machen, den in pflanzlicher Biomasse gebundenen Kohlenstoff dauerhaft im Boden festlegen und umweltrelevante Emissionen aus der Landwirtschaft reduzieren.

Die Beweggründe, sich mit der Verkohlung pflanzlicher Ausgangsstoffe und ihrer Nutzung in der Landwirtschaft zu befassen, sind jedoch weltweit unterschiedlich. Während in Europa intensiv über die mögliche Bedeutung von Biokohle zur Minderung von klimarelevanten Gasen diskutiert wird, stehen in anderen Regionen die bodenverbessernden Eigenschaften von Biokohle im Fokus, etwa um der zunehmenden Versalzung arider Gebiete vorzubeugen.

Auch die Verwertungsmöglichkeit von Reststoffen aus der Agrarindustrie durch Verkohlung hat den Boom der Biokohle beflügelt. In Asien beispielsweise wird die Verbrennung von Reststoffen aus der Ölpalmindustrie zunehmend verboten, sodass alternative Verwendungsmöglichkeiten gesucht werden.

Auch das ATB forscht seit sechs Jahren an der thermochemischen Konversion von Biomasse zu Biokohle, sowohl um Reststoffe aus der Landwirtschaft sinnvoll zu verwerten als auch um Prozesse im Boden gezielt zu steuern, Ertragspotenziale auszunutzen und Emissionen in die Umwelt deutlich zu reduzieren. Ergebnisse aus zwei großen Forschungsverbünden des ATB werden im Rahmen des Symposiums vorgestellt und diskutiert.

„Es zeichnet sich ab, dass Ertragseffekte der Biokohle in gemäßigten Breiten nicht in gleichem Maße festzustellen sind, wie in den Tropen“, sagt ATB-Wissenschaftlerin Dr. Anja Sänger. Sie koordiniert das von der Leibniz-Gemeinschaft geförderte Verbundprojekt „Biochar in Agriulture – Perspectives for Germany and Malaysia“. Gemeinsam mit deutschen und malaysischen Partnern untersuchen die ATB-Forscher im Labor und im Feld die Wirkungen unterschiedlicher Biokohlen in gemäßigten Breiten und in den Tropen, um die relative Vorzüglichkeit von Biokohle ausloten zu können.

Als Rohstoffe für die Herstellung der Biokohlen eignen sich insbesondere Biomassen, die in der Landwirtschaft als Reststoffe anfallen. Im gerade abgeschlossenen Projekt APECS (Anaerobe Konversion von Biomassen zu hochwertigen Energieträgern und Kohlenstoffsenken) wurden am ATB verschiedene Verfahren der Verkohlung von Gärresten aus der Biogasproduktion untersucht. Die Einsetzbarkeit und Wirkungen der verschiedenen Biokohlen im Agrarökosystem ist Gegenstand aktueller Untersuchungen.

Die Produktion von Biokohle kann mit dem Verfahren der Pyrolyse (unter Luftabschluss bei Temperaturen zwischen 350° und 1000 °C) bzw. durch hydrothermale Carbonisierung (HTC) erfolgen (Zugabe von Wasser, bei Drücken von ca. 20 bar und Temperaturen von etwa 200°C). Dank ihrer großen Oberfläche bindet Biokohle gut Mineralstoffe und Wasser. Pflanzenkohle ist in einigen Ländern (u.a. Österreich, Schweiz, nicht in Deutschland) in der Landwirtschaft als Bodenhilfsstoff und Trägerstoff für Düngemittel zugelassen.

„Wir wissen bisher nicht genug über die Wechselwirkungen von Biokohle mit dem Agrarökosystem, um abschließend über die Sinnhaftigkeit des Einsatzes von Biokohlen in der Landwirtschaft urteilen zu können. Das Symposium bringt die weltweit wichtigsten Arbeitsgruppen zu dem Thema zusammen. Wir gehen davon aus, in dieser Frage sicher ein Stück weiter kommen“, meint Dr. Andreas Meyer-Aurich, Initiator und Organisator des Symposiums.

International Biochar Symposium 2015
“Biochar – Contribution to Sustainable Agriculture”
28.–29. Mai 2015
Seminaris SeeHotel Potsdam, An der Pirschheide 40, 14471 Potsdam
Programm und weitere Informationen:
http://www2.atb-potsdam.de/biochar/biochar_symposium_en1.htm

Das Projekt „Biokohle in der Landwirtschaft – Perspektiven für Deutschland und Malaysia“ (http://www.atb-potsdam.de/biochar) wird vom Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB) in Kooperation mit dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF), dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), der Technischen Universität Berlin (TU), der Humboldt-Universität Berlin (HU) sowie der Universität of Putra (UPM), Malaysia, durchgeführt und von der Leibniz-Gemeinschaft im Rahmen des „Paktes für Forschung und Innovation“ gefördert.

Das Ende 2014 abgeschlossene Projekt „Anaerobic Pathways to Renewable Energies and Carbon Sinks – APECS“ (http://www.atb-potsdam.de/apecs) wurde im Rahmen des Förderprogramms „BioEnergie 2021“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Kontakt:
Dr. Andreas Meyer Aurich – Koordinator des ATB-Forschungspogramms „Bewertung des Technikeinsatzes in Agrarsystemen“
Tel.: 0331 5699-222, E-Mail: ameyeraurich@atb-potsdam.de

Helene Foltan – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0331 5699-820, E-Mail: hfoltan@atb-potsdam.de
Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V.
Max-Eyth-Allee 100, 14469 Potsdam

Das Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e. V. (ATB) ist ein europäisches Zentrum agrartechnischer Forschung an der Schnittstelle von biologischen und technischen Systemen. Unsere Forschung zielt auf eine wissensbasierte Bioökonomie. Hierfür entwickeln wir hochinnovative und effiziente Technologien zur Nutzung natürlicher Ressourcen in landwirtschaftlichen Produktionssystemen – von der Grundlagenforschung bis zur Anwendung. http://www.atb-potsdam.de

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Helene Foltan idw - Informationsdienst Wissenschaft

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