Erstmals Weltkongress für biomedizinische Alkoholforschung in Deutschland

Ab Mittwoch tagt der 12. Weltkongress für Biomedizinische Alkoholforschung der „International Society for Biomedical Research on Alcoholism (ISBRA) erstmals in Deutschland. Nach Stationen in Yokohama und San Francisco treffen sich mehr als 600 Suchtexperten aus aller Welt vom 29. September bis zum 2. Oktober in Heidelberg und Mannheim, um sich auf den neuesten Stand der Forschung zu bringen und um sich interdisziplinär auszutauschen.

Prof. Dr. Karl Mann, Tagungspräsident und Deutschlands einziger Ordinarius für Suchtforschung wird den Kongress am Mittwoch Nachmittag in der Alten Aula in Heidelberg eröffnen. Das vielfältige wissenschaftliche Programm wird von Donnerstag bis Samstag im Congress Center im Rosengarten Mannheim fortgeführt.

Im Rahmen des Kongresses wird die gesamte Palette der modernen Alkoholforschung vorgestellt. Die Grundlagenforschung liefert neue Erkenntnisse über die Angriffsstelle von Alkohol an Zellmembranen (site of action), die eine rezeptorähnliche Funktion haben und damit völlig neue Wege zum Verständnis und der Beeinflussbarkeit der Alkoholwirkung eröffnet. Ein Plenarvortrag sowie eine Reihe von Symposien beschäftigen sich mit den neuesten Befunden zur Genetik des Alkoholismus, insbesondere zum genetisch-bedingten Risiko der Entwicklung von Abhängigkeit und/oder Folgeschäden. Bildgebende Verfahren wie Kernspintomographie und Positronen-Emissions-Tomographie (PET) haben in den letzten Jahren wesentliche Erkenntnisse zu Veränderungen der Struktur und Funktion des Gehirns bei Alkoholpatienten geliefert. Mittels funktioneller Bildgebung kann heute der Grad der Rückfallgefährdung von Patienten dargestellt werden, so dass hieraus unmittelbar individuelle Therapiemaßnahmen abgeleitet werden können. Die Therapie von Menschen mit Alkoholproblemen war vor etwa 10 Jahren fast ausschließlich psychotherapeutisch orientiert. Auch in diesem Bereich haben sich wesentliche Fortschritte ergeben, insbesondere in einer Verkürzung und stärkeren Fokussierung der Therapie. Hierzu werden die Ergebnisse einer neuen britischen Studie vorgestellt. Diese Studie an mehr als 700 Patientinnen und Patienten hat auch interessante Daten zur Gesundheitsökonomie des Alkoholismus geliefert, die während des Kongresses in einem Plenarvortrag vorgestellt wird. Den vielleicht therapeutisch bedeutsamsten Schritt in den letzten Jahren hat die Pharmakotherapie des Alkoholismus gemacht. Eine ganze Reihe von Substanzen, die auf den bei Alkoholikern veränderten Neurotransmitterstoffwechsel im Gehirn eingreifen, wurde getestet. Es zeigte sich, dass insbesondere zwei Substanzen zuverlässig die Anzahl der Rückfälle verringern und die Abstinenzzeiten verlängern können. Die in Deutschland eingeführte Substanz Acamprosat wurde ganz aktuell im August 2004 auch in den USA zugelassen.

Die internationale Forschung der letzten Jahre hat unser Wissen um die Entstehung und Behandlung von Alkoholabhängigkeit und schädlichem Alkoholgebrauch revolutioniert. Vor allem in den USA wird die Alkohol- und Drogenforschung auch finanziell voran getrieben: die Forschungsausgaben auf diesem Gebiet betragen jährlich 1,5 Milliarden US Dollar. Zum Vergleich: die Deutsche Forschungsgemeinschaft hatte für alle wissenschaftlichen Programme im Jahr 2003 insgesamt 1,3 Milliarden Euro an Fördergeldern zur Verfügung.

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Dr. med Marina Martini idw

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