Europäische Konsensuskonferenz rät zu regelmäßiger Nahrungszufuhr von omega-3 Fettsäuren bei Schwangeren

Eine von der EU geförderte und der Kinderklinik der Universität München koordinierte Konsensuskonferenz mit über 50 Experten, die vom 25. bis 29. August 2007 in Athen stattfindet, gibt neue Empfehlungen heraus, in denen während der Schwangerschaft und der Stillzeit eine Nahrungszufuhr von durchschnittlich mindestens 200 mg pro Tag Docosahexaensäure (DHA), einer omega-3-Fettsäure, befürwortet wird.[1]

Es ist zwar schon lange anerkannt, dass omega-3 gesundheitliche Vorteile bietet, die empfohlenen täglichen Zufuhrmengen fielen jedoch unterschiedlich aus. Vor diesem Hintergrund beauftragte die Europäische Kommission die Perinatal Lipid Nutrition Group (PeriLip) und das Early Nutrition Programming Project, die Rolle der Nahrungsfettzufuhr in der Schwangerschaft und Stillzeit zu untersuchen und eine eindeutige Dosierungsempfehlung für Frauen bzw. medizinische Fachleute abzugeben.

Das Expertenkomitee fand heraus, dass Frauen, die bei ihrer Ernährung auf die Aufnahme von DHA omega‑3 achteten, gesündere Schwangerschaften hatten – zum Beispiel hatten die Babys ein höheres Geburtsgewicht und die Anzahl an Frühgeburten war geringer. Die Vorteile sind nach der Geburt ebenfalls erkennbar; die DHA-Zufuhr konnte auch mit einer positiven kindlichen Entwicklung, vor allem der Augen und der Gehirnfunktionen, in Verbindung gebracht werden.1

“Wir untersuchten eine Reihe von Anzeichen für die Vorteile von omega-3 Fettsäuren und hoffen, dass unsere Erkenntnisse den Ärzten klare Richtlinien für die optimale omega-3-Zufuhr bei Schwangeren und Stillenden liefern”, erklärt Professor Berthold Koletzko, Professor für Pädiatrie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Koordinator der Expertengruppe. „Wir hoffen außerdem, dass junge und werdende Mütter diese Informationen beachten werden, um eine ausreichende Versorgung mit DHA sicher zu stellen und während der Schwangerschaft und Stillzeit von den Vorteilen zu profitieren.“

Omega-3-Fette gelten als gesundheitsfördernd, aber die Angaben über die besonderen Wirkungen insbesondere während der Schwangerschaft und Stillzeit sind oft verwirrend und widersprüchlich. Umso bedeutender ist daher diese neue Richtlinie. Vor allem bei Frauen mit einem typisch westlichen Ernährungsverhalten besteht das Risiko einer zu geringen Versorgung mit der omega-3 Fettsäure DHA, da die Hauptquelle der DHA (d. h. fette Seefische) nicht unbedingt zum normalen westlichen Speiseplan gehört. Die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen in den westlichen Industrieländern im Rahmen ihrer Ernährung ausreichend mit DHA versorgt werden, ist somit gering. Die neue Empfehlung möchte dieses Problem deshalb in Erinnerung rufen. DHA omega-3 ist in fetten Fischen, wie zum Beispiel Lachs oder Makrele, enthalten. Die Konsensuskonferenz empfiehlt den Verzehr von zwei Portionen fetten Fisch pro Woche für Schwangere und stillende Frauen, was auch mit den Empfehlungen der Europäische Agentur für Lebensmittelstandards übereinstimmt.[2] Frauen, die wenig oder keinen Fisch verzehren, sollten die Verwendung von omega-3 Supplementen erwägen.

Anmerkungen:

PeriLip Group Research – Weitere Ergebnisse

Die Zufuhr von bis zu 1g DHA/Tag bzw. 2,7 g n-3 LCPUFA/Tag wurde in randomisierten klinischen Studien ohne ernste Nachteile verwendet.
PeriLip und das Early Nutrition Programming Project empfahl außerdem, bei Frauen während der Schwangerschaft die Ernährungsweise zu überprüfen und gegebenenfalls eine individuelle Beratung anzubieten.

PeriLip und das Early Nutrition Programming Project

PeriLip

Die PeriLip Gruppe ist ein europäisches Expertenkomitee, das ein vierjähriges Forschungsprogramm durchführte, in dem die Rollen verschiedener Fettsäuren während der Schwangerschaft untersucht und definiert werden sollten. Diese Gruppe wird von der Europäischen Union gefördert und verfolgt das Ziel, die Richtlinien für die Ernährung während der Schwangerschaft zu verbessern. Die Expertenteams der PeriLip Gruppe sitzen in mehreren europäischen Städten (u. a. Lyon, Madrid, München, Mailand, Wye und Graz) und jedes Team wird von einem führenden Experten in den Bereichen Gynäkologie, Geburtshilfe, Pädiatrie und Ernährung geleitet.

