Vorstufen von Leukämien besser erkennen und behandeln

Neue Erkenntnisse über die Rolle von Genen und Chromosomen bei Krebserkrankungen eröffnen zunehmend neue Wege für die Behandlung. Mit den Kenntnissen wächst die Hoffnung auf eine zielgerichtete, individualisierte Medizin. Zu einem Austausch über die neuesten Möglichkeiten zur Behandlung und genetischen Diagnostik von myelodysplastischen Syndromen (MDS), einer möglichen Vorstufe von Leukämie (Blutkrebs), kommen in Göttingen am 6. und 7. September 2006 rund 30 Experten aus Europa zu einem internationalen Workshop zusammen. Thema der Tagung ist „Genetics of MDS“. Die wissenschaftliche Leitung des Workshops in Göttingen haben Prof. Dr. Christa Fonatsch, Institut für Humangenetik der Universität Wien und Privatdozent Dr. Detlef Haase, Abt. Hämatologie und Onkologie (Direktor: Prof. Dr. Lorenz Trümper), des Bereichs Humanmedizin – Universität Göttingen.

Grundlagenforscher und Mediziner aus Belgien, Dänemark, England, Griechenland, Italien, Österreich und Deutschland stellen ihre neuesten Forschungsergebnisse zu genetischen Veränderungen bei myelodysplastischen Syndromen vor. Gemeinsam diskutieren sie deren Bedeutung für die Erkrankungsentstehung, die individuelle Prognoseeinschätzung, Planung von Therapien und die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze. Die internationale Tagung steht unter der Schirmherrschaft des Europäischen Leukämienetzes (ELN).

An myelodysplastischen Syndromen (MDS) – einer Vorstufe zur Leukämie – erkranken vor allem ältere Menschen. Es handelt sich dabei um bösartige Erkrankungen von Knochenmarkszellen. Neueste epidemiologische Untersuchungen haben gezeigt, dass MDS die häufigste Knochenmarkserkrankung älterer Menschen überhaupt sind. Rund ein Drittel (30 Prozent) von ihnen entwickeln eine vollständige Leukämie. Neben den Symptomen der Anämie wie Müdigkeit, Leistungsschwäche und Luftnot, können MDS zu lebensbedrohlichen Infektionen und Blutungen führen. Die einzige Heilungschance besteht bisher in einer Knochenmark- bzw. Stammzelltransplantation, diese kommt aber aufgrund des meist hohen Alters der Erkrankten nur für sehr wenige Patienten in Frage.

Ein Schwerpunkt der Tagung liegt darauf, die Möglichkeiten und Grenzen mehrerer neuartiger Medikamente für den Einsatz gegen MDS auszuloten. Viele dieser Medikamente wurden erst in den letzten Jahren entwickelt, werden jetzt erstmals in klinischen Studien eingesetzt und zeigen z.T. vielversprechende und sogar überraschend gute Ergebnisse. Die Entwicklung dieser Medikamente profitierte entscheidend von neuen genetischen Erkenntnissen, wie sie auch im Rahmen dieser Tagung vorgestellt werden.

Zu den neuesten Erkenntnissen aus der Genetik gehört zum Beispiel, dass ein Teil der neuen Behandlungsverfahren besonders gut bei Patienten wirkt, deren erkrankte Stammzellen ganz bestimmte Veränderungen an den Chromosomen (Chromosomenanomalien) aufweisen. Andere Veränderungen an den Chromosomen wiederum sind charakteristisch für MDS-Zellen, bei denen eine Behandlung keine Wirkung zeigt. Mit diesem Wissen wird es möglich, eine Behandlungsform gezielt solchen Patienten zukommen zu lassen, bei denen sie auch wirkt. Umgekehrt wird es möglich, betroffenen Patienten eine sehr belastende und teure Therapie zu ersparen.

Diese Erkenntnisse deuten zukünftige Möglichkeiten für eine individualisierte, zielgerichtete Therapie auf der Grundlage genetischer Befunde an, die die Behandelbarkeit von MDS entscheidend verbessern werden. Neben diesem zentralen Punkt stellt die europäische Arbeitstagung neue Erkenntnisse über individuelle genetische Risikofaktoren für die Erkrankungsentstehung, über spezielle genetische Untergruppen von MDS und genetische Entstehungsmechanismen dieser Knochenmarkserkrankungen vor.

Medienvertreter sind herzlich eingeladen,
die Tagung am Donnerstag, dem 7. September 2006 zu besuchen.
Beginn: 9:00 Uhr. Ort: Klinikum, Robert-Koch-Straße 40, Hörsaal 04
Weitere Informationen:
Bereich Humanmedizin – Universität Göttingen
Abt. Hämatologie und Onkologie
Privatdozent Dr. Detlef Haase
Telefon (0551) 39- 6313 oder -8891
E-Mail: haase.onkologie@med.uni-goettingen.de
Bereich Humanmedizin – Georg-August-Universität Göttingen
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – Stefan Weller
Robert-Koch-Str. 42 – 37075 Göttingen
Tel.: 0551/39 – 99 59 – Fax: 0551/39 – 99 57
E-Mail: presse.medizin@med.uni-goettingen.de

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Stefan Weller idw

Weitere Informationen:

http://www.humanmedizin-goettingen.de

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