Parasitologen tagen in Hamburg

Zahllose Parasiten im und am Menschen verursachen jährlich Millionen von Krankheitsfällen, viele von ihnen enden tödlich. Ob Leber-zersetzende Amöben oder Malaria-Erreger, die die roten Blutkörperchen zerstören: Parasiten sind weltweit verbreitet und haben im Zuge der Globalisierung auch in Europa zunehmend an Bedeutung gewonnen. Viele dieser Erkrankungen sind heilbar, anderen steht man relativ hilflos gegenüber. Dies trifft in hohem Maße auf arme Länder zu, in denen ein mangelhaftes Gesundheitssystem auf schlechte hygienische Bedingungen und begünstigendes Klima trifft.

In über 200 wissenschaftlichen Beiträgen präsentieren Immunologen, Zellbiologen und Parasitologen ihre neuesten Forschungsergebnisse. Sie alle treibt die Hoffnung, Teilerkenntnisse aus vielen einzelnen Forschungsprojekten zu einem großen Ganzen zusammenzufügen, um daraus letztlich Ideen zu entwickeln, wie man den Parasiten noch besser als bisher zu Leibe rücken kann.

Parasiten sind hoch spezialisierte Lebewesen. Sie besiedeln einen Wirtsorganismus wie den Menschen, beziehen von ihm Nahrung und vermehren sich in ihm. Im ungünstigen Fall kommt es zu einer mehr oder minder starken Schädigung des Wirtsorganismus. Wirte verhalten sich zwar nicht passiv gegenüber ihren Parasiten, sondern sind häufig imstande, Zahl und Schadeffekt durch Abwehrmaßnahmen zu begrenzen, jedoch gelingt es vielfach nicht, die ungebetenen Gäste abzuschütteln. Drei Gruppen von Organismen zählen zu den Parasiten: tierische Einzeller (Protozoen) wie zum Beispiel der Malariaerreger Plasmodium, verschiedene Wurmarten wie der Fuchsbandwurm und Ektoparasiten wie Läuse, Flöhe oder Wanzen.

Dank ausgeklügelter zell- und molekularbiologischer Methoden gelingt es den Wissenschaftlern inzwischen, die parasitären Infektionserreger bis ins kleinste Detail zu erforschen und deren sensibles Zusammenspiel mit dem Wirtsorganismus zu entschlüsseln. Einen regelrechten Schub erlebte die parasitologische Forschung besonders durch die Entschlüsselung des Genoms der wichtigsten Menschen-pathogenen Erreger. Denn nur wenn man die Angriffspunkte und Interaktionen der Parasiten kennt, kann man dort zielgerichtet mit Medikamenten oder Impfstoffen eingreifen. Auch die Nachweismethoden für parasitäre Erkrankungen haben sich verfeinert. Inzwischen gibt es neue, molekulare Ansätze zur Erregerdiagnostik, die die Parasiten immer früher und differenzierter erkennen, so dass man Krankheiten bereits in ihren Anfangsstadien behandeln kann.

Allerdings sind der Behandlung gelegentlich Grenzen gesetzt. Insbesondere stellt die zunehmende Resistenzentwicklung von Parasiten gegen die verfügbaren Therapeutika ein ernstes Problem dar. Daher widmet sich der Kongress gleich in drei wissenschaftlichen Sitzungen dem Problem der Resistenz von Parasiten und der Entwicklung neuer Wirkstoffe.

Offenbar haben Parasiten aber nicht nur schädigende Wirkungen. So findet man in einfachen Regionen Afrikas oder Asiens, in denen die Durchseuchung mit Würmern sehr hoch ist weitaus seltener Krankheiten wie Allergien oder Asthma als in den Industrieländern. So ungewöhnlich es klingt, aber es scheint, als würden Wurminfektionen das Allergie-Risiko senken. Auch dieser Zusammenhang wird auf der Tagung vorgestellt: Darmparasiten als Heilmittel gegen immunologische Erkrankungen.

