Bildverarbeitung in der Medizin

Das menschliche Hirn

Mit immer besseren Geräten bilden Mediziner den menschlichen Körper ab, um Krankheiten erkennen und behandeln zu können. In der modernen Medizin spielen bildgebende Verfahren deshalb eine immer größere Rolle. Doch wie entstehen die Bilder? Welche Messdaten und welche Rechenoperationen werden benötigt, damit aussagekräftige Bilder entstehen? Das sind die Probleme, die auf dem Workshop „Bildverarbeitung für die Medizin“ auf der Tagesordnung stehen.

Zeit: 10.3.bis 12.3. 2002, Eröffnung am 11.3., 9.30 Uhr
Ort: Hörsaal 18, Hörsaalgebäude, Universitätsstraße

Seit der Erfindung des Röntgens sind Instrumente und Techniken, die Einblicke in das Körperinnere gewähren, immer weiter entwickelt und verfeinert worden. Endoskopische Verfahren, Computertomographie, Magnetresonanztomographie, Ultraschall, und Computernavigation sind die wichtigsten Verfahren, die im Dienste der Medizin immer neue Möglichkeiten eröffnen.

Mediziner dringen heute bei Operationen mit Sonden durch sehr kleine Einschnitte weit in den Körper vor und werden dabei von einem Computer bei der Navigation unterstützt. Hirnforscher messen die sehr schwachen Signale, die bei Denkprozessen ausgesendet werden. Dabei bedarf es hochkomplizierter Statistik, damit sich aus dem Wust von Störeinflüssen überhaupt ein Signal herausfiltern läßt. Auffällige Partien der menschlichen Haut werden fotografiert und mit Maßzahlen charakterisiert. Aus dem Vergleich der Maße mit einer Datenbank kann sicherer entschieden werden, ob es sich um eine krebsartige Veränderung handelt.

Längst ist die Bildgebungstechnik nicht mehr nur Sache einer Berufsgruppe. Das Zusammenwirken von Medizinern, Informatikern, Mathematikern und Vertretern der Wirtschaft ist mehr denn je gefragt. Deshalb wurde vor einigen Jahren ein interdisziplinärer Workshop eingerichtet, der in diesem Jahr erstmals in einer ostdeutschen Großstadt stattfindet. Vom 10. bis 12. 3. 2001 treffen sich im Hörsaalgebäude der Universität Leipzig medizinisch orientierte Bildverarbeiter verschiedener Fachgesellschaften, um alle Bereiche der medizinischen Bildverarbeitung, insbesondere Algorithmen, Hard- und Software-Systeme sowie deren klinische Anwendung zu besprechen. Ziel der Veranstaltung ist es, Wissenschaftler, Industrie und Anwender zusammenzubringen und den gegenwärtigen Stand der Forschung zu konstatieren, Ideen auszutauschen und Anregungen für weiterführende Projekte zu geben. Das Institut für Informatik der Universität Leipzig und das Max-Planck-Institut für neuropsychologische Forschung Leipzig organisierten den Workshop. Schwerpunkte der diesjährigen Tagung sind: „Computergestützte Chirurgie, Therapie und OP-Planung“, „Segmentierung und Bildanalyse“ und „Funktionelle Bildgebung“.

PD Dr. Frithjof Kruggel, einer der Organisatoren, ist am Max-Planck-Institut für neuropsychologische Forschung beschäftigt, das sich mit der Untersuchung von Denkprozessen befaßt. Mittels Elektroenzephalographie (EEG), Magnetenzephalographie oder funktioneller Kernspintomographie werden Signale gemessen, die vom Gehirn ausgehen, während ein Proband z.B. Sätze auf ihre syntaktische und semantische Korrektheit überprüft. Die Signale können je nach Meßinstrumentarium auf verschiedene Weise erfaßt werden. Beim EEG werden dem Probanden eine Fülle von Elektroden mit spezifischen Meßplättchen auf dem gesamten Kopf verteilt. Diese nehmen die Signale auf und geben sie an einen Computer weiter, der sie aufzeichnet, verarbeitet und in grafische Strukturen umsetzt. An den so entstandenen Kurven können die Wissenschaftler dann ablesen, welche Gehirnareale bei welchen Denkprozessen besonders aktiv sind.

Das hört sich einfacher an als es ist. Das beginnt schon damit, dass alle Signale, die das Gehirn aussendet, auch empfangen werden, ob sie nun für die konkrete Untersuchung relevant sind oder nicht. Der Herzschlag des Probanden, sein Lidschlag, sein Schlucken, kleine Bewegungen oder gar seine Reaktion auf ein Türeknarren oder ähnliches werden aufgefangen und verarbeitet. Diese nichtrelevanten oder störenden Signale bilden das sogenannte Rauschen, aus dem man die relevanten Signale herausfiltern muss. Dr. Kruggel verglich die Aufgabe mit der Situation auf einer Party, aus deren allgemeinen Geräuschpegel genau das Gespräch einer einzelnen Person herausgefiltert werden soll.

Man stehe aber nicht am Anfang der Experimente, meinte Dr. Kruggel. Ihm und seinen KollegInnen ist es immerhin gelungen, den Rauschpegel um den Faktor 4,5 zu verbessern. Da man inzwischen besser wisse, wie die zu erwartenden Signale aussehen, braucht man jetzt nicht mehr 100 Sätze, um die Information zu bekommen, die man will, sondern nur noch vier oder fünf. Auch eine verfeinerte Meßtechnik und eine größere Erfahrung im Aufbau der Denkaufgaben ermöglichen heute kompliziertere Experimente mit höherem Aussagewert.

Die Messungen der Hirnaktivitäten bei der Beurteilung der syntaktischen oder semantischen Korrektheit von Sätzen sind keine Spielerei. Durch Unfall, Schlaganfall oder Operation Hirnverletzte haben manchmal große Schwierigkeiten, sich des Kommunikationsmittels Sprache zu bedienen. Oft kann ihnen mit den heutigen Methoden der Medizin nicht geholfen werden. Man weiß noch zu wenig über die Funktion der Hirnareale, die uns ein korrektes Sprechen ermöglichen. Denn um richtig sprechen zu können, laufen im Gehirn in kaum zu erfassender Schnelligkeit Prozesse ab, die es uns sozusagen „blind“ ermöglichen, miteinander zu kommunizieren. Erst wenn aus welchem Grund auch immer dieses komplizierte neuronale Netz, das noch jedem Computer haushoch überlegen ist, nicht funktioniert, ahnen wir, was selbst einfache sprachliche Vorgänge an Hirnaktivität voraussetzen.

Was Kruggel am Max-Planck-Institut betreibt, wird an anderen Institutionen unter etwas anderem Blickwinkel ebenfalls erforscht. Auf der Tagung z.B. spricht Dr. Klaus Hahn vom gsf-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Neuherberg, über Methoden zur Sichtbarmachung von Nervenbahnen im menschlichen Gehirn oder Martin Heimerl von der Universität Karlsruhe über merkmalsinduzierte Aufbereitung medizinischer Ultraschallbilddaten. Insgesamt darf man sehr gespannt sein, was in den mehr als 100 Vorträgen, Postern und Softwaredemonstrationen geboten wird.

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Dr. Bärbel Adams idw

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