Tagung zu Green Chemistry und Katalyse

Der Conference Chairman, Professor Dr. Walter Leitner, betont in seiner Grußadresse zum wissenschaftlichen Programm der international ausgerichteten Tagung die Bedeutung der Katalyse als Schlüsseltechnologie und wissenschaftliche Basis für nachhaltige chemische Prozesse. Dies spiegelt sich auch in den Vorträgen wider, in denen das Grundthema Katalyse verknüpft wird mit Fragen nach der Nutzung neuartiger Rohstoffe (Stichworte: Kohlendioxid (CO2) und biogene Rohstoffe), nach der Bewertung chemischer Prozesse, nach der Verminderung von Abfallprodukten (Stichwort: Atomökonomie) oder einer gezielteren Syntheseführung (Stichwort: Selektivität).

Die Tagung wird mit der Opening Keynote „From Dream Reactions to Practical Applications with Molecularly-Defined Catalysts” des Vorsitzenden der AG Nachhaltige Chemie, Professor Dr. Matthias Beller (Leibniz-Institut für Katalyse, Rostock), am 23. April eröffnet. An die 13 Vorträge vom 24. und 25. April, gehalten von Wissenschaftlern aus Deutschland, China, Großbritannien, Kanada, der Schweiz und den USA, und die zentrale Postersession schließt sich von Freitagmittag bis Samstagmittag der Tutorial Workshop „Green Chemistry and Catalysis“ für Studenten, Doktoranden und Postdocs an.

Als ein Schwerpunkt der Tagung sei das Thema CO2-Fixierung herausgegriffen: Das Treibhausgas Kohlendioxid, ein Verbrennungs- und Abfallprodukt, möchten Chemiker als Rohstoff einsetzen, um so einen Teil wieder sinnvoll für die Wertschöpfung zu nutzen. Für eine CO2-basierte Chemie spricht, dass dieser Rohstoff praktisch unbegrenzt zur Verfügung steht; der Nachteil aber ist seine Reaktionsträgheit – eine große Herausforderung für die Chemie!

Der Traum, CO2 chemisch in nützliche Stoffe umzuwandeln, wird mehr und mehr Realität. Da bereits seit längerem die industrielle Herstellung von Salicylsäure (Vorstufe zum Aspirin) durch Umsetzung von Phenol mit CO2 gelingt, erscheint es attraktiv, auch andere Carboxylierungen für industrielle Prozesse zu realisieren. Ein Fernziel ist die kostengünstige Herstellung von Carbonsäuren auf Basis von CO2 unter umweltverträglichen Bedingungen. Eine kanadische Arbeitsgruppe berichtet auf der Tagung, dass dies im Labor für die wichtige Gruppe der optisch aktiven ß-Hydroxycarbonsäuren durch katalytische Umsetzung von Ketonen mit CO2 und Wasserstoff möglich ist.

In der Industrie sind heute noch weitere drei Prozesse realisiert, die CO2 als C1-Synthesebaustein nutzen, nämlich Harnstoff- und Methanolsynthesen sowie die Herstellung von cyclischen Carbonaten wie Ethylen- oder Propylencarbonat, die als Ausgangsstoffe für Synthesen, zur Herstellung von Polycarbonaten (biologisch abbaubare Kunststoffe) oder als Lösungsmittelkomponenten für Beschichtungen und Elektrolyte (z.B. in Lithium-Ionen-Batterien) dienen. Bei der direkten Synthese von Polycarbonaten auf Basis von CO2 ist die Suche nach geeigneten Katalysatoren in vollem Gange. U.a. am Forschungszentrum Karlsruhe werden verschiedene Varianten von Festphasen-Metallkatalysatoren oder Metallkatalysatoren in ionischen Flüssigkeiten sowie von löslichen Metallkomplexen auf ihre Eignung getestet. Bei der CO2-basierten Synthese von Dimethyl- und Diphenylcarbonaten für lineare Polycarbonate, eines der jüngsten Forschungsgebiete, macht die Freisetzung von Wasser die Katalysatoren unwirksam. Ob man mit Wasser bindenden Reagenzien oder mit raffinierten Synthesetricks dies umgehen kann, bleibt abzuwarten.

Eine Vielzahl an interessanten chemischen Strukturen lässt sich auf Basis von δ-Lactonen mit Hilfe katalytischer Reaktionen herstellen. Ein Arbeitskreis an der Technischen Universität Dortmund berichtet über die selektive Kopplung von 1,3-Butadien mit CO2 zu solchen δ-Lactonen und über ihre Folgechemie. Unter anderem ist es dort gelungen, in einer kontinuierlich betriebenen Kleinanlage δ-Lacton mit hoher Selektivität herzustellen.

Ionische Flüssigkeiten haben mittlerweile einen Siegeszug als alternative Lösungsmittel angetreten. In Anwesenheit von CO2 können einige von ihnen ihre physikalisch-chemischen Eigenschaften so verändern, dass die in ihnen ablaufenden katalytischen Prozesse deutlich verbessert werden. CO2 im überkritischen Zustand gilt schon lange als ein wirksames und schonendes Lösungsmittel (z.B. in der Lebensmittelindustrie); denn es ist nicht toxisch und deutlich umweltverträglicher als organische Lösungsmittel. Was in solchen Prozessen chemisch vor sich geht, wird von einem Arbeitskreis an der RWTH Aachen auf der Tagung erläutert.

Die Tagung „Dream Reactions“ umfasst darüber hinaus eine Reihe interessanter Forschungs- und Entwicklungsarbeiten beispielsweise zur chemischen Umsetzung nachwachsender Rohstoffe und zur selektiven Oxidation. Die Tagung führt die GDCh-Arbeitsgemeinschaft Nachhaltige Chemie in Zusammenarbeit mit dem gemeinsamen Katalysezentrum „CAT“ der RWTH Aachen und der Bayer AG sowie dem Institut für Technische und Makromolekulare Chemie der RWTH Aachen durch. Weitere Informationen unter: www.gdch.de/nachhaltig2008.

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gehört mit über 27.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie hat 25 Fachgruppen und Sektionen sowie darüber hinaus Arbeitsgemeinschaften wie die 2007 gegründete Arbeitsgemeinschaft Nachhaltige Chemie, die Arbeitsgemeinschaft Theoretische Chemie, mitgetragen von der Deutschen Bunsen-Gesellschaft für Physikalische Chemie und der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, und die Fachsektion Chemische Biologie, mitgetragen von der Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie, der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft und der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie.

Kontakt:
Dr. Renate Hoer
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. (GDCh) Öffentlichkeitsarbeit Postfach 900440
60444 Frankfurt
Tel.: 069/7917-493
Fax: 069/7917-307
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