Was wäre eine Tagung ohne Preise? Diesmal warten gleich zwei darauf, vergeben zu werden. Die Rudolf-Leuckart-Medaille geht an Prof. John Boothroyd von der Stanford Universität, USA. Er ist einer der international renommierten Wissenschaftler, die als Hauptredner zu der Tagung eingeladen wurden. Zum anderen verleiht die Deutsche Gesellschaft für Parasitologie den Gerhard-Piekarski-Preis an einen Doktoranden, der sich mit seiner Forschungsarbeit besonders um die Parasitologie verdient gemacht hat.

KONTAKT
Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
Prof. Egbert Tannich
Molekulare Parasitologie
Tel: 040 / 428 18 – 477
eMail: tannich@bni-hamburg.de
Eva Königsmann
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel: 040 / 428 18 – 525
eMail: koenigsmann@bni-hamburg.de
INFORMATIONEN UND ANMELDUNG:
http://www.bni-hamburg.de/dgp08/
VERANSTALTUNGSORT:
Universität Hamburg
Department Chemie
Martin-Luther-King-Platz 6
20146 Hamburg
Über das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI):
Seit seiner Gründung am 01.10.1900 als Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten ist das BNI Deutschlands größtes Institut für Forschung, Lehre und Versorgung auf dem Gebiet der Tropenmedizin. Die vom Gründer Bernhard Nocht formulierte Aufgabenstellung „Forschen – Heilen – Lehren“ wird im BNI von insgesamt 260 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verfolgt. Die Schwerpunkte der Forschung liegen aktuell auf den Gebieten Malaria, hämorrhagische Fieberviren, Gewebewürmer, Amöben und Leishmanien. Klinische Forschungsprojekte werden in Kooperation mit der afrikanischen Forschungsstation in Ghana und dem UKE durchgeführt.

Das BNI ist Nationales Referenzzentrum für tropische Infektionserreger, Referenzlabor für SARS und Kooperationszentrum der WHO im Bereich der Virologie. In der Forschung kooperiert das BNI in nationalen und internationalen Verbünden. Zahlreiche Forschungsprojekte werden in den Tropen durchgeführt – so unterhält das BNI seit zehn Jahren eine kooperative Forschungsstation in Ghana, Westafrika.

Das BNI ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, einer Vereinigung von 83 außeruniversitären deutschen Forschungseinrichtungen mit überregionaler Bedeutung, die gemeinsam von Bund und Ländern finanziert werden.

Über die Deutsche Gesellschaft für Parasitologie (DGP):

Die Deutsche Gesellschaft für Parasitologie wurde am 26. September 1960 am Institut für Parasitologie der Tierärztlichen Hochschule in Hannover gegründet. Dies geschah im Zuge des Ausbaus der deutschen Hochschulen und auf Empfehlung des damaligen Wissenschaftsrates. Im Namen dieser Fachgesellschaft konnte der dringende Bedarf für Lehrstühle in der Parasitologie angemeldet werden. Zunächst beschränkte sich der Ausbau auf die angewandte Parasitologie. 1990 kam es nach der Wiedervereinigung Deutschlands zum Zusammenschluss mit der Parasitologischen Gesellschaft der DDR.

Die Gesellschaft fördert den Zusammenschluss aller Parasitologen durch fachliche Zusammenarbeit, Erfahrungsaustausch zwischen dem In- und Ausland und Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Neben einer regen Öffentlichkeitsarbeit unterstützt die DGP Initiativen, die die Rahmenbedingungen für die wissenschaftliche und praktische Arbeit von Parasitologen verbessern. Auf Bestreben der DGP wurden bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft bislang drei Forschungsschwerpunkt-programme eingerichtet: Ökologische Parasitologie, Ichthyoparasitologie und Wirkstoffentwicklung. Die Vereinigung hat ihren Sitz in Frankfurt am Main und umfasst heute etwa 550 Mitglieder.

Media Contact

Eva Königsmann idw

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