Aquarius-Xenopus – eine französisch-deutsche Kooperation im Rahmen der Weltraummission ANDROMÈDE

Abschlußpräsentation des Experiments am 20. und 21. September 2002 in Ulm

Am 21. Oktober 2001 startete von Baikonur ein Sojus-Raumschiff im Rahmen der halbjährlich stattfindenen, dem Austausch der Rettungskapsel dienenden Flüge zur Internationalen Raumstation ISS. Die französische Raumfahrtagentur CNES (Centre National d’Etudes Spatiales) nutzte den Flug ANDROMÈDE, um von der Französin Dr. Claudie Haigneré, die von zwei russischen Kosmonauten begleitet wurde, wissenschaftliche Experimente unter Schwerelosigkeit durchführen zu lassen. Claudie Haigneré hielt sich als erste Europäerin in ISS auf. Der deutsche Kosmonaut Dr. Reinhold Ewald unterstützte die zehntägige Mission vom Boden aus.

Eines der wissenschaftlichen Experimente – Aquarius-Xenopus – wurde von Prof. Dr. Eberhard Horn, Leiter der Arbeitsgemeinschaft Gravitationsphysiologie in der Abteilung Neurobiologie der Universität Ulm, ins All geschickt. Dabei kooperierte Horn mit Prof. Dr. Christian Dournon, Universität Nancy, und Dr. Lydie Gualandris-Parisot, CNRS Toulouse. Ziel des Experiments war es, die Ursachen für die im Rahmen früherer Weltraumvorhaben bekannt gewordenen Änderungen der Entwicklung des Schweresinns des Krallenfrosches Xenopus laevis aufzuklären. Dazu dienten vier unterschiedliche neurobiologische und chemische Techniken. Beobachtungen zum Schwimmverhalten wurden von Dr. Haigneré auf der Raumstation ISS durchgeführt. Der überwiegende Teil der Untersuchungen erfolgte nach Ende des Flugs auf der Erde.

Parallel zum wissenschaftlichen Programm hatte Prof. Horn ein Schülerprojekt initiiert, wodurch die beteiligten Schüler mit dem Gebiet der Gravitationsbiologie in Theorie und Praxis vertraut gemacht werden und insbesondere erkennen sollten, welche Auswirkungen die Schwerelosigkeit auf den Organismus und auf seine Entwicklung hat und wie die Schwerkraft zur Integrität von Organismen beiträgt. Mit Rücksicht auf die deutsch-französische Kooperation bei den Experimenten wurde auch das Schülervorhaben deutsch-französisch angelegt. Das Raumfahrtunternehmen DaimlerChrysler/Astrium (Friedrichshafen, Toulouse) konzipierte neuartige Transport-Container für eine optimale Durchführung der Filmaufnahmen der Tiere unter Schwerelosigkeit. Kommunale und regionale Institutionen aus Nancy und Ulm unterstützten speziell das Schülervorhaben.

In einem Workshop, der am 20. und 21. September 2002 in der Universität Ulm stattfindet, werden das Aquarius-Xenopus-Experiment und sein wissenschaftlicher Ertrag, soweit er sich in ersten Befunden widerspiegelt, sowie das parallele Schülerprojekt vorgestellt. Prof. Dr. Christian Dournon von der Universität Vandoeuvre-Nancy wird über seine physikochemischen Analysen der Schweresteinchen im Sinnesorgan berichten. Diese Steinchen bilden quasi den Eingangsfilter für die Wahr-nehmung der Schwerkraft durch Tier und Mensch. Dr. Lydie Gualandris-Parisot von der Paul-Sabatier-Universität in Toulouse berichtet über Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf die Sinneszellen im Gleichgewichtsorgan und auf Nervenzellen, in denen die Schwereinformation verarbeitet wird. Aus Untersuchungen an Grillen weiß man, daß sich Eigenschaften solcher Nervenzellen unter Schwerelosigkeit verändern. Ziel der neuroanatomischen Studien von Gualandris-Parisot ist es zu überprüfen, ob sich ähnliche Veränderungen bei den Kaulquappen einstellen und, wenn ja, ob dies die Leistungsfähigkeit des Nervensystems beeinflußt. Dipl.-Biol. Sybille Böser, Universität Ulm, wird die beobachteten Änderungen des Schwimmverhaltens der Kaulquappen darstellen. Prof. Horn berichtet über die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf die Gesamtleistung des Schweresinns, wobei er in Ergänzung zu Bösers Untersuchungen sogenannte kompensatorische Augenbewegungen berücksichtigt.

Die Einbeziehung von Schülern in ein aktuelles Raumfahrtprojekt in Gestalt einer Kooperation Schule/Universität erfolgte mit dem Experiment Aquarius-Xenopus erstmalig. Am 20. September nachmittags wird das Projekt präsentiert, eingeleitet von einem Bericht über CNES-Programme auf dem Erziehungssektor, den Danielle De Staerke von der CNES und Prof. Dournon geben. Die Be-deutung von Kooperationsprojekten Schule/Universität wird der Projektleiter Prof. Horn auch aus seiner Sicht darstellen. Die Schüler beschreiben den Gesamtrahmen ihrer Ausbildung. Sie berichten über ihre praktische und theoretische Einführung in Grundlagen der Gravitationsbiologie und schil-dern ihre Eindrücke bei der Besichtigung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, wobei sie neben Arbeitsmethoden gravitationsbiologischer und -physiologischer Forschung das Europäische Astronautenzentrum kennenlernen konnten. Der Nachmittag wird mit einem Erfahrungsbericht der beteiligten Lehrer abgeschlossen. Sie werden dabei auf die Frage eingehen, worin die Zukunftschan-cen solcher internationalen Kooperationsprojekte Schule/Universität liegen.

Biologische und humanmedizinische Arbeiten unter Nutzung des Weltraums setzen internationale Kooperation voraus. Die Abendveranstaltung wird sich mit Aspekten dieser Zusammenarbeit befas-sen. Prof. Horn stellt der Öffentlichkeit vorläufige Befunde seines Projekts Aquarius-Xenopus vor. Dr. Michel Viso von der CNES erläutert logistische Verfahrensweisen beim Ablauf eines Experi-ments wie Aquarius-Xenopus. Dr. Peter Gräf vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR wird über den aktuellen Stand der deutsch-französischen Programmgestaltung lebenswissen-schaftlicher Forschung unter Weltraumbedingungen berichten. Einen Einblick in den gegenwärtigen Stand der Geräteentwicklung gibt Dr. Dipl.-Ing. Peter Kern von der Abteilung Mikrogravitation des Raumfahrtunternehmens DaimlerChrysler/Astrium in Friedrichshafen. Von besonderem Interesse dürfte der Vortrag des deutschen ESA-Astronauten Dr. Reinhold Ewald über Europas Astronauten und ihren Beitrag zur ISS sein. Ewald ist seit mehr als 15 Jahren Mitglied des DLR- bzw. ESA-Astronauten-Teams. 1997 war er drei Wochen auf der Mir. Er ist verantwortlich für den Aufbau der Trainings-Infrastruktur an den von ESA entwickelten Komponenten für die Internationale Raumstation ISS.

(Die Untersuchungen von Prof. Horn werden vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) aus Mitteln des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), der deutsche Beitrag zum Schülerprojekt wird vom DLR aus Mitteln des BMBF sowie aus Mitteln der Bildungsoffensive 2001 der Stadt Ulm finanziert.)

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