Von der Industriegesellschaft zur Informationsgesellschaft


Eine Landschaft im Wandel. Perspektiven der Metropolregion Ruhrgebiet stehen unter anderem im Mittelpunkt der Internationalen Fachtagung der European Regional Science Association „ERSA 2002“ vom 27. bis 31. August in Dortmund. Einzelne Aspekte wurden heute (28. August) auf einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt.

„Regional Sciences“, die Regionalwissenschaften untersuchen die regionalen Strukturen der Wirtschafts-, Bevölkerungs- und Verkehrsentwicklung mit dem Ziel, Konzepte und Maßnahmen zur Steuerung der regionalen Strukturen zu entwickeln. Die Forscher kombinieren dabei Ansätze der Wirtschafts-, Verkehrs- und Sozialwissenschaften mit den Methoden der räumlichen Planung.

Zahlreiche Experten dieses Faches setzen sich im Rahmen der europäischen Tagung, den die Fakultät Raumplanung der Universität Dortmund ausrichtet, u.a. mit neuen Forschungsergebnissen und Lösungsmöglichkeiten auseinander. Zum Kongress sind über 500 Forscher aus der ganzen Welt angereist.

Gemeinsame Untersuchungen seit 1954

Die European Regional Science Association (ERSA) ist eine von drei Organisationen unter dem Dach der Regional Science Association International (RSAI). Die Regional Science Association wurde 1954 gegründet, um den wissenschaftlichen Fortschritt in Forschung und Politik der Stadt- und Regionalentwicklung voranzutreiben. Ihr Ziel ist der freie Austausch von Ideen und Meinungen.

Um die traditionellen Grenzen der Einzeldisziplinen zu überwinden, sind in der RSAI alle raumbezogenen Fachbereiche vertreten, wie z.B. die Ökonomie, Geographie, Soziologie, Raumplanung, Verkehrsplanung sowie Finanz- und Politwissenschaften. Die Zahl der Mitglieder steigt ständig. Inzwischen sind es weltweit mehr als 5.000, davon kommen über ein Drittel aus Europa.

Der Kongress ist das Hauptforum der ERSA. Hier werden die neuesten Erkenntnisse in den Regionalwissenschaften ausgetauscht und innovative Theorien, Methoden und Instrumente vorgestellt. An der Tagung im Jahr 2000 in Barcelona nahmen mehr als 600 Personen teil, die nicht nur aus ganz Europa, sondern auch aus anderen Kontinenten stammten. Kongress-Orte der letzten Jahre waren zudem Dublin, Wien, Zürich und Rom.

Der 42. Kongress in diesem Jahr ist – nach München 1980 – wieder der erste ERSA-Kongress in Deutschland. Leitthemen der Fachtagung sind der Strukturwandel und die ökonomischen Perspektiven des Ruhrgebietes als eine der größten Metropolregionen in Europa. Um das wissenschaftliche Potential der Region einzubinden, arbeiten im Lokalen Organisationskomitee (LOC) Vertreter aller Universitäten des Ruhrgebietes zusammen.

Vorsitzender des LOC und verantwortlich für die Durchführung der „ERSA 2002“ ist Prof. Dr. Franz-Josef Bade von der Fakultät Raumplanung an der Universität Dortmund. Unterstützt von zahlreichen privaten und öffentlichen Organisationen ist es sein Ziel, neben dem Austausch wissenschaftlicher Ideen die internationale Öffentlichkeit über die Anstrengungen und Erfolge des Strukturwandels in der ehemaligen Industrieregion Ruhrgebiet zu informieren.

Ob ein Bürger arm oder reich ist, hängt von dem Gebiet ab, in dem er lebt!

Dies gilt zunehmend auch für Deutschland. Die räumliche Polarisierung nimmt weiter zu, das zeigen die neuesten Analysen der regionalen Arbeitsplatz- und Einkommensentwicklung, die Prof. Dr. Bade im Rahmen der Pressekonferenz des europäischen Jahreskongresses der Regionalwissenschaftler präsentierte.

Als besonders besorgniserregend sind die Entwicklungsunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland zu bezeichnen. Insgesamt liegt das wirtschaftliche Einkommen, gemessen an der Bruttowertschöpfung, in Ostdeutschland bei rund 70% des Wertes für Westdeutschland. Während die Bruttowertschöpfung jedoch in weiten Teilen Westdeutschlands (trotz der konjunkturell schwierigen Situation) weiter zunimmt, stagniert sie in den meisten Regionen Ostdeutschlands. Insgesamt hat sich der Abstand zwischen den ärmsten und reichsten Regionen Deutschlands trotz massiver Förderung nur wenig verringert.

Überraschendes Wachstum in ländlichen Regionen

Aber auch innerhalb einzelner Landesteile sind deutliche Entwicklungsunterschiede zu beobachten. Bemerkenswert ist die Entwicklung einiger ländlicher Gegenden. Trotz ihrer Randlage haben sie sich oftmals erfolgreicher als die großen Ballungsräume entwickelt und konnten sowohl beim Einkommen als auch bei den Arbeitsplätzen überdurchschnittliche Gewinne erzielen. Eine Ursache liegt nicht zuletzt darin, dass sich die Industrie gerade in diesen Regionen noch erfolgreich behaupten kann, während sie sich aus den Städten fast völlig herauszieht und in den meisten Teilen Ostdeutschlands kaum Fuß gefasst hat.

Ein deutliches Gefälle gibt es zudem zwischen den großen Metropolen: Während einige Städte wie München oder Hamburg gerade in ihrem Umland ungemindert weiterwachsen, sind nach den Analysen von Prof. Bade die Aussichten für andere Verdichtungsräume eher bescheiden. Insgesamt setzen sich die Entwicklungsunterschiede zwischen altindustriellen Metropolen, wie dem Ruhr- oder Rhein-Neckar-Gebiet, und den „neuen“ Wachstumszentren der Republik wie Hamburg, Frankfurt oder München fort. Betroffen davon sind insbesondere die Kernstädte der „alten“ Verdichtungsräume, die am stärksten unter dem wirtschaftlichen Strukturwandel leiden.

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Kontakt, weitere Informationen und Interview: Prof. Dr. Franz-Josef Bade, Tel. 0231 / 755 – 6440; Fax 0231 / 755 – 6439

Media Contact

Klaus Commer idw

Weitere Informationen:

http://www.ersa2002.org/

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