"Koronar-Screening" per CT bei Herzinfarkt-Risiko: Bildgebung statt invasiver Diagnostik?

Durch eine nicht-invasive Untersuchung mit modernen Computer-Tomographen können Radiologen Kalkablagerungen in den Herzkranzgefäßen diagnostizieren. Zukünftig profitieren dürften von dieser neuen Methode jedoch vor allem Patienten mit Risikofaktoren oder unklaren Beschwerden in der Brust. Experten stellen darüber hinaus auf dem Deutschen Röntgenkongress, der in Wiesbaden vom 23. – 26. Juni stattfindet, erstmals Leitlinien für die Herzdiagnostik mit Schnittbild-gebenden Verfahren vor.

Etwa 35 Sekunden lang muss der Patient, dessen Herzfrequenz medikamentös auf 60 Schläge pro Minute abgesenkt wurde, die Luft anhalten. Dann ist die Untersuchung vorbei. Während dieser Zeit tastet der Mehrzeilen-Spiral-Computer-Tomograph das Herz in 1 bis 3 Millimeter dicken Schichten ab. Am Computer werden diese Schichtaufnahmen zu dreidimensionalen Bildern des Herzens und der Herzkranzgefäße zusammengesetzt.

„Auf diesen Aufnahmen“, berichtet Professor Maximilian Reiser vom Münchener Klinikum Großhadern, “ sind Verkalkungen der Herzkranzgefäße sehr gut zu erkennen.“ So erhalten die Ärzte über den Nachweis oder den Ausschluss von Koronarkalk wichtige diagnostische Informationen, ob ein Patient unter einer koronaren Herzkrankheit leidet.

Sinnvoll könnte diese Untersuchung vor allem dann sein, wenn die Betroffenen über atypische Schmerzen in der Brust klagen oder Risikofaktoren haben, etwa Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte oder Diabetes. Teilweise unterziehen sich solche Patienten einer invasiven Untersuchung mit dem Herzkatheter. Entdecken die Ärzte dabei eine Verengung, kann diese im Rahmen des Eingriffes aufgedehnt werden. Allerdings dient ein Viertel der mehr als 500.000 jährlichen Katheter-Untersuchungen in Deutschland rein diagnostischen Zwecken, um eine koronare Herzkrankheit auszuschließen.

Auf einem Gebiet leistet das bildgebende Verfahren sogar noch mehr als der Herzkatheter: Wird zusätzlich ein Kontrastmittel eingesetzt, können die Radiologen auch fettreiche Ablagerungen erkennen, die durch Kalkeinlagerungen noch nicht verhärtet sind und das Blutgefäß darum noch nicht verengen. Gleichwohl sind diese nicht ungefährlich: „Solche Plaques können reißen und sind darum eine mögliche Ursache für den plötzlichen Herztod“, erläutert Reiser.

Vergleichende Untersuchungen eines Ärzte-Teams um Reiser und Dr. Christoph Becker bei 32 Patienten belegen: In 21 Prozent der untersuchten Koronargefäße entdeckten die Radiologen nicht- verkalkte Plaques, die mit dem Katheter nicht nachweisbar waren. Andere Untersuchungen belegen, dass die CT-Diagnostik auch mit der in solchen Fällen üblichen invasiven Ultraschall-Untersuchung vergleichbar ist.

Frühdiagnostik als zukünftige Domäne

Diese Früh-Diagnostik könnte darum, so die Vorstellung der Münchener Radiologen, die zukünftige Domäne der CT-Untersuchung werden. Reiser: „Bei Patienten etwa mit Bluthochdruck, Diabetes und zu hohen Blutfettwerten, denen man eine Untersuchung mit dem Herzkatheter noch nicht zumuten möchte, könnte das Verfahren Hinweise auf frühe Veränderungen liefern und auch dazu eingesetzt werden, um die Wirksamkeit einer Behandlung von Risikofaktoren zu überprüfen.“ Auch bei unklaren Brustschmerzen und Herzrhythmusstörungen lassen sich bestimmte Erkrankungen durch die CT-Untersuchung ohne Belastung des Patienten ausschließen.

Leitlinien für die Bildgebung des Herzens

Um die Weichen für die Zukunft präzise zu stellen, hat eine „Arbeitsgruppe Herz“ der Deutschen Röntgengesellschaft nun auch erstmals Leitlinien für den Einsatz Schnittbild-gebender Verfahren bei verschiedenen Herzerkrankungen entwickelt. Darin werden technische Anforderungen an die Geräte sowie Empfehlungen zur Untersuchungstechnik beschrieben, nicht nur mit dem CT, sondern auch mit der Magnetresonanz-Tomographie.

Ebenso haben die Experten aufgelistet, welche Techniken ihren klinischen Nutzen in großen oder einzelnen Studien bereits unter Beweis gestellt haben. Diesen ist zu entnehmen, dass die Messung des Koronarkalks per CT ihren Nutzen belegt hat. Was das Koronar-Screening von Risikopatienten mit atypischen Beschwerden betrifft, findet sich der Hinweis „in wissenschaftlicher Erprobung“. Fazit von Reiser: „Trotz der ermutigenden Ergebnisse sind noch weitere Untersuchungen erforderlich, bevor die neue Methode allgemein in der klinischen Routine eingesetzt werden kann.“

Pressekonferenz
Deutscher Röntgenkongress 2001
22. Mai 2001
11.00 Uhr, Saal 1a, Ebene I
Rhein-Main-Hallen, Wiesbaden
Eingang über: „Atrium“, Rheinstr. 20

Pressestelle: Barbara Ritzert; ProScientia GmbH, Andechser Weg 17, 82343 Pöcking
Tel.: 08157/93 97-0; Fax: 08157/93 97-97; E-Mail: ritzert@proscientia.de

Während der Tagung 23. – 26. Mai 2001:
Regine Schulte Strathaus, Rhein-Main-Hallen,
Büro Nr. 3, Ebene 1
Tel.: 0611/144-203; Fax: 144-403

Rückfragen an:
Prof. Dr. med. Maximilian Reiser
Direktor des Instituts für Radiologische Diagnostik
Klinikum Großhadern
Marchioninistraße 15
81377 München
Tel.: 089-7095-2750; Fax: 089-7095-8895
E-Mail: mreiser@ikra.med.uni-muenchen.de

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Dipl. Biol. Barbara Ritzert idw

Weitere Informationen:

http://drg.de/

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