Der systematische Blick in die Zelle – Tagung "Systems Genomics 2008"

Es gibt nicht den einen Defekt, der für komplexe Krankheiten wie Krebs oder Herzleiden verantwortlich ist. Wissenschaftler erkennen zunehmend, dass im kranken Organismus eine Vielzahl biochemischer Signale gleichzeitig entgleist. Der Grund dafür ist, dass Proteine meist in komplexen netzartigen Strukturen interagieren und nicht, wie früher angenommen, in linearer Abfolge. Um diese Proteinnetzwerke in ihrer Gesamtheit zu verstehen, arbeiten verschiedene Fachrichtungen zusammen.

Die „International Conference Systems Genomics 2008“, die Dr. Stefan Wiemann vom Deutschen Krebsforschungszentrum gemeinsam mit dem Nationalen Genomforschungsnetz (NGFN) organisiert, dient daher auch dem interdisziplinären Austausch: Die hoch automatisierten Methoden der Genomforscher unterstützen etwa Zellbiologen bei ihrer systematischen Analyse der komplizierten Reaktionsnetzwerke. Bioinformatiker setzen computergestützte Methoden ein, um die komplexe Situation im lebenden Organismus in Modellen zu simulieren.

Im Fokus der Tagung stehen Signalsysteme, die bei Krankheiten eine Rolle spielen. Prof. Josef Yarden aus dem israelischen Weizmann-Institut studiert die Weiterleitung von Signalen des „epithelialen Wachstumsfaktors“, die an der Entstehung vieler Krebserkrankungen beteiligt sind. Viele moderne Krebsmedikamente zielen darauf ab, diesen Signalweg im Tumor zu blockieren. Yarden zeigt, dass die Signalweiterleitung nicht nur in eine Richtung funktioniert, sondern dass eine ganze Reihe von Rückkopplungsmechanismen das System reguliert und so die vom Wachstumsfaktor angeregte Reaktion begrenzt und beendet.

Im Deutschen Krebsforschungszentrum untersucht Dr. Dorit Arlt, wie Brustkrebszellen Resistenzen gegen Medikamente entwickelt. Dafür trägt sie Informationen über alle Proteine zusammen, die das Wachstum von Brustzellen steuern. Daraus kann die Forscherin ableiten, welche dieser Regulationsproteine durch eine Therapie gleichzeitig gehemmt werden müssen. Das Ziel ist, der Krebszelle alle Möglichkeiten zu verbauen, der medikamentösen Blockade eines Stoffwechselwegs auf „Umgehungsstraßen“ auszuweichen.

Neue Techniken helfen den Forschern, sich ein immer umfassenderes Bild vom Innenleben der Zelle zu machen. So berichtet Dr. Ulrike Korf über eine neue Analysemethode aus dem Krebsforschungszentrum, bei der Testproteine direkt auf Mikrochips aufgebracht werden. Diese Protein-Chips sind ein ideales Werkzeug, um alle Schlüsselproteine – und ihren Aktivierungszustand – eines Signalnetzwerks gleichzeitig präzise zu messen und so die Situation in gesunden und kranken Zellen eines Patienten zu unterscheiden.

Die „International Conference Systems Genomics 2008“ findet am 2. und 3. Mai 2008 im Kommunikationszentrum des Deutsches Krebsforschungszentrums statt. Journalisten sind herzlich eingeladen.

Das Nationale Genomforschungsnetz (NGFN) ist eine Förderinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Das Deutsche Krebsforschungszentrum hat die Aufgabe, die Mechanismen der Krebsentstehung systematisch zu untersuchen und Krebsrisikofaktoren zu erfassen. Die Ergebnisse dieser Grundlagenforschung sollen zu neuen Ansätzen in Vorbeugung, Diagnose und Therapie von Krebserkrankungen führen. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V.

Dr. Stefanie Seltmann
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
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