Das Early Nutrition Programming Project

Dieses Projekt ist eine umfangreiche kooperative Studie über die langfristigen Auswirkungen frühkindlicher Ernährung durch Stoffwechselprogrammierung (metabolic programming). Dieses multidisziplinäre Projekt, an welchem Wissenschaftler von 38 Institutionen aus 16 europäischen Ländern mitwirken, wird von der Ludwig-Maximilians-Universität München koordiniert. Finanziert wird das Projekt im Rahmen des Programms für Lebensmittelqualität und Sicherheit des 6. Rahmenwerks der EU (FOOD-CT-2005-007036) für Forschung und technische Entwicklung. Die Förderung der EU beträgt 13,4 Millionen Euro, das gesamte Kostenvolumen des Projekts 16,5 Millionen Euro.

Über omega-3 Fettsäuren
Docosahexaensäure oder DHA ist eine mehrfach ungesättigte omega-3-Fettsäure, also ein „gutes” Fett, das im ganzen Körper vorkommt. DHA ist ein essenzieller Baustein des Gehirns und der Netzhaut des Auges und bis zu 97 Prozent der omega-3-Fette des Gehirns bzw. 93 Prozent der omega-3-Fette in der Netzhaut bestehen aus DHA.[3],[4]

Außerdem ist DHA ein Bestandteil des Herzens. Studien haben gezeigt, dass DHA omega-3 wichtig für die Entwicklung des Gehirns und des Nervensystems bei Kindern ist3,4,[5],[6] und langfristig für ein gesundes Herz sorgt.[7] DHA ist während der gesamten Schwangerschaft wichtig, insbesondere im dritten Trimester, da in diesem das Gehirnwachstum am stärksten ist.4 Mütter, die ihren DHA-Spiegel während der Schwangerschaft und Stillzeit erhöhen, verbessern die DHA-Versorgung des ungeborenen Kindes bzw. des Babys erheblich.[8]

Ansprechpartner für weitere Informationen:

Prof. Dr. Berthold Koletzko, Telefon 089-5160-2826 oder mobil 01738642027 oder Email Berthold.Koletzko@med.uni-muenchen.de

Klinikum der Universität München

Im Klinikum der Universität München (LMU) werden an den Standorten Großhadern und Innenstadt jährlich rund 83.000 Patienten stationär und 371.000 Patienten ambulant behandelt. Die 44 Fachkliniken, Institute und Abteilungen verfügen über 2.400 Betten. Von insgesamt 9000 Beschäftigten sind rund 1800 Mediziner. Forschung und Lehre ermöglichen eine Patientenversorgung auf höchstem medizinischem Niveau. Das Klinikum der Universität München zählt zu den größten Gesundheitseinrichtungen in Deutschland und hat im Jahr 2005 mehr als 55 Millionen Euro an Drittmitteln eingeworben. Das Klinikum der Universität München ist seit Juni 2006 Anstalt des öffentlichen Rechts.

Quellen:

[1] Koletzko B, Irene C, Thomas BJ for the Perinatal Lipid Intake Working Group (2007). Dietary Fat Intakes For Pregnant And Lactating Women. Abstract, präsentiert anlässlich des Internationalen Pädiatriekongresses, Athen, 29. August 2007

[2] European Food Safety Authority. Opinion of the Scientific Panel on contaminants in the food chain on a request from the European Parliament related to the safety assessment of wild and farmed fish (Question N° EFSA-Q-2004-22, Adopted on 22 June 2005). The EFSA Journal 2007 Jun 22;236:1-118.

[3] Martinez M. Tissue levels of polyunsaturated fatty acids during early human development. Pediatr, 1992.120:S129-38

[4] Lauritzen L, et al. The essentiality of long chain n-3 fatty acids in relation to development and function of the brain and retina. Prog Lipid Res, 2001. 40:1-94.

[5] Salem, Jr. N, et al. Mechanisms of action of docosahexaenoic acid in the nervous system. Lipids, 2001. 36:945-59

[6] Crawford MA. The role of essential fatty acids in neural development: implications for perinatal nutrition. Am J Clin Nutr, 1993. 57:703S-709S

[7] Forsyth JS, et al. Long chain polyunsaturated fatty acid supplementation in infant formula and blood pressure in later childhood: follow-up of a randomised controlled trial. BMJ, 2003. 326(7396):953

[8] Jensen C et al. Effect of DHA supplementation of lactating women on the fatty acid composition of breast milk lipids and maternal and infant plasma phospholipids. Am J Clin Nutr 2000;71(suppl);292S-9S

Media Contact

Philipp Kreßirer Klinikum der Universität München

Weitere Informationen:

http://www.klinikum.uni-muenchen.de

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